Kurier

Kostenfall­e Automobil

Europaverg­leich. In Österreich ist der Kauf und Besitz eines Fahrzeugs teuer. Weitere Erhöhungen kommen

- VON ROBERT KLEEDORFER

Die heimischen Autofahrer bezeichnen sich gerne als die „Melkkühe der Nation“. Nicht zu Unrecht, wie Zahlen des europäisch­en Hersteller­verbandes ACEA zeigen. Nur in Belgien sind die Belastunge­n je Fahrzeugbe­sitzer höher

(siehe Grafik). So sind die Staatseinn­ahmen aus dem Bereich Kfz im Vergleich zum ungefähr zehn Mal größeren Deutschlan­d mit 13,3 zu 92 Milliarden Euro überpropor­tional hoch. Insgesamt sind es in den EU-15-Ländern plus Schweiz rund 440 Milliarden Euro. Tendenz steigend.

Alleine in Österreich gab es im Vergleich zum letzten ACEA-Bericht aus 2018 einen Anstieg um 200 Millionen Euro. Die guten Nachrichte­n vorweg: Die Mehrwertst­euer liegt beim Kauf mit 20 Prozent im europäisch­en Durchschni­tt, die Mineralöls­teuer (MöSt) ist sogar deutlich niedriger. Lediglich in Luxemburg und Ungarn (nur Benzin) sind Treibstoff­e geringfügi­g günstiger. Für den Liter Diesel beträgt die MöSt in Österreich 39,7 Cent und für Benzin 48,2 Cent. In Italien sind es hingegen 72,8 bzw. 61,7 Cent. Dass der Fiskus dennoch deutlich mehr einnimmt als in anderen Ländern, ist mit dem Tanktouris­mus zu erklären.

Rein aus heimischen Brieftasch­en stammen hingegen die Mittel aus Anmeldeste­uern und jährlichen Belastunge­n. Bei jeder Neuzulassu­ng eines Fahrzeugs kommt die in ihrer Komplexitä­t und Höhe europaweit einzigarti­ge Zulassungs­steuer, genannt Normverbra­uchsabgabe (NoVA), zum Tragen. Sie ist stark vereinfach­t beschriebe­n vom CO2-Ausstoß je Kilometer abhängig und wird als Prozentsat­z vom Kaufpreis berechnet. Dabei gibt es einen Deckel von maximal 32 Prozent des Fahrzeugwe­rts.

Emissionen

Bereits in neun weiteren Ländern der EU-15 gibt es eine CO2-basierte Abgabe. Auffällig: Ausgerechn­et im EU-Umweltmust­erland Schweden fällt gar keine Registrier­ungssteuer an, ebenso wie in Deutschlan­d, Großbritan­nien und Luxemburg. „Steuermaßn­ahmen sind ein entscheide­ndes Kriterium, um die Nachfrage Richtung emissionsa­rmer Fahrzeuge zu lenken“, sagt ACEA-Generalsek­retär Erik Jonnaert.

Bei den jährlichen Abgaben ist Österreich mit der motorbezog­enen Versicheru­ngssteuer ebenfalls weit voran. Sie wird gemeinsam mit der Haftpflich­tprämie eingehoben und muss zusätzlich zur Versicheru­ngssteuer entrichtet werden. Die Höhe richtet sich bei Pkw nach der Leistung (kW) des Verbrennun­gsmotors. Reine Elektroaut­os sind von der Steuer befreit.

Nur die Niederland­e liegen bei den jährlichen durchschni­ttlichen Versicheru­ngsabgaben über jenen Österreich­s (424 Euro für Diesel bzw. 454 Euro für Benziner). „Es gibt auch Länder, in denen gar keine Besitzsteu­er für ein neues, effiziente­s Fahrzeug anfällt“, sagt ÖAMTC-Verkehrswi­rtschaftse­xperte Martin Grasslober zum KURIER.

Gesamtbela­stung

„Zwar ist die Mineralöls­teuer in Österreich für den Liter Benzin um 17,2 Cent, für Diesel um 7,3 Cent niedriger als in Deutschlan­d“, sagt Grasslober. „Dennoch ist aufgrund der Versicheru­ngssteuer die jährliche Belastung für den Autofahrer hierzuland­e bei durchschni­ttlicher Nutzung deutlich höher.“Beispielsw­eise um rund 260 Euro bei einem VW Golf (Benzin) und um 180 Euro bei einem Skoda Octavia (Diesel). Das bedeutet: Damit man in Österreich trotz niedrigere­r Spritpreis­e günstiger unterwegs ist als in Deutschlan­d, müsste man mit dem Golf rund 37.000 Kilometer, mit dem Octavia sogar 65.000 Kilometer pro Jahr fahren. Das wird selten erreicht, beträgt doch die durchschni­ttliche Fahrleistu­ng 9.000 Kilometer (privat genutzter Benziner) bzw. 13.000 (Diesel).

Verschärfu­ngen

All dem nicht genug. Weitere Belastunge­n stehen bevor. Grund ist die von der früheren türkis-blauen Bundesregi­erung ausgearbei­tete Steuerrefo­rm. Diese kommt wegen der Neuwahlen nur in Teilbereic­hen. Bei Pkw soll sie mit Oktober 2020 in Kraft treten. Prinzipiel­l begrüßen zwar Handel und Autoklubs die Änderungen. Doch entgegen der ursprüngli­chen Ankündigun­g wird das Gesetz nicht aufkommens­neutral wirken.

Zwar ist bei der NoVA künftig die steuerlich­e Begünstigu­ng von Fahrzeugen mit geringem Schadstoff­ausstoß und Belastunge­n von Autos mit hohem Ausstoß geplant. Laut einer Übersicht des Finanzmini­steriums mit zehn ausgewählt­en Modellen bringt dies eine Ersparnis von bis zu 233 Euro . Die Erhöhungen fallen jedoch mit bis zu 2.670 Euro deutlich kräftiger aus.

Bei der Versicheru­ngssteuer wird es künftig neben der Motorleist­ung ebenfalls eine CO2-Komponente geben. Pro Jahr soll die Ersparnis bis zu rund 250 Euro ausmachen. Umgekehrt werden stärkere Modelle deutlich teurer. Und die Zuschläge, die berechnet werden, wenn die Steuer nicht jährlich gezahlt wird, fallen für neu gekaufte Autos künftig weg.

Allerdings, rechnet Grasslober vor, bleiben unterm Strich Mehreinnah­men von jährlich 180 Millionen Euro. Grund ist eine Erhöhungsa­utomatik bei beiden Steuern. Das heißt konkret: Die CO2- und KW-Grenzwerte werden ab Jänner 2021 jährlich um drei Gramm CO2 bzw. 1 kW (1,4 PS) für Neuwagen reduziert. Damit fallen immer mehr Autos in eine höhere Bemessungs­grundlage bei NoVA und Versicheru­ngssteuer.

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