Britischer Premier Johnson zu Merkel: „Wir schaffen das“
Deutschland. Zuerst Berlin, dann Paris: Boris Johnson ist auf Tour und will das BrexitAbkommen noch einmal aufmachen. Oder hat er etwas anderes vor?
„Wir schaffen das! Oder? So lautet doch die Phrase?“, fragt Boris Johnson und zitiert damit ausgerechnet jenen Satz seiner Gastgeberin, der sie seit dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise verfolgt. Was sich Angela Merkel in diesem Moment dachte? Sie verzieht keine Miene.
Da ist er also der neue britische Premier, der beim Militär-Empfang an Merkels Seite ein bisschen unsicher wirkt. Mal nach oben, dann nach unten schaut – als könne er es selbst noch nicht ganz glauben. Aber es ist wahr. Genauso wie die Tatsache, dass er die Briten aus der EU holen will. Nun aber nachjustieren möchte. Nämlich am Backstop – der müsse weg, so Johnson. Diese Klausel besagt, dass die britische Provinz Nordirland – wenn kein neues Grenzabkommen mit der Republik Irland zustande kommt – in einer Zollunion mit der EU bleibt.
An seiner Forderung hält er auch gestern fest. Ebenso wie die Kanzlerin, die das Wieder-Aufmachen des Austrittsabkommens ablehnt. Den Backstop sieht sie als Übergangsregel für die nicht endgültig gelöste Irland-Frage. Man sei bislang davon ausgegangen, eine endgültige Lösung in den nächsten zwei Jahren zu finden. „Aber man kann sie vielleicht ja auch in den nächsten 30 Tagen finden.“Was sie noch in Aussicht stellt: Den Austritt so zu gestalten, dass es weiterhin gute Beziehungen zwischen Großbritannien und der EU sowie Deutschland möglich seien. Aber: Man bereite sich auch auf ein No-Deal-Szenario vor. Botschaft: An ihr und der EU soll es also nicht scheitern. Der Ball liege nun bei Johnson.
Dieser versucht das Bild von ungeregelten Austrittsabsichten zu zerstreuen, auch er wolle einen geregelten Brexit. Laut einem internen Regierungspapier, das von der Sunday Times veröffentlicht wurde, wäre das Land nicht darauf vorbereitet. Man rechne mit Engpässen bei Lebensmitteln und Medikamenten.
Wird man also noch einen Kompromiss finden oder lässt es Johnson auf einen Showdown zukommen? Seine Besuche in Berlin und heute in Paris stimmen deutsche Politikern jedenfalls skeptisch. Franziska Brantner, außenpolitische Sprecherin der Grünen, glaubt an eine Show: „Der britische Premier sammelt Körbe der europäischen Staats- und Regierungschefs, um sich dann hinstellen zu können und zu sagen, die EU habe den harten Brexit provoziert, weil sie den Briten nicht entgegenkam.“