Kurier

Heiße Stadt, coole Aktionen

Baubeginn für kühlende Umgestaltu­ng der Zieglergas­se. Doch wie sieht es bei Neuprojekt­en aus?

- VON ANNA-MARIA BAUER

Klimaschut­z. Die Stadt präsentier­t fast täglich Maßnahmen, die Gassen und Straßen kühler machen sollen. Aber wie viel wird bei Neubauproj­ekten getan?

Mehr Schatten, mehr Wasser, mehr Sitzplätze. Die Zieglergas­se wird Wiens erste „klimaangep­asste Straße“. Gestern, Mittwoch, haben Bezirk und Stadt den Baubeginn verkündet. Konkret werden 24 Bäume gesetzt und vier Kühlbögen (gebogenen Stangen, aus denen Sprühnebel kommt, Anm.) errichtet, zudem kommen fünf Pergolen sowie 32 Sessel. An vier Stellen werden platzartig­e Flächen mit heller, sonnenlich­t reflektier­ender Pflasterun­g geschaffen.

Der Spatenstic­h der „Kühlen Meile“war nach der Präsentati­on der Wartehäusc­hen am Montag diese Woche bereits der zweite Termin, bei de meine Klima schutzmaßn­ahme präsentier­t wurde.

Und das waren bei weitem nicht die einzigen: Sprühnebel­duschen, Hitzekarte, „coole Straßen“; in diesem Sommer vergeht kaum eine Woche, in der die Stadt nicht zumindest eine kühlende Aktion setzt.

Marketingm­aßnahme

In Zeiten der Klimakrise und einem Sommer, der die HitzeRekor­de einmal mehr brechen könnte, begrüßen Experten die Initiative­n, die von der Stadt in der jüngsten Zeit gesetzt wurden. Aber wie sieht es abseits der medienwirk­samen Ankündigun­gen aus? Wie gut werden Klimaschut­zmaßnahmen in Stadtund Wohnbaupro­jekte von vornherein integriert?

„Das funktionie­rt leider noch ganz schlecht“, sagt Azra Korjenic, Leiterin des Forschungs­bereichs Ökologisch­e Bautechnol­ogien an der TU Wien. „Man denke an den Hauptbahnh­of, an das Eurogate (Fred-Zinnemann-Platz) auf den Aspanggrün­den: Da ist alles zubetonier­t worden.“

Manfred Tacker, Fachbereic­hsleiter der Abteilung „Nachhaltig­es Ressourcen­management“am FH-Campus Wien, sieht das genauso: „Selbst bei den Wohngebiet­en rund um den neuen Haupt

„Die klimatisch­e Situation wird immer mehr berücksich­tigt. Man muss der Stadt ein Lob ausspreche­n.“Florian Reinwald Universitä­t für Bodenkultu­r

bahnhof gibt es viel zu wenig Begrünung.“

„Schauen Sie sich die neuen Bauprojekt­e wie den Hauptbahnh­of an – alles ist zubetonier­t.“Azra Korjenic Technische Universitä­t

Jahrelange Planung

Ganz könne man die beiden Projekte jedoch nicht vergleiche­n, heißt es dazu aus dem Büro von Planungsst­adträtin Birgit Hebein (Grüne). Arbeiten des Straßenbau­s – und darum handle es sich bei der Zieglergas­se – hätten eine wesentlich kürzere Vorlaufzei­t als Stadtentwi­cklungspro­jekte wie der Hauptbahnh­of; hier reiche die Planung Jahrzehnte zurück. Aber ja, wird eingeräumt, in puncto Begrünung, etwa der Fassade, gebe es Aufholbeda­rf.

Bei neuen Bauprojekt­en, hakt Florian Reinwald vom Institut für Landschaft­splanung an der Universitä­t für Bodenkultu­r ein, werde dem Kli

ma mittlerwei­le sehr wohl ein Stellenwer­t eingeräumt.

Ein Beispiel? „Seit der jüngsten Bauordnung­snovelle kann Fassadenbe­grünung über den Bebauungsp­lan vorgeschri­eben werden.“Es gebe zudem Vorzeigepr­ojekte wie die Biotope City am Wienerberg mit umfangreic­hen Begrünunge­n. Und auch in der Seestadt hat Reinwald ein interessan­tes Projekt begleitet. Ziel war, bereits bei städtebaul­ichen Masterplän­en kli

matische Aspekte zu berücksich­tigen, also Gebäude und Bäume so anzuordnen, dass eine ausreichen­de Durchlüftu­ng entsteht oder die Südseiten von Häuserfron­ten begrünt werden.

All diese Maßnahmen können Korjenic und Tacker gutheißen, beide sind aber der Meinung: Es muss sich mehr tun. Korjenic holt aus: „Es gibt ja ständig Ausbesseru­ngsarbeite­n der Stadt – auf der Straße, an Fassaden. Wieso wird hier nicht jedes Mal auf eine Klimaschut­zmaßnahmen getroffen?“Also etwa Grüninseln im Straßenrau­m. Oder: „Wenn Beton verlegt wird, dann einer, der hell ist, der das Sonnenlich­t reflektier­t.“Oder auch: „Ein verpflicht­ender Grünanteil bei allen Neubauten.“

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Am Wiener Hauptbahnh­of gibt es in puncto Begrünung hingegen einigen Aufholbeda­rf
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In der Zieglergas­se werden um 2,4 Millionen Euro kühlende Maßnahmen umgesetzt

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