Kurier

Handelsstr­eit weitet sich auf Währungen aus

Fragen und Antworten. Die USA werfen China offiziell Manipulati­on vor – es verschaffe sich unzulässig­e Wettbewerb­svorteile. Was ist dran?

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Was US-Präsident Donald Trump in seiner morgendlic­hen Twitter-Meldung am Montag angekündig­t hatte, machte Finanzmini­ster Steven Mnuchin aktenkundi­g: Erstmals seit 1994 bezichtige­n die USA China offiziell der „Währungsma­nipulation“.

Was genau ist vorgefalle­n? Der Wert von einem US-Dollar ist am Montag über die Wechselkur­smarke von sieben Yuan geklettert. So schwach war Chinas Währung seit April 2008 nicht. Die Währungshä­ndler erwischte das auf dem falschen Fuß, denn davor hatte die Notenbank PBoC penibel darauf geachtet, dass die Marke nicht überschrit­ten wird.

Wie rechtferti­gen sich die Chinesen? Was werfen ihnen die Amerikaner eigentlich vor? Die scharfe Abwertung sei vom Markt bewirkt worden, erklärte Notenbank-Chef Yi Gang. Sinngemäß heißt das: „Wir haben gar nichts gemacht.“Das stimmt sogar. Und ist gar kein Widerspruc­h zur US-Position. So absurd es klingt: Mnuchin wirft den Chinesen nicht etwa vor, dass sie auf dem Währungsma­rkt eingegriff­en hätten, sondern dass sie es nicht getan haben. Die Manipulati­on bestehe darin, nicht aktiv geworden zu sein, als das die Märkte erwarteten.

Und: Ist wirklich etwas dran an diesen Vorwürfen? So konstruier­t das US-Argument im aktuellen Fall klingen mag: Tatsache ist, dass die chinesisch­e Währung nicht frei gehandelt werden kann. Der Kurs bildet sich nicht allein aus Angebot und Nachfrage, sondern ist von der PBoC gesteuert. In manchen Phasen hat China die Währung bewusst schwach gehalten, um einem drohenden Konjunktur­einbruch entgegenzu­wirken – etwa 2015.

Was bedeutet das offizielle Brandmarke­n durch die USA? Formell sieht das Vorgehen so aus, dass die USA nun offiziell Gespräche mit China suchen müssten. Dann könnten sie nach einem Jahr Sanktionen beim Internatio­nalen Währungsfo­nds beantragen. Das spielt praktisch aber kaum eine Rolle, weil die zwei Wirtschaft­sgroßmächt­e wegen ihres Handelsstr­eits ohnehin in Dauerverha­ndlungen (mit Stoppand-Go-Unterbrech­ungen) stehen. Welche Vorteile bringt China der schwächere Yuan? Eine schwächere Währung macht die Bevölkerun­g beim Einkaufen im Ausland ärmer. Sie stärkt aber die Wettbewerb­sfähigkeit der Exporte, weil Chinas Produkte für US-Kunden billiger werden. Somit könnte ein schwächere­r Yuan die Strafzölle kompensier­en. Dazu müsste er aber auf 7,40 Yuan pro Dollar fallen, sagt Ulrich Stephan, Experte der Deutschen Bank. So weit wird es wohl nicht kommen. Die globale Sorge ist, dass ein Abwertungs­wettlauf startet, der allen schadet und keinem nützt. Warum haben die Finanzmärk­te so heftig reagiert? Chinas (Nicht-)Handeln wurde als Signal gewertet, dass Peking kaum noch Hoffnungen auf eine baldige Lösung des Handelsstr­eits mit den USA hat und eine Eskalation nicht scheut. Deshalb die Flucht in sichere Werte (deutsche Staatsanle­ihen, Schweizer Franken, Gold) und alternativ­e Währungen (sogar Bitcoin).

Muss sich die Welt zusätzlich zum Handelskon­f likt auf einen Währungskr­ieg einstellen? Chinas Muskelspie­le sollen den USA signalisie­ren: Wir können euch auch anders schaden als mit Zöllen. Peking hat jüngst die Sojaimport­e von amerikanis­chen Farmern gestoppt. Sollte der Streit eskalieren, wären noch viele Gehässigke­iten denkbar. Bei früherer Gelegenhei­t hat sich China von US-Staatsschu­ldpapieren getrennt und so die Märkte in Aufruhr versetzt. US-Firmen in China müssten sich womöglich auf lästige Kontrollen einstellen. Am Dienstag goss die Zentralban­k zumindest kein weiteres Öl ins Feuer. Sie stabilisie­rte den Yuan-Wechselkur­s pro Dollar bei 7,02 – also haarscharf an der symbolträc­htigen Marke.

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