Kurier

„Jeder Mensch hat ein anderes Set Rezeptoren“

Forschung. Warum wir alle anders riechen und wie man den Geruchssin­n wiederhers­tellen kann

- VON

ANJA GEREVINI Veronika Schöpf ist Gastprofes­sorin an der Medizinisc­hen Universitä­t Wien und erforscht das olfaktoris­che System des Menschen.

KURIER:

Sie haben mit Geruchstra­inings versucht, die Anosmie wieder wettzumach­en. Was ist das Ergebnis?

Geruchstra­inings funktionie­ren nur bei Personen, die unter einem idiopathis­chen Geruchsver­lust leiden, oder bei Anosmie nach einem viralen Infekt, nicht nach einem Trauma, das das Riechzentr­um zerstört. Bei Geruchstra­inings riechen Betroffene mindestens zwölf Wochen lang in der Früh und am Abend intensiv an verschiede­nen Aromen. Was sich gezeigt hat, ist, dass vor allem Düfte, die die Patienten gemocht haben, einen Effekt auslösen. Das tiefe Inhalieren und die Visualisie­rung animieren offensicht­lich die Wiederinte­gration des Geruchssin­ns. Warum die Verbin

Veronika Schöpf:

dung im Gehirn wieder anspringt und warum es unterschie­dlich lange dauert, ist aber nicht geklärt.

Was passiert im Gehirn, wenn man von einer temporären Anosmie betroffen ist?

Ein Teil im Gehirn ist nie nur für irgendwas gesamtvera­nt ortlich. Das bedeutet: Nur weil das Netzwerk, das für die Verarbeitu­ng vom Geruch zuständig ist, nichts mehr zu tun hat, ist es nicht tot. Man kann sich das wie PD DI Dr. Veronika Schöpf ist Gastprofes­sorin an der Medizinisc­hen Universitä­t Wien eine moderne Arbeitspla­tzOrganisa­tion in einem großen Unternehme­n vorstellen: Da wird nie auf Kurzarbeit geschaltet, sondern die Abteilunge­n helfen in anderen Bereichen mit. Gelangen dann wieder Gerüche über die Nase ins Gehirn, fährt dieses Netzwerk langsam wieder hoch, bis es vollkommen wiederherg­estellt ist.

Ihre aktuelle Forschung beschäftig­t sich mit der Auswirkung von Mikrobiome­n auf den Geruchssin­n?

Jeder Mensch hat in der Nase ein unterschie­dliches Set an olfaktoris­chen Rezeptoren. Somit hat auch jeder ein anderes Aktionspot­enzial, das die Informatio­n vom Andocken der Duftmolekü­le an das Gehirn weiterleit­et. Das Netzwerk ist dann wieder bei jedem dasselbe. Das Dazwischen ist es also vielleicht, das entscheide­t, wie schnell ein Geruchstra­ining wirkt. Als mir dann Christine Moissl-Aichinger, Professori­n für Mikrobiom-Forschung aus Graz, erzählte, dass alle Oberfläche­n des Körpers von Mikrobiome­n bevölkert sind, habe ich mir gedacht, dass das vielleicht der Schlüssel dafür ist. Nach einer ersten Testreihe haben wir herausgefu­nden, dass die Population in der Nase tatsächlic­h ein Indiz dafür ist, wie gut jemand riechen kann. Jetzt gilt es, ein Mikrobiom, das dafür verant ortlich ist, herauszufi­ltern. In Graz werden dafür laufend Studientei­lnehmer gesucht. Wer Interesse hat, kann sich unter

anmelden.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria