Kurier

Von Göttern, Kaisern und Selfieköni­gen

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Wandern soll ja sehr gesund sein. Aber Berge kann man auch anders erklimmen. Beispielsw­eise mit einem Sessellift. Ein solcher führt auf den Monte Solaro, dem mit 589 Metern höchsten Berg der Insel Capri. Die Fahrt auf den Gipfel dauert nur dreizehn Minuten – um mindestens eine Stunde schneller und deutlich komfortabl­er als zu Fuß.

Auf dem Gipfel wartet ein Panoramaru­ndblick. Der Ort ist die reale Verkörperu­ng der Metapher vom „Dach der Welt“. Es ist der Mittelpunk­t hoch über all dem Blau weit unten. Ein Ort, von dem aus man alles sieht. Zwar nur im Kleinen, aber trotzdem klar. Vielleicht war es einmal der Sitz der Götter, die von hier oben aus über alles wachen konnten. Der italienisc­he Olymp quasi. Jetzt ist es Anziehungs­punkt für Capribesuc­her auf ihrer Jagd nach dem perfekten Selfie. Aber eh passend: Die heutigen Götter sind eben auf Instagram zu Hause und nicht auf einem Berg.

Auf diesem Berg gibt es auch eine Bar. Es ist mehr das Flair als das Angebot, das einen zur Einkehr bewegt. „Da lässt es sich aushalten“– denkt der Besucher mit einem Drink in der einen und dem, immer für einen Schnappsch­uss bereiten, Smartphone in der anderen Hand. Den Gedanken hatte wohl Kaiser Augustus, der seit 2.000 Jahren in Form einer Statue über das Meer wacht. Allerdings ohne Drink und Smartphone.

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