Proteste in Moskau, Putin in Bedrängnis
Ruf nach freien Wahlen wird immer lauter
In Moskau haben gestern Zehntausende für freie Wahlen demonstriert. In der größten Protestkundgebung seit Jahren verlangte die Menge, dass auch Kandidaten der Opposition zur Kommunalwahl in Moskau im September zugelassen werden. Die Moskauer Wahl gilt als Test für die Parlamentswahl 2021.
Die vierte Kundgebung in vier Wochen bringt Präsident Wladimir Putin unter Druck. Sie war diesmal genehmigt. Dennoch drohten erneut Verhaftungen für weitere Proteste in den Straßen der Hauptstadt.
Trotz Regens, Hundertschaften von Polizisten und aufwendiger Personenkontrollen demonstrierten am Samstag in Moskau rund 40.000 Menschen gegen Polizeigewalt und für faire und freie Wahlen am 8. September. Es war die größte Protestkundgebung seit Jahren – und ein Zeichen für die politische Krise, in der Präsident Wladimir Putin steckt. „Russland ohne Putin“, skandierten die Demonstranten. Auf Transparenten war zu lesen: „Geben Sie Moskau die Wahlen zurück“oder „Ich bin wütend“.
Wütend sind die vor allem jungen Demonstranten wegen der Nicht-Zulassung der Opposition bei den Wahlen, aber auch wegen steigender Preise und sinkender Einkommen. Die Menschen lasten dies der Regierungspartei und Putin an. Seine Umfragewerte sind im Sinkflug.
Die Demonstranten, die auch am Sonntag wieder auf die Straße gehen wollen, fordern die Zulassung aller Kandidaten bei der Stadtratswahl. Unter Verweis auf angebliche Formfehler sind Regierungskritiker nicht zugelassen worden. Dutzende Oppositionspolitiker sitzen in Haft, darunter auch Alexej Nawalny. Seit er 2013 bei der Bürgermeisterwahl 27 Prozent einfahren konnten, unternehmen die Behörden alles, um ihn und sein Team von Wahlen abzuhalten.
Radioaktive Strahlung Sorgen löste bei Russen auch die Nachricht von – zumindest kurzzeitig – erhöhter radioaktiver Strahlung in der Region von Sewerodwinsk aus. Auslöser war offenbar ein Zwischenfall bei einer Atomanlage auf Militärgelände. Sieben Menschen starben.