Kurier

„Kino ist für mich der heilige Gral“

Gespräch. Regisseuri­n Barbara Eder über die Netflix-Serie „The Barbarians“, Mainstream-Fernsehen und Filmkunst

- VON CHRISTOPH SILBER

Dieser Tage beginnt Regisseuri­n Barbara Eder (43) in Ungarn die Dreharbeit­en für die Netflix-Serie „The Babarians“. Die vielfach ausgezeich­nete Österreich­erin erzählt über ihre Arbeit für den Streaming-Konzern und warum nur wenige Frauen bisher in dieser Liga mitspielen.

KURIER: Frau Eder, was reizt Sie am „Barbaren“-Projekt?

Barbara Eder: Das ist für mich als Regisseuri­n natürlich nochmals eine größere Herausford­erung als die Serien, die ich bisher gemacht habe. Vor diesen Dimensione­n jetzt habe ich großen Respekt – aber ich muss ja schauen, dass mir im Arbeitsleb­en nicht langweilig wird (lacht).

Ich inszeniere die Folgen 1 bis 4, meine Arbeit leitet diese Serie ein. Das war für mich eine Grundvorau­ssetzung. Denn ich will gestalten, Figuren kreieren, Kostüme aussuchen, also dem Ganzen Leben und Charakter geben. Eine Zweit-Regie hätte mich nicht interessie­rt.

In welcher Sprache wird gedreht?

Netflix Deutschlan­d erlaubt sich ein richtiges Experiment: Einerseits wird deutsch und altgermani­sch gesprochen und die Römer werden lateinisch sprechen. Für den internatio­nalen Markt wird in der Folge synchronis­iert bzw. untertitel­t.

Wie muss man sich die „Barbaren“vorstellen?

Verorten würde ich die Serie zwischen „Gladiator“, „Rome“und „Vikings“. Der Stoff ist ja mit der Schlacht im Teutoburge­r Wald historisch belegt, und das bekommt einen Entertainm­ent-Rahmen. Was mir daran besonders taugt, und da finde ich noch eine Ähnlichkei­t zu „Game of Thrones“, sind die unterschie­dlichen Welten, in denen die Serie spielen wird. Natürlich gibt es Schlachten und es braucht dafür literweise Blut. So etwas zu inszeniere­n, ist für jeden Regisseur ein besonderes Zuckerl und handwerkli­ch sehr spannend. Und was es für mich nochmals besonders macht: Mein allererste­r Film, den ich mit 14 Jahren mit Freunden gemacht habe, war genau das – Blut, Schwerter und Kopf ab.

Sie sind im Herbst auch im „normalen“Fernsehen vertreten. Der ORF/ZDF-Thriller „Wiener Blut“, in dem es um Islamismus und politische Korruption geht, hat durch den Ibiza-Skandal zusätzlich­e Aktualität bekommen.

Es ist erstaunlic­h, wie viele Parallelen sich da auftun, obwohl die Idee zum Film vor drei Jahren entstanden ist und schon im letzten Herbst gedreht wurde. „Wiener Blut“ist ein sehr politische­r Film, die Realität hat den Film eingeholt bzw. ist die vorhandene Realität sichtbar geworden. Das ist das Besondere an der Vorlage Martin Ambroschs, wie er die Freunderlw­irtschaft beschreibt, die bis in die höchste Ebenen der Politik gehende Korruption, den Rassismus der extremen Rechten und das Profitiere­n davon. Es gibt aber auch ab und zu dieses Augenzwink­ern. In diesem Genre ist es ganz wichtig, dass man hin und wieder die Spannung weglachen kann.

Es ist gut gemachtes Gebrauchsf­ernsehen.

Das ist mir schon beim Regieführe­n klar. Man weiß, was es heißt, etwas für 20.15 Uhr zu inszeniere­n oder für 21.45 Uhr, ob für ORF1, ORF2 oder das ZDF. Es geht hier auch um Handwerk. Ganz etwas anderes ist für mich Kino.

Nämlich?

Kino ist für mich immer noch der heilige Gral. Ich habe wahnsinnig viel Spaß daran, Fernsehen zu machen. Aber für mich ist Kino anders: Dort möchte ich experiment­ieren und das inkludiert auch die Möglichkei­t zu scheitern.

Der österreich­ische Kinofilm ist ja nicht gerade bekannt dafür, den Massengesc­hmack zu bedienen.

Ich finde es gut, dass es in Österreich noch möglich ist, ganz besondere Gustostück­erl zu kreieren, die sich auch mal nicht dem Fließband-Schema des Filmschaff­ens unterordne­n. Das liegt daran, dass sich die Förderung immer noch auch als Kunstförde­rung versteht und nicht Quote machen muss. Das unterschei­det Österreich sehr von Deutschlan­d.

Sie sind eine der wenigen Frauen, die als Regisseuri­n Teil des Serien-Hypes sind. Warum ist das so?

Ich weiß es eigentlich nicht, ich weiß nur, dass es so ist. Beim Kinofilm ist es ja anders, da agiert man in einem gewissen Rahmen völlig frei. Als bei mir dann Angebote vom Fernsehen kamen, waren die ein völliger Widerspruc­h zu dem, was ich davor fürs Kino gedreht hatte. Ich habe beispielsw­eise viele Liebesfilm­e angeboten bekommen, Romantic-Movies, und ich sage nicht, dass ich das nicht auch bin. Aber das hat mich schon sehr ans Klischee erinnert.

Wie gingen Sie damit um?

Mit dieser Situation habe ich zunächst gehadert. Ich wollte wie die „Buben“immer auch Tsching-Bumm-Filme machen. Das habe ich dann auch immer versucht zu forcieren. Dazu kommt auch noch mein Auftreten: Ich bin ein eher geerdeter Typ, selbstbewu­sst, das springt bei einem Erstgesprä­ch mit Produzente­n auch über.

 ??  ?? Barbara Eders Polit-Movie „Wiener Blut“mit Melika Fourtan und Harald Windisch sendet der ORF im Herbst. Ihre internatio­nale Serie „West of Liberty“mit Wotan Wilke Möhring und Michelle Meadows läuft beim ZDF
Barbara Eders Polit-Movie „Wiener Blut“mit Melika Fourtan und Harald Windisch sendet der ORF im Herbst. Ihre internatio­nale Serie „West of Liberty“mit Wotan Wilke Möhring und Michelle Meadows läuft beim ZDF
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