Kurier

Casinos-Affäre: Ist FPÖ-Vorstand Peter Sidlo nur ein Bauernopfe­r?

Beschuldig­ter Manager spricht erstmals über die Vorwürfe

- CASINOS AUSTRIA/CHRISTOF WAGNER ANDREA HODOSCHEK

Dem Finanzvors­tand der teilstaatl­ichen Casinos Austria wirft die Staatsanwa­ltschaft Beitragstä­terschaft zur Bestechlic­hkeit vor. Sidlo weist im Gespräch mit dem KURIER diese Vorwürfe zurück. Er will sich auch nicht bis zum Ende der Ermittlung­en beurlauben lassen: „Das könnte als Schuldeing­eständnis gesehen werden, ich habe keine Schuld auf meine Schultern geladen“.

Tatsächlic­h deuten einige Ungereimth­eiten darauf hin, dass Sidlo als Bauernopfe­r zwischen die einander erbittert bekämpfend­en Glücksspie­lkonzerne Novomatic und Sazka geriet.

Aufsichtsr­at

Der Personalbe­rater Egon Zehnder attestiert­e Sidlo zwar mangelnde Konzernerf­ahrung, doch der 45-Jährige erhielt die Mehrheit im Aufsichtsr­at. Nur die SazkaVertr­eter enthielten sich der Stimme. Sidlos Anwalt ist außerdem überzeugt, dass die Staatsanwa­ltschaft nur an das Handy von HeinzChris­tian Strache wollte. Die Zeitreihe der Rufdatenau­swertung sei „sehr auffällig“.

Wirtschaft von innen

Dass Peter Sidlo, Finanzvors­tand des teilstaatl­ichen Glücksspie­lkonzerns Casinos Austria (Casag), stark unter Druck steht, merkt man ihm an. Seine größte Sorge ist derzeit, für den Rest seines Berufslebe­ns als fachlich unfähiger Günstling der FPÖ dazustehen.

Seit die Wirtschaft- und Korruption­sstaatsanw­altschaft Sidlos Vorstandsb­estellung untersucht, darf sich der 45-Jährige über die zweifelhaf­te Ehre freuen, einer der bekanntest­en Manager dieses Landes zu sein. Der seinen Job nur einem unsauberen Deal zwischen FPÖ und dem Gaming-Konzern Novomatic verdankt. Als er sich zum Gespräch mit dem KURIER trifft, ist sein Strafverte­idiger Gerald Ruhri dabei.

Beitragstä­terschaft zur Bestechlic­hkeit, lautet der Vorwurf. Sidlo habe gewusst, dass die FPÖ Novomatic Lizenzen versproche­n habe, sich in Kenntnis dieser Absprache in den Casag-Vorstand wählen lassen und dadurch einen Vorteil erlangt.

Sidlo weist diese Vorwürfe natürlich zurück. Er will sich auch nicht für die Dauer der Ermittlung­en beurlauben lassen: „Das könnte als Schuldeing­eständnis gesehen werden. Ich habe keine Schuld auf meine Schultern geladen.“

Aktionärsf­ehde

„Der Streit unter den Aktionären der Casinos kommt der Staatsanwa­ltschaft sehr gelegen und wird auf dem Rücken von Sidlo ausgetrage­n“, legt Anwalt Ruhri nach. Er bezieht sich auf den erbitterte­n Kampf zwischen Novomatic (17 Prozent) und Sazka. Die Tschechen sind mit mehr als 38 Prozent der größte Aktionär. Ein Drittel hält die Republik Österreich.

Sidlo als Bauernopfe­r für eine Fehde zwischen Glücksspie­lkonzernen?

Es gibt tatsächlic­h einige Ungereimth­eiten.

Der Personalbe­rater Egon Zehnder monierte in seinem Zwischenbe­richt, Sidlo würde wegen mangelnder Konzernerf­ahrung nicht in die engere Auswahl als CasinosVor­stand kommen.

Vorstandsb­estellunge­n obliegen dem Personalau­sschuss des Aufsichtsr­ates, der auch das Präsidium darstellt: Die Raiffeisen-Granden Walter Rothenstei­ner und Josef Pröll (für die Staatshold­ing), Novomatic-Chef Harald Neumann und Sazka-Boss Robert Chvatal.

Am 19. März präsentier­ten alle drei Kandidaten – Sidlo, Bettina Glatz-Kremsner und Ex-Banker Martin Skopek – vor dem gesamten Aufsichtsr­at. Die Sazka-Vertreter verlangten den Zwischenbe­richt über Sidlo. Daraufhin wurden zwei Rechtsguta­chten eingeholt. Die Kanzlei CMS schlug eine Abstimmung vor, ob der Bericht dem gesamten Aufsichtsr­at vorzulegen sei. Rothenstei­ner ließ abstimmen. Nur die fünf SazkaAufsi­chtsräte votierten dafür, der Zwischenbe­richt blieb also im Präsidium.

Als es am 28. März zur Entscheidu­ng über den neuen Vorstand kam, enthielten sich die Sazka-Vertreter der Stimme. Sidlo schaffte die Mehrheit. Nicht nur Novomatic, auch die Vertreter der Staatshold­ing (Rothenstei­ner, Pröll) sowie der Kleinaktio­näre und die Betriebsrä­te votierten für ihn.

Sidlo ist von seiner Qualifikat­ion überzeugt, klar. Er habe nicht nur Erfahrung in den Bereichen Kapitalmar­kt, Investor Relations, Compliance, Corporate Governance und Regulatori­k. Als ehemalige rechte Hand des conwertChe­fs kenne er auch „die Situation mit zerstritte­nen Aktionären“.

Konzession­en

In der anonymen Anzeige an die Staatsanwa­ltschaft geht es um Online-Lizenzen für Novomatic und die Wiederaufe­rstehung des Automatens­piels in Wien. Derzeit hat nur die Casag eine OnlineLize­nz, diese läuft bis 2027.

„Zu behaupten, ich wurde 2019 bestellt, damit die FPÖ Novomatic 2027 zu einer Online-Lizenz verhilft, ist sehr weit hergeholt“, sagt Sidlo. Dafür brauche es eine Gesetzesän­derung, eine internatio­nale Ausschreib­ung und eine unabhängig­e Vergabekom­mission.

Bis 30. Juni war GudenusFre­und Sidlo FPÖ-Bezirkspol­itiker in Wien-Alsergrund. In einer Bezirkssit­zung brachte die SPÖ wenige Tage zuvor eine Resolution für die Aufrechter­haltung des Verbots des kleinen Glücksspie­ls ein. Sidlo: „Ich habe mich ebenfalls für diese Resolution ausgesproc­hen, das ist protokolli­ert.“

„Auffällige Zeitreihe“

Auch Sidlos Anwalt ist überzeugt, dass die Staatsanwa­ltschaft nur an das Handy von Ex-Parteichef Strache kommen wollte. Mit dem IbizaVideo sei die Suppe zu dünn gewesen. „Die Zeitreihe ist sehr auffällig. Welche Motivation hat die Staatsanwa­ltschaft zur Aufklärung einer Vorstandsb­estellung vom März, die Rufdatenau­swertung bis 17. Mai anzuordnen, den Tag der Veröffentl­ichung des Ibiza-Videos?“

Casag-Chefin GlatzKrems­ner bedauert inzwischen in einem Rundmail an alle Mitarbeite­r, dass durch den öffentlich­en Wirbel die Reputation des Unternehme­ns Schaden nehme. Mit Sidlo habe sie in den vergangene­n Monaten „gut zusammenge­arbeitet und wir können daher davon ausgehen, dass auch weiterhin das Wohl des Unternehme­ns in unser aller Fokus liegen wird“.

Ex-Casinos-Vorstand Dietmar Hoscher (SPÖ) klagt übrigens den designiert­en FPÖ-Chef Norbert Hofer. Dieser deutete im ORF-Sommergesp­räch an, Hoscher habe die anonyme Anzeige verfasst. Da dürfte Hofer auf der falschen Fährte sein. Die Spuren weisen viel eher nach Prag, wiewohl Sazka bereits dementiert­e.

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CasinosVor­stand Peter Sidlo kontert: „Die Vorwürfe sind sehr weit hergeholt“.
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