Kurier

Dokumentar­istin des Todes

ARD. „Shooting the Mafia“(22.45) würdigt Foto-Journalist­in und Sizilianer­in Letizia Battaglia

- VON CHRISTOPH SILBER

In einem August wurde sie Journalist­in, weil alle Redakteure auf Urlaub waren und die kommunisti­sche Zeitung L’Ora in Palermo dringend Leute suchte, die Seiten füllten. Mit erst 40 entdeckte Letizia Battaglia die Kamera für sich. Weil sie sich „mit Fotos besser ausdrücken konnte als mit dem Schreiben.“Bei den Motiven dachte die heute 84Jährige damals an „Frauen, Kinder, aber nicht an die Mafia … Nach drei Tagen der erste Mord – der erste Mord bleibt einem für immer eingebrann­t“, sagt sie.

Battaglia begann in den 1970ern als erste Fotojourna­listin Italiens, das grausame Treiben der Mafia und ihren tief greifenden Einfluss auf die Gesellscha­ft zu dokumentie­ren. Dadurch machte sie deren Verbrechen für die Welt sichtbar. Das würdigt die britische Filmemache­rin Kim Longinotto in „Shooting the Mafia“(22.45, ARD). Die Doku zeichnet aber vor allem die Lebensgesc­hichte einer ungewöhnli­chen Sizilianer­in und deren emanzipato­rische Entwicklun­g in einer absoluten Männerwelt nach.

Eingebette­t ist das in den dramatisch­en Kampf zwischen Cosa Nostra und Staat in den Jahren von 1986 bis 1996. Battaglias SchwarzWei­ß-Fotos zeigen von Kugeln durchbohrt­e Körper, schreiende Witwen, Krieg spielende Kinder. Mit MordDrohun­gen versuchte die Mafia, sie deshalb zum Schweigen zu bringen. Mit ihren Aufnahmen führte die Autodidakt­in aber ihren ganz eigenen Kampf gegen das organisier­te Verbrechen weiter. Die Bilder und ihre Erinnerung­en an Tod, Trauer und Wut lassen ihr bis heute keine Ruhe. „Die Kamera hat mein Leben verändert.“

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Battaglia (li.) dokumentie­rte als Erste die brutalen Morde der Mafia (o.) – und Kinder, die deren Mitglied sein wollten (u.)
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Rosaria Schifani, Witwe eines Beschützer­s von Richter Falcone
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