Sport am Morgen oder Abend: Wie der Körper darauf reagiert
Fitness. Neue Studien zeigen unterschiedliche Effekte auf Stoffwechsel und Trainingsnutzen.
Für die 10 bis 20 Prozent der Bevölkerung, die man als echte Morgenmenschen („Lerche“) bezeichnet, ist es keine Frage: Ein Training vor dem Frühstück ist für sie das beste Aufwachritual. „Diese wollen ja auch etwas in der Früh tun“, sagt der deutsche Schlafforscher Jürgen Zulley.
Ähnlich klar ist die Entscheidung für die Eulen, die echten Abendmenschen (ebenfalls rund 10 bis 20 Prozent): Wenn Training, dann am liebsten am Abend. „Die bekommen im Normalfall vor zehn Uhr morgens kein Bein vor das andere“, scherzt Zulley. Er hat selber lange um sechs Uhr früh Morgensport gemacht: „Das ist ein ordentlicher HalloWach-Effekt.“
Doch abgesehen von diesen Vorlieben: Gibt es eine Zeit für Sport, die besser oder schlechter ist?
Neue Fakten
Forscher des WeizmannInstitutes in Israel haben sowohl bei Mäusen als auch zwölf Erwachsenen Folgendes beobachtet: In den Abendstunden war die Leistung deutlich besser. Für dieselbe Trainingsintensität verbrauchten die Studienteilnehmer am Abend weniger Sauerstoff und weniger Energie als am Morgen.
Die Fähigkeit der Muskeln, Zucker und Fett zu verstoffwechseln, erhöhte sich am Morgen. Davon würden vor allem Menschen mit Typ-2Diabetes, aber auch mit starkem Übergewicht profitieren.
„Bereits frühere Studien zeigten, dass man den besten Trainingseffekt am späteren Nachmittag und frühen Abend erzielt“, sagt Zulley.
Sportwissenschafter Ingo Froböse, Deutsche Sporthochschule Köln: „In der Nacht findet der Baustoffwechsel statt“– gemeint sind all die chemischen Umsetzungen im Organismus, die dazu dienen, Zellen neu aufzubauen. „Dieser hat einen erhöhten Energiebedarf “– und wirkt auch noch in den Morgen hinein. Deshalb sei eben der Morgen zum Abnehmen und Entspannen besser: „Da sollte man wegen des höheren Energieaufwands die ruhigen Einheiten absolvieren, und am Abend – wo man mit demselben Aufwand mehr Leistung erbringen kann – die intensiven.“
Generell gebe es zwei Leistungshochs am Tag: „Zwischen 9 und 11 sowie zwischen 16 und 19 Uhr.“
Koordination
Der Sportmediziner Paul Haber sieht einen weiteren Unterschied zwischen Morgen und Abend: „Möglicherweise ist am Abend die Koordination besser, wodurch die Bewegungsabläufe ökonomischer sind, sodass für dieselbe Leistung weniger Sauerstoff notwendig ist.“Ein Beispiel sei das Schwimmen: „Bei besserer Koordination ist man mit gleichem Energieaufwand schneller.“
Generell könnten von der Tageszeit abhängige biologische Abläufe eine Rolle spielen. So ergab eine weitere Studie auch Hinweise darauf, dass am Nachmittag mehr Enzyme zur Verfügung stehen, die für die Energiebereitstellung in den Zellen eine Rolle spielen.
„Wer also etwa seine Marathonzeit um einige Minuten verbessern will, sollte sein Training in die frühen Abendstunden verlegen – bis zum Schlafengehen sollten aber mindestens zwei Stunden Zeitdifferenz sein.“Zulley: „Das Wichtigste ist, dass das Training in den persönlichen Tagesablauf hineinpasst.“Haber ergänzt: „Worauf es ankommt, ist, dass man trainiert – egal wann.“