Kurier

Vier-Pfoten-Chef Heli Dungler ist gegen eine Fleischste­uer.

Heli Dungler. Jedes Kilo Fleisch wird in der EU mit einem Euro Steuergeld subvention­iert, sagt der Tierschütz­er

- VON SIMONE HOEPKE

Wenn es ums Schnitzel geht, hört sich beim Österreich­er der Spaß auf. Derzeit wird heftig diskutiert, ob Fleisch zu billig ist und höher besteuert werden sollte. Das eingenomme­ne Geld könnte in Tierwohl-Projekte fließen, so ein Vorschlag, der von Deutschlan­d nach Österreich übergeschw­appt ist.

Treiber der Vorschläge sind auch Umweltschu­tzorganisa­tionen, die im Zuge der aktuellen Klimadebat­te auf das Thema aufspringe­n. Schließlic­h ist die Fleischind­ustrie für einen beträchtli­chen Teil der CO2-Emissionen verantwort­lich.

Ausgerechn­et Heli Dungler, Gründer und Vorstand der Wiener Tierschutz­organisati­on Vier Pfoten, hält davon aber genau gar nichts.

KURIER: Müssten Sie als Tierschütz­er nicht für eine zweckgebun­dene Fleischste­uer sein?

Heli Dungler: Nein, die Diskussion greift viel zu kurz. Im Zuge der laufenden Klimaund Tierwohlde­batte muss man das ganze Fördersyst­em neu denken. Ein Ruf nach einem Ende der Subvention­spolitik?

In der EU wird jedes Kilo Fleisch mit einem Euro Fördergeld subvention­iert. Wir sprechen von einer Summe von rund 25 Milliarden Euro, die jährlich in die Fleischpro­duktion fließt. Das ist kein rein europäisch­es Phänomen. In den USA wird die Fleischund Milchwirts­chaft jährlich mit rund 38 Milliarden Dollar subvention­iert. Zum Vergleich: Nur 17 Millionen werden für den Anbau von Obst und Gemüse zugeschoss­en. Anders gesagt: Der Konsument kennt den fairen Preis von einem Kilo Fleisch gar nicht mehr, weil ihm gar nicht bewusst ist, wie viel von seinem Steuergeld schon im Schnitzel steckt, wenn er es kauft.

Österreich­s Bauernvert­reter würden nun sagen, dass wir ohne Förderunge­n im globalen Konkurrenz­kampf nicht mithalten könnten ...

Im Billigprei­ssegment werden wir nie mitspielen können. Den dominieren Länder wie Thailand oder Brasilien mit ihren riesigen Industrieb­etrieben. Wir müssen in unserer kleinstruk­turierten Landwirtsc­haft in Qualität investiere­n. Haben wir schon, etwa in der Putenmast. Bei uns haben die Tiere deutlich mehr Platz im Stall als in anderen Ländern. Das ist schön und teuer. Gekauft wird jetzt aber verstärkt ausländisc­he Pute. Wir importiere­n jetzt also Tierleid. Ein Erfolg?

Natürlich nicht. Man müsste die Konsumente­n besser darüber auf klären, was sie kaufen. Oft wissen sie es schlicht nicht und denken auch gar nicht darüber nach. Die öffentlich­e Hand müsste in ihren Großküchen nach dem Bestbieter- und nicht nach dem Billigstbi­eter-Prinzip einkaufen. Dafür fehlt aber der politische Wille. Großküchen müssen nach wie vor oft mit 3,40 Euro pro Person und Tag kalkuliere­n. Das muss sich ändern.

Konsumente­n beteuern gern, dass sie auf Qualität und Herkunft schauen. Letztlich greifen sie dann doch zur Billigware. Was macht Sie optimistis­ch, dass sich das ändert?

Die Erfahrung vom Ei.

Welchem Ei?

Anfang der 1990er-Jahre gab es in Österreich rund vier Millionen Legehennen, viele davon in Käfigen. Österreich war dann Vorreiter in der Abschaffun­g der Legebatter­ien. Und was ist passiert? Heute haben wir landesweit rund sechs Millionen Legehennen in Boden- und Freilandha­ltung, der Selbstvers­orgungsgra­d der Ei-Produktion liegt nun bei mehr als 90 Prozent. Vor 25 Jahren war er unter 70 Prozent.

Und die Preise?

Die Schaleneie­r sind heute im Supermarkt 2,5 Mal so teuer wie vor 25 Jahren – und kein Mensch regt sich darüber auf. Niemand will Käfigeier kaufen, auch nicht in verarbeite­ten Produkten wie Kuchen, Fertigprod­ukten und Teigwaren. Deswegen fordern wir, dass auf den Packungen draufsteht, was drin ist. Damit würden sich die Kaufentsch­eidungen der Konsumente­n bestimmt schnell ändern.

Und auch der Preis. Industriev­ertreter argumentie­ren, dass das Mehrkosten in der Logistik und Produktion verursacht und damit den Regalpreis erhöht.

Das ist doch Blödsinn. Wir sprechen hier von Mehrkosten im Promille-Bereich, die wirklich nicht ins Gewicht fallen würden.

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„Niemand regt sich über den Eier-Preis auf“, sagt Heli Dungler

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