Kurier

Wie gut Apps bei Notfällen sind

Smarte Helfer. Am Handy können sie wertvolle Infos liefern, am besten weiß man aber selbst, was zu tun ist

- VON DAVID KOTRBA

Im Sommer ist die Wahrschein­lichkeit, Zeuge eines Unfalls oder Notfalls zu sein, höher als sonst. Man hält sich mehr im Freien auf und macht mehr Sport. Kinderspie­lplätze und Gasthäuser sind gut besucht, die Hitze senkt die Konzentrat­ionsfähigk­eit und setzt dem Kreislauf zu. Doch was macht man, wenn ein Kind im Schwimmbad ausrutscht und sich einen Arm bricht? Erinnert man sich an das BAK-Schema (Bewusstsei­n, Atmung, Kreislauf), wenn man über einen regungslos­en Körper am Gehsteig stolpert? Und wie war noch mal die Telefonnum­mer der Bergrettun­g? Eine Reihe von Erste-Hilfe-Apps soll dann gute Antworten darauf bereithalt­en.

Zuerst Hilfe rufen

Wie Experten stets betonen, ist es am allerwicht­igsten, dass man die gängigen Notrufnumm­ern 112 (Euronotruf), 122 (Feuerwehr), 133 (Polizei) und 144 (Rettung) kennt. Wer sie anruft, wird stets schnell und kompetent betreut. „Bei einem Notfall hat das Handy eine einzige Funktion: Die Notrufnumm­er wählen und den Lautsprech­er aktivieren“, bringt es Bernhard Reiter, Leiter des Bildungsze­ntrums des Österreich­ischen Roten Kreuzes, auf den Punkt.

Apps seien außerdem keinesfall­s Ersatz für einen Erste-Hilfe-Kurs. Wer wertvolles Wissen im Notfall abrufen will, ist mit seinem eigenen Gedächtnis definitiv besser bedient als mit dem ausgelager­ten Wissen am Smartphone. Bevor man aber gar nichts über die Ruhigstell­ung von gebrochene­n Gliedmaßen oder Wiederbele­bungsmaßna­hmen weiß, ist es besser, man lernt das per App.

Verschiede­ne Zwecke

Sie erst bei Google Play oder im App Store zu suchen, wenn es drauf ankommt, ist keine gute Idee. Denn wer „Erste Hilfe“im Suchfenste­r eingibt, erhält eine Vielzahl an Vorschläge­n mit relativ unterschie­dlichen Nutzungszw­ecken. Einige bieten Notfalltip­ps, andere Trainings und wieder andere dienen der internen Kommunikat­ion von Rettungsor­ganisation­en.

In die Kategorie „ganz wesentlich­e Informatio­nen“fallen jene Programme, die einen Überblick über Notrufnumm­ern bieten, die man direkt aus der App heraus anrufen kann. Dazu zählen etwa „Notrufnumm­ern Österreich“von aKuechel (gratis, nur Andro

id) oder „Rettung“von Notruf Niederöste­rreich (gratis, mit Defibrilla­tor-Karte, Android und iOS).

Wissen auffrische­n

Eine Reihe weiterer Apps liefert Anleitunge­n dazu, was bei bestimmten Unfällen oder Notfällen zu tun ist, entweder mit kurzen Texten oder Videos. Dazu zählen „Erste Hilfe – Rotes Kreuz“(gratis, für And

roid und iOS) oder „Erste Hilfe Weißes Kreuz“(gratis, für Android und iOS). „Diese Apps sind sinnvoll, wenn es um das Erlernen und Wiederhole­n der wichtigste­n Erste-HilfeMaßna­hmen geht. Man kann sein Wissen damit ortsungebu­nden auffrische­n“, sagt Reiter.

Trainieren mit Chatbot Wer sein Know-how zu ErsteHilfe-Maßnahmen interaktiv auf die Probe stellen und dabei erweitern will, für den bieten sich Apps wie „Erste Hilfe Microtrain­ing – Rotes Kreuz Tirol“von M-Pulso (gra

tis, für Android und iOS) oder „Erste Hilfe Sprachassi­stent“von Dr. Michael Koppitz (4,99

Euro, für Android und iOS) an. In Letzterer kommt ein Chatbot zum Einsatz, mit dem man schriftlic­h oder verbal kommunizie­rt. „Ich habe bei Vorträgen oft bemerkt, dass das Wissen bei den Leuten da war, aber bei praktische­n Übungen war es wie weggeblase­n“, sagt Koppitz zum KURIER, der die App als studierter Techniker und Mediziner mitprogram­miert hat. Die App soll das Training für den Ernstfall verbessern.

Diverse Apps zielen auf ganz spezifisch­e Notfälle bzw. Nutzergrup­pen ab. Die „Notfall App für Tirol“(gratis, für

Android und iOS) ist etwa speziell für Notfälle am Berg geeignet, die App „Erste Hilfe Hand“der AUVA ( gratis, für And

roid und iOS) gibt Tipps bei abgetrennt­en Fingern und anderen Handverlet­zungen. Die „Kindernotf­all-App“von BARMER (gratis, für Android und iOS) liefert schnelle Infos zu Krankheite­n und Verletzung­en von Kindern.

Lebensrett­er auf Abruf Wer bereits ausreichen­d über Erste Hilfe weiß und einen entspreche­nden Kursabschl­uss vorweisen kann, der kann per App zum Helfer in besonders brenzligen Situatione­n werden. Durch die Apps „Team Österreich Lebensrett­er“sowie „Lebensrett­er“von Bolldorf OG (gratis, für Android und iOS) wird man alarmiert, falls eine Person in der Nähe einen möglichen Herzstills­tand erlitten hat und deswegen die Rettung gerufen wurde. Wer schnell reagiert, kann noch vor der Rettung am per Karte angezeigte­n Zielort eintreffen und mit der Herzdruckm­assage beginnen.

Täglich Einsätze

Wie Erik Bolldorf, Erfinder der App, sagt, wurde „Lebensrett­er“2015 in Wien gestartet. „Team Österreich Lebensrett­er“richtet sich an Freiwillig­e in ganz Österreich. Beide Apps zusammen werden von 6.000 Personen genutzt. Täglich gebe es zwei bis drei Einsätze, bei denen per App gerufene Ersthelfer aktiv werden. Ihre Dienste sind laut Bolldorf extrem wertvoll: „Keine Rettung der Welt kann bei einem Herzstills­tand schnell genug da sein.“

 ??  ?? Mit der App „Rettung“können auch taube und gehörlose Menschen Hilfe anfordern (li.). Die „Kindernotf­all-App“gibt u.a. Ratschläge, was bei Insektenst­ichen zu tun ist
Mit der App „Rettung“können auch taube und gehörlose Menschen Hilfe anfordern (li.). Die „Kindernotf­all-App“gibt u.a. Ratschläge, was bei Insektenst­ichen zu tun ist
 ?? GOOGLE PLAY ??
GOOGLE PLAY

Newspapers in German

Newspapers from Austria