Gesund dank Bakterienschleudern
Vielfalt. Ein Apfel enthält 100 Millionen Bakterien. Wie Ernährung die Artenvielfalt im Darm erhöhen kann
CHRISTINA MICHLITS Für den alten Spruch „An apple a day keeps the doctor away“liefert eine Studie der TU Graz eine neue Grundlage. Die Wissenschafter haben festgestellt, dass sich 100 Millionen Bakterien in einem einzigen Apfel befinden. Was zunächst etwas unappetitlich klingen mag, ist äußerst gesund für unsere Darmflora.
Den Großteil der Mikroorganismen haben die Forscher im Kerngehäuse der Äpfel gefunden. Wer also nur
„Die Anzahl der Mikroorganismen ist nicht so wichtig, es kommt auf die Diversität an.“ Franz Pfeffel Gastroenterologe
Fruchtfleisch und Schale isst, nimmt lediglich ein Zehntel der Mikroben auf. Empfehlenswert ist daher, das Obst mit Putz und Stingl zu essen.
Die gefundenen Bakterien sind essenziell, um den Darm gesund zu halten. Je größer die Artenvielfalt der Bakterien, desto besser, erklärt Franz Pfeffel, Leiter der Gastroenterologie im Darmzentrum der Barmherzigen Schwestern in Wien. „Es ist nicht so wichtig, wie hoch die Anzahl der Mikroorganismen ist – auf die Diversität kommt es an. Ein möglichst breites Spektrum ist wünschenswert.“Bisher wurden 1.800 Bakteriengattungen im Darm nachgewiesen, wobei nicht alle bei jedem Menschen vorkommen. Durchschnittlich 500 Arten beherbergt ein Darm, weniger als 200 sollten es nicht sein.
Etwas mehr Rohkost
Unser Immunsystem wird durch das Mikrobiom – die Bakterienzusammensetzung im Darm – nämlich stark beeinf lusst. „Wenn der Bakterienmix durch einseitige Ernährung oder nach einer langen Antibiotikabehandlung zu eintönig ist, wird Krankheiten aus dem immunologischen Bereich Vorschub geleistet“, so Pfeffel. Seine Ernährungsempfehlung: „Naturnahe biologische Produkte essen, die keinen Beipackzettel für die Zusammensetzung brauchen. Frisch kochen, vielfältig ernähren und etwas rohes Obst und Gemüse.“
Gabriele Berg, Mitwirkende an der TU-Studie, betont, dass nur rohe Äpfel Bakterienschleudern sind: „Das Kochen tötet die meisten Bakterien ab, deshalb ist rohes Obst und Gemüse eine besonders wichtige Quelle für Mikroorganismen.“Der Gastroenterologe warnt jedoch vor jeglichem Ernährungsextremismus wie Rohkost: „Hier treten vermehrt Blähungen durch die hohe Aufnahme von Zellulose auf. Aber ein Apfel am Tag ist noch lange keine Rohkost.“
Was Probiotika aus der Apotheke betrifft, ersetzen sie für Pfeffel keine gesunde Ernährung. „Es gibt ganz wenige Erkrankungen, bei denen isolierte Probiotika etwas bringen. Der Apfel in seiner Gesamtheit macht es aus. Unser Organismus ist durch die Evolution so eingestellt, dass er damit am besten zurechtkommt.“