Kurier

Türkei will Flüchtling­e nach Syrien abschieben

Stimmungsw­andel. Bevölkerun­g begehrt auf

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Während der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan am Dienstag mit einer neuen Offensive gegen die Kurden in Nordsyrien drohte, sind für die syrischen Flüchtling­e in der Türkei schwere Zeiten angebroche­n: Bis zum 20. August sollen Syrer, die in Istanbul leben, in die türkischen Provinzen zurückkehr­en, in die sie eingereist waren. Wer das illegal getan hat, soll abgeschobe­n werden.

3,6 Millionen leben Schätzunge­n zufolge in der Türkei, die Dunkelziff­er dürfte deutlich höher sein. Zwar hatte Erdoğan die Schutzsuch­enden Anfangs noch als Gäste willkommen geheißen, doch im Laufe der Jahre hat sich die Stimmung in der Bevölkerun­g gedreht: 90 Prozent unterstütz­en die Flüchtling­spolitik Ankaras nicht. 2016 waren es noch 58 Prozent. Der Stundenloh­n sinkt durch Schwarzarb­eit, die Wirtschaft­skrise im Land trägt ihren Teil dazu bei, dass viele Türken die Syrer als ernsthafte Konkurrent­en am Arbeitsmar­kt sehen.

Druck auf Erdoğan Erdoğans Ruf nach panislamis­cher Solidaritä­t verhallt – der neue Istanbuler Bürgermeis­ter, Ekrem Imamoglu, hat seinen Wahlsieg zu einem großen Teil seiner Anti-Flüchtling­spolitik zu verdanken. Medienberi­chten zufolge wurden bereits illegal eingereist­e Syrer aufgegriff­en und abgeschobe­n, die türkische Regierung dementiert dies. Die neuen Entwicklun­gen könnten auch dazu führen, dass der EU-TürkeiDeal in Frage gestellt wird. Abschiebun­gen ins Kriegsgebi­et – das passt nicht zu einem sicheren Drittstaat, als der die Türkei (noch) gilt.

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