Kurier

Ende der Konsens-Ära

- VON MARTINA SALOMON martina.salomon@kurier.at

Ist der Politikert­ypus des Rudolf Hundstorfe­r mit ihm gestorben? Großkoalit­ionär, sozialpart­nerschaftl­ich, jovial. Ein Pragmatisc­her, der mit allen konnte – mit dem man auch etwas „auspackeln“konnte. Politisch ging es um leben und leben lassen. Er übernahm unaufgereg­t den nach der Bawag-Affäre am Boden zerstörten ÖGB. Als Sozialmini­ster drehte er diskret an der Pensionsre­formschrau­be – in Wahrheit zu wenig, aber mehr konnte und wollte er seiner roten Klientel nicht zumuten. Er hätte einen guten gemeinsame­n Präsidents­chaftskand­idaten der Großen Koalition abgeben können. Die krachende Niederlage von Rot und Schwarz bei der letzten Hofburgwah­l markiert auch irgendwie das Ende dieser rot-schwarzen Konsenspol­itik: eine Politik, die den Staat durchdrang (und noch durchdring­t), samt Proporzbes­tellungen in staatsnahe­n Betrieben und bis hin zu roten und schwarzen Bauträgern. Nicht einmal die Justiz blieb davon verschont.

Schwer erschütter­t wurde dieser rot-schwarze Konsens erstmals, als die „bürgerlich­e“Creditanst­alt hinter dem Rücken der ÖVP verkauft wurde. 1997 übernahm die „rote“Bank Austria die Mehrheit an der CA und ihrer Industrieb­eteiligung­en. Ein Bruch, der Jahre später zu Schwarz-Blau führte – was wiederum die SPÖ als Sündenfall betrachtet­e. Blaue zogen in Staatsfunk­tionen ein – die FPÖ tat also genau das, was sie an Rot-Schwarz immer angeprange­rt hatte. Die jüngste türkis-blaue Regierung wiederum traf die Sozialdemo­kratie ins Mark, indem sie mit der Vorherrsch­aft der Gewerkscha­fter im Gesundheit­swesen aufräumte und die Macht in Richtung der Wirtschaft­svertreter verschob. Die Zeit der geräuschlo­sen Aufteilung der Republik ist vorbei. Das macht die Politik aggressive­r – meist aber auch nicht besser, weil ja nicht das überholte Nachkriegs­system geändert, sondern nur Rote durch Blaue ersetzt wurden.

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