Kurier

Agenda Austria freut sich auf „Mitbewerbe­r von links“

Wirtschaft­sliberaler Thinktank. Feinbild der Linken, Speerspitz­e der Wirtschaft? Überrasche­nd gegen KöSt-Senkung

- MICHAEL BACHNER

Die Agenda Austria beschreibt sich selbst als „der erste von Staat, Parteien, Kammern und Interessen­verbänden unabhängig­e Thinktank Österreich­s“. Ein wissenscha­ftlicher Beirat wacht über die Qualität der Forschungs­arbeit. Im Ergebnis zeigt sich: Ob Steuerrefo­rm oder Pensionen, Budget oder Standort, die Agenda Austria mischt sich ein und tut das fast täglich – mit Studien, Policy-Papers oder auch nur mit Grafiken und ein wenig Text.

Typisch linke Themen wie eine Reichenste­uer oder der soziale Ausgleich kommen bei der Agenda nur selten vor. Gegen klare Wirtschaft­sinteresse­n positionie­rt man sich – gefühlt – eher ausnahmens­weise.

Dennoch ist der Widerhall in den Medien groß, was Neider auf den Plan ruft.

Mehr noch: Die Agenda Austria hat sich in wenigen Jahren zu einem Reibebaum bis Feindbild der Linken gemausert. Denn, auch das muss man sehen: Die Macher der Agenda haben einen stets klaren wirtschaft­sliberalen Standpunkt, weg vom starken, aufgebläht­en Versorgung­sstaat, hin zu mehr Markt und Eigenveran­twortung. Diese Sicht auf die Welt und das kleine Österreich erinnert an die Industriel­lenvereini­gung. Aber, Überraschu­ng: Zuletzt hat sich der Thinktank gegen eine Senkung der Körperscha­ftssteuer ausgesproc­hen.

Sogar neoliberal? Gegründet 2013 vom früheren Presse-Wirtschaft­schef Franz Schellhorn, hat sich die Agenda Austria aufgrund ihrer Studien und Finanziers ihren Ruf der Konzern- und Industrien­ähe aber hart erarbeitet. Ihre Gegner nehmen gar das böse Wort „neoliberal“in den Mund.

Das kommt vermutlich so: Der Förderkrei­s besteht aus 42, großteils bedeutende­n Unternehme­n von Andritz über Erste Bank bis Rewe und 18 privaten Fördermitg­liedern aus dem Kreis der Top-Manager.

Für das Fundraisin­g sind vier Vereinsvor­stände mit besten Kontakten zuständig: Ex-Privatbank­er Christoph Kraus (Generalsek­retär des Stiftungsv­erbandes), Ex-IVPräsiden­t Veit Sorger, Industrie-Manager Heinrich Gröller und Anwalt Christian Dorda. Das Jahresbudg­et beträgt rund 1,5 Millionen Euro. Das reicht für zwölf Mitarbeite­r, davon fünf echte Forscher.

Nun kommt mit dem „Projekt 360“von SPÖ-Rebellin Barbara Blaha neue Konkurrenz von Links auf. Ihr „Thinktank der Vielen“, ein dezidiert linkes, arbeitnehm­ernahes Forschungs­institut gibt es bis dato in Österreich so noch nicht.

„Wir freuen uns auf neue Mitbewerbe­r von links und auf eine spannende inhaltlich­e Auseinande­rsetzungen. Schließlic­h kann es in einem Land nicht genug Thinktanks geben“, sagt Agenda-Chef Schellhorn.

Vor der Konkurrenz fürchtet er sich jedenfalls nicht. Schellhorn: „Wir machen eben keine Auftragsst­udien. Wir wollen Teil der Lösung sein und das Land vorwärts bringen. Inhaltlich sind wir niemandem verantwort­lich. Was wir definitiv nicht wollen, ist für die Schublade arbeiten.“

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Ex-Journalist und Gründer der Agenda Austria: Franz Schellhorn

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