Radweg führt zu 7,4 Kilometer Stau
Linke Wienzeile. Laut einer Studie müssen Autofahrer bis Weihnachten täglich 8,5 Stunden lang mit Problemen rechnen
Von Schloss Schönbrunn bis zum Stephansdom – dieser Distanz entspricht die Länge jenes Staus, der ab September täglich um 19 Uhr entlang des Wiener Naschmarkts entstehen dürfte. Das ergeben Berechnungen der Wiener Wirtschaftskammer.
Der Grund dafür ist die Baustelle für den Radweg an der Linken Wienzeile, die die ehemalige grüne Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou kurz vor ihrem Polit-Abgang auf den Weg gebracht hat.
Örtliche Betriebe und der betroffene 6. Bezirk hatten sich stets skeptisch gezeigt. Jetzt sollen die Berechnungen von Wirtschaftskammer und ÖAMTC diese Befürchtungen untermauern.
Abendverkehr betroffen Die Bauarbeiten werden von September bis Mitte Dezember laufen. Insgesamt ist laut Berechnungen an dem Straßenstück in dieser Zeit mit 8,5 Stunden Stau pro Werktag zu rechnen. Grund ist die vorübergehende Verknappung auf nur eine Fahrspur (Details
siehe Kasten). Wobei nicht nur an dem neuen Radweg, sondern auch an der Fahrbahn gearbeitet wird: Sie muss komplett erneuert werden.
Die erhöhte Verkehrsbelastung beginnt laut Studie um 14 Uhr und endet um 22.30 Uhr. Seine maximale Länge – 7,4 Kilometer – erreicht der Stau gegen 19 Uhr. Die Verzögerungen werden sich auf alle Zubringer – etwa die Operngasse – auswirken.
Die Kammer geht davon aus, dass der Stau pro Werktag 71.000 Euro kostet: 68.000 Euro Zeitkosten, 3.000 Euro Energiemehrkosten, sagt Rainer Trefelik, Handelsobmann in der Wiener Kammer.
Der Ärger über den Radweg hat die Bevölkerung im Vorfeld gespalten: Als Vassilakous Pläne bekannt wurden, waren viele begeistert. Denn der Radweg schließt eine langjährige Lücke im Basisnetz. Gastronomen aber äußerten Bedenken, dass Schanigärten und Ladezonen verschwinden. Anrainer sind skeptisch, weil 70 Parkplätze verloren gehen. ÖVP und FPÖ nennen das Vorhaben eine „AutofahrerSchikane“. Im April kündigte Vassilakou dann an, die Bür
ger einzubinden. Allerdings: Kurz danach wurde der Radweg in der „Fachkommission Verkehr“(einem Expertengremium) einfach beschlossen.
Die Wirtschaftskammer ist einer der lautstärksten Gegner. Von den Bauarbeiten sind 564 Betriebe betroffen. Ihre Erreichbarkeit sei im wichtigen Weihnachtsgeschäft nicht gewährleistet, kritisiert Trefelik.
Ihn ärgert, dass der Lückenschluss „um jeden Preis“heuer erfolgen muss. Üblicherweise baue man im Sommer – das ist aufgrund der U4-Renovierung aber nicht möglich. „Ein Radweg ist per se nicht schlecht. Der Termin war aber eine parteipolitische Entscheidung“, sagt Trefelik. Vassilakou habe den Radweg unbedingt vor der Wien-Wahl bauen wollen, so der Vorwurf.
Weder Vassilakou-Nachfolgerin Birgit Hebein noch Baustellenkoordinator Peter Lenz wollten die Studie der Kammer kommentieren. Aber: „Natürlich ist ein Fahrstreifen weniger nicht unproblematisch“, sagt Lenz. „Wir sind in enger Abstimmung mit der Polizei und versuchen, das Beste daraus zu machen.“
Billiger parken
Doch auch nach Fertigstellung des Radwegs warten laut Kammer Probleme: Zum Beispiel grenze er direkt an Ladezonen, was gefährlich für die Radfahrer sei. Hinzu komme der Verlust der Parkplätze.
Letztere Kritik hat die Stadt erhört: In vier umliegenden Garagen parken NaschmarktKunden seit 1. August eine Stunde gratis. Und: 95 Bewohner des Bezirks erhalten vergünstigte Dauerparkplätze. Beide Aktionen sind aber begrenzt: bis 2021 bzw. 2020.
„Ein Radweg ist per se nicht schlecht. Der Termin war aber eine parteipolitische Entscheidung.“Rainer Trefelik Wirtschaftskammer Wien