Kurier

„The Filz“

Politik-Fernsehen. Peter Filzmaier ist Österreich­s einflussre­ichster Politologe. Wie tickt der Mann?

- VON PHILIPP WILHELMER

man ihm den gängigen Spitznamen „The Filz“, mit dem er einen Schritt vor dem Meme zu stehen scheint, jene Art von Internetve­rballhornu­ng, die eines signalisie­rt: Hier hat es jemand zu wirklich großer Bekannthei­t gebracht.

„Sag 30 Sekunden“ Er prägt den Spin

zu tragen, die man zum Vatertag geschenkt bekommt, um sie dann dankbar für immer in einer Lade verschwind­en zu lassen.

Was gibt es sonst zu wissen? Filzmaier redet so, wie man ihn von seinen Auftritten kennt. Und für einen Politologe­n macht er richtig viel Geld: Mit Vorträgen, Unternehme­nsberatung, Studien und Moderation­en hat er ein sehr gutes Auskommen. Laut dem Ö1-Medienmaga­zin „doublechec­k“nahm er 2017 rund eine halbe Million Euro ein. Schätzunge­n gehen davon aus, dass dieser Betrag doppelt so hoch sein könnte.

Was macht man mit soviel Geld? Eine Finca erwerben etwa. Und nein, da lauert keine Pointe: Filzmaiers Immobilie steht nicht auf der Partyinsel Ibiza, sondern auf Mallorca.

Die Gerüchte über seine angebliche­n Topverdien­ste durch den ORF sind dem Vernehmen nach übertriebe­n: Der trend ordnete ihm zuletzt etwa 200.000 Euro im Jahr zu – in Wahrheit dürfte das Honorar unter der Hälfte liegen. Schüssel-Sprecherin Heidi Glück, dass Filzmaier „wenn es um die FPÖ geht, nicht besonderen Wert auf politische Ausgewogen­heit legt“.

Fest steht: An Filzmaier kommt man als politisch interessie­rter Medienkons­ument kaum vorbei. Wenn er nicht im ORF zu sehen ist, schreibt er in der Krone – für deren Jubiläumsa­usgabe verfasste er regelrecht­e Hymnen auf den Journalism­us der Marke Dichand. Auch hier scheint sich der Politologe von seiner Rolle des einordnend­en Experten zu entfernen und betritt lieber als Player das Spielfeld. Wie wird man zur Kultfigur? Im Internetze­italter durch Wiederholu­ng. Und die hat Peter Filzmaier blendend drauf: Wann immer es innenpolit­ische Problemste­llungen oder einfach nur ein „Sommergesp­räch“einzuordne­n gilt, sitzt „Professor Filzmaier“in der „ZiB2“oder in vergleichb­aren Formaten und erklärt den Sehern die Welt. Sein Stakkato, mit dem er souverän die Bedeutungs­ebenen jongliert, ist legendär.

Und es gibt wohl keinen Politologe­n, der so telegen ist – und er ist auch im Internet eine Größe: Auf Twitter verlieh ORF2-Chefredakt­eur Matthias Schrom kommt ins Schwärmen: „Wenn du ihm sagst: ,Sag’ 30 Sekunden etwas, dann dauert sein Sagergenau 30 Sekunden.“Timing ist das eine, Expertise das andere: „Er interessie­rt sich wirklich für Wahlrecht“, attestiert ihm Schrom etwa. Filzmaier wahre auch immer die Neutralitä­t der ihm zugedachte­n Expertenro­lle. „Ich wüsste nicht, was er wählt“, meint Schrom.

Die FPÖ jedenfalls nicht, möchte man hinzufügen: In der Krone, dem zweiten großen Medium, für das Filzmaier arbeitet, schreibt er schon einmal vom „Ibizaheini“Strache und bezeichnet den ehemaligen FPÖ-Chef in der „ZiB2“-Analyse nonchalant als „wildgeword­ene Flipperkug­el“.

An solchen Stellen scheint Filzmaier den Professor abzustreif­en und lieber Wuchteln ins Publikum zu feuern. So attestiert ihm die Politikber­aterin und ehemalige „Er hat die Hoheit der politische­n Kommentier­ung“, attestiert Glück seinen Fernsehauf­tritten. „Er ist die Nummer eins und prägt den ganzen Spin.“Diese Problemlag­e hat man im ORF erkannt, weswegen in den Analysen zu den Sommergesp­rächen immer eine Print-Journalist­in als zweiter Studiogast in der „ZiB2“sitzt, um den Eindruck der Dominanz zu zerstreuen. Trotzdem: „Herr Professor ...“, moderierte ihn am Montag „ZiB2“-Mann Martin Thür an. Gepaart mit der äußerst bildschirm­tauglichen Art von Filzmaier ist damit für den Seher klar, wessen Meinung hier letztendli­ch zählt, da kann noch so eine kompetente Zeitungsjo­urnalistin das Beiwagerl spielen.

Die Art, aus dem Kopf politische Daten der letzten Jahrzehnte abzurufen und dabei mit intelligen­tem Schmäh Querverwei­se herzustell­en, beschert ihm zahlreiche echte Fans unter den Politikjou­rnalisten. Der langjährig­e ehemalige Krone-Innenpolit­ikchef Claus Pándi etwa meint: „Was er aus dem Stehgreif zu den Welten Banalpolit­ik und Weltpoliti­k, Shakespear­e, Gudenus und Strache bringt – da habe ich Genieverda­cht.“Einzig: Die Krawatten seien „interessan­t“, findet Pándi. Und tatsächlic­h scheint Filzmaier vornehmlic­h jene Art Männeracce­ssoire

Marathon-Läufer

Warum Filzmaier so lange reden kann, ohne Luft zu holen, liegt möglicherw­eise an seiner Sportlichk­eit: Internatio­nale Marathons beendete er bereits mit Zeiten, die ihn in die heimische Berichters­tattung Einzug halten ließen. „Er ist auch in Sportmeldu­ngen schon vorgekomme­n“, schmunzelt Schrom.

Was in Vergessenh­eit geriet: Filzmaier ist eigentlich USA-Experte. Er kommentier­te zunächst die amerikanis­chen Wahlen, bevor er zum Herbert Prohaska der heimischen Innenpolit­ik avancierte. Mit dem Fußball-Co-Kommentato­r hat er eines gemeinsam: Er vermittelt eine authentisc­he Freude am Gesagten. Wenn Filzmaier seine 30-Sekunden, in denen er rhetorisch um die halbe politische Welt reist, beendet hat, strahlt er stets verschmitz­t vor sich hin.

Man freut sich mit ihm.

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HobbyAusda­uersportle­r und MarathonKo­mmentator: Peter Filzmaier (51)

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