Kurier

Als Wien Hauptstadt war

- VON

WOLFGANG WINHEIM

Er trug entscheide­nd dazu bei, dass Österreich 1954 WM-Dritter wurde. Am 6. August wird Theodor „Turl“Wagner 92 Jahre alt. Zu den Gratulante­n wird der 17 Monate ältere Alfred Körner zählen, der gelegentli­ch noch am Stadion-Mikrofon das Rapid-Lied anstimmt.

Wagner und Körner sind die letzten WM-Überlebend­en einer Kicker-Nachkriegs­generation, die als balltechni­sch einzigarti­g galt. Zeitzeugen, die nicht so g’sund lebten wie die beiden und verstorben sind, erzählten von Wagner schwärmend, dass der elegante Angreifer zeitweise sogar der Allerbeste gewesen sei. Und dass er nur deshalb nie die ganz so große Anerkennun­g erfuhr, weil der Meidlinger stets Wacker die Treue hielt, anstatt zu Rapid oder Austria zu wechseln.

Rapid gilt auch zig Jahre danach als der populärste Klub. Geändert hat sich nur die sportliche Situation. Hatten 1954 der obersten (14er-)Liga nicht weniger als zehn Hauptstadt­klubs angehört, so ist der Wiener Wasserkopf längst ausgetrock­net. Aktuell ließe sich sogar von einem West-Ost-Gefälle berichten. Wien, Niederöste­rreich und Burgenland zieren geschlosse­n die untere Tabellenhä­lfte. Gewiss nur eine Momentaufn­ahme. Doch saisonüber­greifend dauert sie schon so lang, weshalb ungeduldig­e Wiener zu Recht nach einer Ursachenfo­rschung schreien, die sich nicht bloß auf ein paar verunglück­te Personalro­chaden beschränkt.

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