„Kino ist für mich der heilige Gral“
Gespräch. Regisseurin Barbara Eder über die Netflix-Serie „The Barbarians“, Mainstream-Fernsehen und Filmkunst
Dieser Tage beginnt Regisseurin Barbara Eder (43) in Ungarn die Dreharbeiten für die Netflix-Serie „The Babarians“. Die vielfach ausgezeichnete Österreicherin erzählt über ihre Arbeit für den Streaming-Konzern und warum nur wenige Frauen bisher in dieser Liga mitspielen.
KURIER: Frau Eder, was reizt Sie am „Barbaren“-Projekt?
Barbara Eder: Das ist für mich als Regisseurin natürlich nochmals eine größere Herausforderung als die Serien, die ich bisher gemacht habe. Vor diesen Dimensionen jetzt habe ich großen Respekt – aber ich muss ja schauen, dass mir im Arbeitsleben nicht langweilig wird (lacht).
Ich inszeniere die Folgen 1 bis 4, meine Arbeit leitet diese Serie ein. Das war für mich eine Grundvoraussetzung. Denn ich will gestalten, Figuren kreieren, Kostüme aussuchen, also dem Ganzen Leben und Charakter geben. Eine Zweit-Regie hätte mich nicht interessiert.
In welcher Sprache wird gedreht?
Netflix Deutschland erlaubt sich ein richtiges Experiment: Einerseits wird deutsch und altgermanisch gesprochen und die Römer werden lateinisch sprechen. Für den internationalen Markt wird in der Folge synchronisiert bzw. untertitelt.
Wie muss man sich die „Barbaren“vorstellen?
Verorten würde ich die Serie zwischen „Gladiator“, „Rome“und „Vikings“. Der Stoff ist ja mit der Schlacht im Teutoburger Wald historisch belegt, und das bekommt einen Entertainment-Rahmen. Was mir daran besonders taugt, und da finde ich noch eine Ähnlichkeit zu „Game of Thrones“, sind die unterschiedlichen Welten, in denen die Serie spielen wird. Natürlich gibt es Schlachten und es braucht dafür literweise Blut. So etwas zu inszenieren, ist für jeden Regisseur ein besonderes Zuckerl und handwerklich sehr spannend. Und was es für mich nochmals besonders macht: Mein allererster Film, den ich mit 14 Jahren mit Freunden gemacht habe, war genau das – Blut, Schwerter und Kopf ab.
Sie sind im Herbst auch im „normalen“Fernsehen vertreten. Der ORF/ZDF-Thriller „Wiener Blut“, in dem es um Islamismus und politische Korruption geht, hat durch den Ibiza-Skandal zusätzliche Aktualität bekommen.
Es ist erstaunlich, wie viele Parallelen sich da auftun, obwohl die Idee zum Film vor drei Jahren entstanden ist und schon im letzten Herbst gedreht wurde. „Wiener Blut“ist ein sehr politischer Film, die Realität hat den Film eingeholt bzw. ist die vorhandene Realität sichtbar geworden. Das ist das Besondere an der Vorlage Martin Ambroschs, wie er die Freunderlwirtschaft beschreibt, die bis in die höchste Ebenen der Politik gehende Korruption, den Rassismus der extremen Rechten und das Profitieren davon. Es gibt aber auch ab und zu dieses Augenzwinkern. In diesem Genre ist es ganz wichtig, dass man hin und wieder die Spannung weglachen kann.
Es ist gut gemachtes Gebrauchsfernsehen.
Das ist mir schon beim Regieführen klar. Man weiß, was es heißt, etwas für 20.15 Uhr zu inszenieren oder für 21.45 Uhr, ob für ORF1, ORF2 oder das ZDF. Es geht hier auch um Handwerk. Ganz etwas anderes ist für mich Kino.
Nämlich?
Kino ist für mich immer noch der heilige Gral. Ich habe wahnsinnig viel Spaß daran, Fernsehen zu machen. Aber für mich ist Kino anders: Dort möchte ich experimentieren und das inkludiert auch die Möglichkeit zu scheitern.
Der österreichische Kinofilm ist ja nicht gerade bekannt dafür, den Massengeschmack zu bedienen.
Ich finde es gut, dass es in Österreich noch möglich ist, ganz besondere Gustostückerl zu kreieren, die sich auch mal nicht dem Fließband-Schema des Filmschaffens unterordnen. Das liegt daran, dass sich die Förderung immer noch auch als Kunstförderung versteht und nicht Quote machen muss. Das unterscheidet Österreich sehr von Deutschland.
Sie sind eine der wenigen Frauen, die als Regisseurin Teil des Serien-Hypes sind. Warum ist das so?
Ich weiß es eigentlich nicht, ich weiß nur, dass es so ist. Beim Kinofilm ist es ja anders, da agiert man in einem gewissen Rahmen völlig frei. Als bei mir dann Angebote vom Fernsehen kamen, waren die ein völliger Widerspruch zu dem, was ich davor fürs Kino gedreht hatte. Ich habe beispielsweise viele Liebesfilme angeboten bekommen, Romantic-Movies, und ich sage nicht, dass ich das nicht auch bin. Aber das hat mich schon sehr ans Klischee erinnert.
Wie gingen Sie damit um?
Mit dieser Situation habe ich zunächst gehadert. Ich wollte wie die „Buben“immer auch Tsching-Bumm-Filme machen. Das habe ich dann auch immer versucht zu forcieren. Dazu kommt auch noch mein Auftreten: Ich bin ein eher geerdeter Typ, selbstbewusst, das springt bei einem Erstgespräch mit Produzenten auch über.