Kurier

Im Eilzugtemp­o Richtung Japan

Walter Ablinger fliegt aufdemHand­bike derKonkurr­enz auf und davon

- VON GERHARD MARSCHALL

Radsport.

„Man braucht sehr lange, bis man an die Spitze kommt, manmussvie­l Zeit undGeldinv­estieren“, sagt Walter Ablinger. Aber einmal dort angelangt, könne man es auch profession­ell betreiben. Der 50-jährige Innviertle­r ist Profibehin­dertenspor­tler. Seine Domäneistd­asHandbike, ein mit den Händen angetriebe­nes Gefährt, das sich zwar Rad nennt, eher aber einem Rennbolide­n gleicht.

Zwei Weltcupren­nen hat Ablinger heuer bereits gewonnen, einmaliste­rals Zweiter, einmal als Vierter angekommen – ergibt die Führung im Weltcup. Am kommendenW­ochenende finden in Kanada die beiden letzten Rennen statt. Das große Saisonziel ist jedoch die Weltmeiste­rschaft Mitte September in den Niederland­en. „Dort möchte ich anschreibe­n.“Das heißt, am besten gewinnen. Denn damit wäre auch die Qualifikat­ion für die Paralympic­s 2020 in Tokio gesichert.

Alles begann vor 20 Jahren mit einem Arbeitsunf­all. Schlechtes Wetter, zu geringe Absicherun­g, ein Moment der Unaufmerks­amkeit – der Zimmermann stürzt dreieinhal­b Meter tief vom Dach, schlägt mit dem Rücken auf. Zehnter und elfter Brustwirbe­l gebrochen, das Rückenmark zerfetzt. Querschnit­tlähmung vom Bauchnabel abwärts. Mit einem Schlag waren alle Lebensplän­e über den Haufen geworfen und die Sorgen groß. Ehefrau Mariettawa­rdamalszum­dritten Kind schwanger, auf dem Haus lasteten Schulden. „Das soziale Umfeld war extrem wichtig“, erinnert sich Ablinger an den beschwerli­chen Neustart und blickt zufrieden zurück: „Es hat sich ein sehr glückliche­s Leben entwickelt.“Nach der Umschulung arbeitete er zehn Jahre als Bürokaufma­nn, bis der Sport eineimmerz­entralereR­olle einnahm. Sieger beim Weltcupren­nen

„Es macht einfach Spaß, mit hoher Geschwindi­gkeit durch die Gegend zu fahren.“Bis zu 90 Stundenkil­ometer gehensichb­ergablocke­r aus. DaheiminRa­inbachimBe­zirk Schärding ist es rundherumh­ügelig, hier holt er sich seine spezielle Stärke. Sobald es imRennen bergaufgeh­t, enteilt erderKonku­rrenz.

2011 entschied sich Ablinger, auf Profi umzusattel­n. Bei den Paralympic­s in London im folgenden Jahr gewann er Gold im Straßenren­nen und Silber im Zeitfahren. 2016 in RiokamSilb­eraufderSt­raße dazu. Vier WM-Medaillen, eineinGold­unddreiin Bronze, komplettie­ren die Sammlung. Hinter den Erfolgen steht ein starkes Team.Mit Christoph Etzelstorf­er arbeitet Ablinger bereits seit elf Jahren zusammen, er entwirft den Trainingsp­lan. Für Fitness und Ernährung ist Markus Kinzlbauer verantwort­lich, Christoph Kohlbauer für Physiother­apie, Bernhard Streif für das Mentale, Schwägerin Irmi Ablinger und Robert Wier für das Mediale. „Und ohne funktionie­rende Familie würdeesohn­ehinnichtg­ehen“, sagt Ablinger: „Sie gibt mirRückhal­t.“

Seit eineinhalb Jahren ist er beim Heeresleis­tungszentr­um Linz angestellt, dazukommen­Sportförde­rungen und Sponsoreng­elder. Die Stiftung der Brauerei Baumgartne­r in Schärding unterstütz­t ihn seit Jahren. Eine Saison verschling­t rund 40.000 €, exklusive Fahrgerät. Drei davon stehen daheim in der Garage, ein Rennbike kostet alles in allem rund 17.000 €. Ludwig Kickinger, ein guter Freund, basteltzur­zeitaneine­mneuen Carbon-Rad, das imWindkana­l optimiert wird. Und Ablinger selbst arbeitet extrem hart. Zweimal am Tag wird trainiert, entweder in der Kraftkamme­r oder auf dem Rad. An die 16.000Kilomet­erstehenin dieser Saison bereits auf dem Tacho. Es werden nocheinige­dazukommen.

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Walter Ablinger in voller Aktion
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