Heiße Stadt, coole Aktionen
Baubeginn für kühlende Umgestaltung der Zieglergasse. Doch wie sieht es bei Neuprojekten aus?
Klimaschutz. Die Stadt präsentiert fast täglich Maßnahmen, die Gassen und Straßen kühler machen sollen. Aber wie viel wird bei Neubauprojekten getan?
Mehr Schatten, mehr Wasser, mehr Sitzplätze. Die Zieglergasse wird Wiens erste „klimaangepasste Straße“. Gestern, Mittwoch, haben Bezirk und Stadt den Baubeginn verkündet. Konkret werden 24 Bäume gesetzt und vier Kühlbögen (gebogenen Stangen, aus denen Sprühnebel kommt, Anm.) errichtet, zudem kommen fünf Pergolen sowie 32 Sessel. An vier Stellen werden platzartige Flächen mit heller, sonnenlicht reflektierender Pflasterung geschaffen.
Der Spatenstich der „Kühlen Meile“war nach der Präsentation der Wartehäuschen am Montag diese Woche bereits der zweite Termin, bei de meine Klima schutzmaßnahme präsentiert wurde.
Und das waren bei weitem nicht die einzigen: Sprühnebelduschen, Hitzekarte, „coole Straßen“; in diesem Sommer vergeht kaum eine Woche, in der die Stadt nicht zumindest eine kühlende Aktion setzt.
Marketingmaßnahme
In Zeiten der Klimakrise und einem Sommer, der die HitzeRekorde einmal mehr brechen könnte, begrüßen Experten die Initiativen, die von der Stadt in der jüngsten Zeit gesetzt wurden. Aber wie sieht es abseits der medienwirksamen Ankündigungen aus? Wie gut werden Klimaschutzmaßnahmen in Stadtund Wohnbauprojekte von vornherein integriert?
„Das funktioniert leider noch ganz schlecht“, sagt Azra Korjenic, Leiterin des Forschungsbereichs Ökologische Bautechnologien an der TU Wien. „Man denke an den Hauptbahnhof, an das Eurogate (Fred-Zinnemann-Platz) auf den Aspanggründen: Da ist alles zubetoniert worden.“
Manfred Tacker, Fachbereichsleiter der Abteilung „Nachhaltiges Ressourcenmanagement“am FH-Campus Wien, sieht das genauso: „Selbst bei den Wohngebieten rund um den neuen Haupt
„Die klimatische Situation wird immer mehr berücksichtigt. Man muss der Stadt ein Lob aussprechen.“Florian Reinwald Universität für Bodenkultur
bahnhof gibt es viel zu wenig Begrünung.“
„Schauen Sie sich die neuen Bauprojekte wie den Hauptbahnhof an – alles ist zubetoniert.“Azra Korjenic Technische Universität
Jahrelange Planung
Ganz könne man die beiden Projekte jedoch nicht vergleichen, heißt es dazu aus dem Büro von Planungsstadträtin Birgit Hebein (Grüne). Arbeiten des Straßenbaus – und darum handle es sich bei der Zieglergasse – hätten eine wesentlich kürzere Vorlaufzeit als Stadtentwicklungsprojekte wie der Hauptbahnhof; hier reiche die Planung Jahrzehnte zurück. Aber ja, wird eingeräumt, in puncto Begrünung, etwa der Fassade, gebe es Aufholbedarf.
Bei neuen Bauprojekten, hakt Florian Reinwald vom Institut für Landschaftsplanung an der Universität für Bodenkultur ein, werde dem Kli
ma mittlerweile sehr wohl ein Stellenwert eingeräumt.
Ein Beispiel? „Seit der jüngsten Bauordnungsnovelle kann Fassadenbegrünung über den Bebauungsplan vorgeschrieben werden.“Es gebe zudem Vorzeigeprojekte wie die Biotope City am Wienerberg mit umfangreichen Begrünungen. Und auch in der Seestadt hat Reinwald ein interessantes Projekt begleitet. Ziel war, bereits bei städtebaulichen Masterplänen kli
matische Aspekte zu berücksichtigen, also Gebäude und Bäume so anzuordnen, dass eine ausreichende Durchlüftung entsteht oder die Südseiten von Häuserfronten begrünt werden.
All diese Maßnahmen können Korjenic und Tacker gutheißen, beide sind aber der Meinung: Es muss sich mehr tun. Korjenic holt aus: „Es gibt ja ständig Ausbesserungsarbeiten der Stadt – auf der Straße, an Fassaden. Wieso wird hier nicht jedes Mal auf eine Klimaschutzmaßnahmen getroffen?“Also etwa Grüninseln im Straßenraum. Oder: „Wenn Beton verlegt wird, dann einer, der hell ist, der das Sonnenlicht reflektiert.“Oder auch: „Ein verpflichtender Grünanteil bei allen Neubauten.“