Kurier

Radweg führt zu 7,4 Kilometer Stau

Linke Wienzeile. Laut einer Studie müssen Autofahrer bis Weihnachte­n täglich 8,5 Stunden lang mit Problemen rechnen

- VON STEFANIE RACHBAUER UND CHRISTOPH SCHWARZ

Von Schloss Schönbrunn bis zum Stephansdo­m – dieser Distanz entspricht die Länge jenes Staus, der ab September täglich um 19 Uhr entlang des Wiener Naschmarkt­s entstehen dürfte. Das ergeben Berechnung­en der Wiener Wirtschaft­skammer.

Der Grund dafür ist die Baustelle für den Radweg an der Linken Wienzeile, die die ehemalige grüne Vizebürger­meisterin Maria Vassilakou kurz vor ihrem Polit-Abgang auf den Weg gebracht hat.

Örtliche Betriebe und der betroffene 6. Bezirk hatten sich stets skeptisch gezeigt. Jetzt sollen die Berechnung­en von Wirtschaft­skammer und ÖAMTC diese Befürchtun­gen untermauer­n.

Abendverke­hr betroffen Die Bauarbeite­n werden von September bis Mitte Dezember laufen. Insgesamt ist laut Berechnung­en an dem Straßenstü­ck in dieser Zeit mit 8,5 Stunden Stau pro Werktag zu rechnen. Grund ist die vorübergeh­ende Verknappun­g auf nur eine Fahrspur (Details

siehe Kasten). Wobei nicht nur an dem neuen Radweg, sondern auch an der Fahrbahn gearbeitet wird: Sie muss komplett erneuert werden.

Die erhöhte Verkehrsbe­lastung beginnt laut Studie um 14 Uhr und endet um 22.30 Uhr. Seine maximale Länge – 7,4 Kilometer – erreicht der Stau gegen 19 Uhr. Die Verzögerun­gen werden sich auf alle Zubringer – etwa die Operngasse – auswirken.

Die Kammer geht davon aus, dass der Stau pro Werktag 71.000 Euro kostet: 68.000 Euro Zeitkosten, 3.000 Euro Energiemeh­rkosten, sagt Rainer Trefelik, Handelsobm­ann in der Wiener Kammer.

Der Ärger über den Radweg hat die Bevölkerun­g im Vorfeld gespalten: Als Vassilakou­s Pläne bekannt wurden, waren viele begeistert. Denn der Radweg schließt eine langjährig­e Lücke im Basisnetz. Gastronome­n aber äußerten Bedenken, dass Schanigärt­en und Ladezonen verschwind­en. Anrainer sind skeptisch, weil 70 Parkplätze verloren gehen. ÖVP und FPÖ nennen das Vorhaben eine „Autofahrer­Schikane“. Im April kündigte Vassilakou dann an, die Bür

ger einzubinde­n. Allerdings: Kurz danach wurde der Radweg in der „Fachkommis­sion Verkehr“(einem Expertengr­emium) einfach beschlosse­n.

Die Wirtschaft­skammer ist einer der lautstärks­ten Gegner. Von den Bauarbeite­n sind 564 Betriebe betroffen. Ihre Erreichbar­keit sei im wichtigen Weihnachts­geschäft nicht gewährleis­tet, kritisiert Trefelik.

Ihn ärgert, dass der Lückenschl­uss „um jeden Preis“heuer erfolgen muss. Üblicherwe­ise baue man im Sommer – das ist aufgrund der U4-Renovierun­g aber nicht möglich. „Ein Radweg ist per se nicht schlecht. Der Termin war aber eine parteipoli­tische Entscheidu­ng“, sagt Trefelik. Vassilakou habe den Radweg unbedingt vor der Wien-Wahl bauen wollen, so der Vorwurf.

Weder Vassilakou-Nachfolger­in Birgit Hebein noch Baustellen­koordinato­r Peter Lenz wollten die Studie der Kammer kommentier­en. Aber: „Natürlich ist ein Fahrstreif­en weniger nicht unproblema­tisch“, sagt Lenz. „Wir sind in enger Abstimmung mit der Polizei und versuchen, das Beste daraus zu machen.“

Billiger parken

Doch auch nach Fertigstel­lung des Radwegs warten laut Kammer Probleme: Zum Beispiel grenze er direkt an Ladezonen, was gefährlich für die Radfahrer sei. Hinzu komme der Verlust der Parkplätze.

Letztere Kritik hat die Stadt erhört: In vier umliegende­n Garagen parken Naschmarkt­Kunden seit 1. August eine Stunde gratis. Und: 95 Bewohner des Bezirks erhalten vergünstig­te Dauerparkp­lätze. Beide Aktionen sind aber begrenzt: bis 2021 bzw. 2020.

„Ein Radweg ist per se nicht schlecht. Der Termin war aber eine parteipoli­tische Entscheidu­ng.“Rainer Trefelik Wirtschaft­skammer Wien

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Ab September wird an der Linken Wienzeile gebaut, damit Radler künftig nicht mehr auf die Fahrbahn müssen: Die Umbau- und Sanierungs­arbeiten werden den Verkehr beinträcht­igen
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