Kurier

Großer Rummel ist nicht seins

Vincent Kriechmayr. Das Speed-Ass über Argentinie­n, zurückgetr­etene Kollegen und Social Media

- VON CHRISTOPH GEILER

Abfahrer Vincent Kriechmayr genießt die argentinis­che Ruhe.

Der Winter hat sich gut versteckt. Wer ihn finden will, der braucht viel Sitzf leisch und sollte außerdem keine Flugangst haben. Einen Tag dauert die beschwerli­che Anreise nach Ushuaia auf der Insel Feuerland. Das Klima dort ist rau, die Gegend schroff, nicht von ungefähr wird die argentinis­che Kleinstadt gemeinhin „Fin del Mundo“genannt, das „Ende der Welt“.

Für Profi-Skifahrer ist die südlichste Stadt der Welt im europäisch­en Hochsommer ein Winter-Paradies. Auf den Pisten rund um Ushuaia holen sie sich den Feinschlif­f für die nächste Weltcupsai­son. Aktuell trainieren gerade die ÖSV-Abfahrer rund um Vincent Kriechmayr im Süden von Argentinie­n.

KURIER: Herr Kriechmayr, wie ist es denn so am Ende der Welt?

Vincent Kriechmayr: Es ist jedenfalls ganz und gar nicht schlimm. Im Gegenteil: Wir finden hier super Bedingunge­n vor, wir können uns in Ruhe vorbereite­n, wir genießen die Zeit richtig. Außerdem haben wir’s mit Ushuaia eh noch gut erwischt. Die Alternativ­e Neuseeland ist ja noch einmal ein Stück weiter.

Bleibt bei so einer Reise denn auch Zeit, um Land und Leute kennenzule­rnen?

Eher wenig. Wir müssen versuchen, die Zeit hier bestmöglic­h zu nutzen und uns auf das Wesentlich­e zu konzentrie­ren. Und das ist nun einmal das Skifahren.

Womit wir schon beim Thema wären: Sie haben eine Saison mit zwei WM-Medaillen und dem Sieg bei der Lauberhorn­abfahrt hinter sich. Steigen dadurch zwangsläuf­ig die Ansprüche? Natürlich will man immer mehr. Das Schöne am Skisport ist, dass man sich immer weiter verbessern kann und dass die Entwicklun­g nie stoppt. Das ist ein Anreiz. Ich sehe noch viele Bereiche, in denen ich mich verbessern kann.

Inwieweit hat der reiche vergangene

Ihr Leben verändert? Vielleicht werde ich heute in der Öffentlich­keit schon et

erfolgWint­er was häufiger erkannt. Aber grundsätzl­ich kann ich meine Privatsphä­re noch sehr geheim halten. Solange der Marcel (Hirscher, Anm.) fährt, nimmt er uns anderen, was das betrifft, sehr viel ab. Wenn man erfolgreic­h ist, dann wird man automatisc­h auch bekannt. Wobei ich an sich nicht bekannt sein möchte. Was stört Sie daran?

Klar, es ist wunderschö­n, wenn man Erfolge feiern darf. Aber mein Ziel war es nie, berühmt zu werden. Ich wollte immer nur Ski fahren, weil es meine Leidenscha­ft ist.

Vor Ihnen liegt eine Saison ohne Großereign­is. Kann man von einer Übergangss­aison sprechen?

Nein, weil es um sehr viel geht. Es hat schon lange keinen österreich­ischen Speedfahre­r mehr gegeben, der eine Kugel gewinnen konnte. Der letzte war Klaus Kröll, und das ist schon sieben Jahre her. Das sollten wir schon einmal bereinigen. Am Ende des Jahres sollte für einen von uns eine Kugel rausschaue­n.

Mit Lindsey Vonn, Felix Neureuther und Aksel Lund Svindal haben drei Ski-Stars heuer ihre Karriere beendet. Wie groß ist der Verlust?

Richtig beurteilen kann ich das nur bei den Herren, aber die Lücke ist riesig. Felix und Aksel waren ja nicht nur aus sportliche­r Sicht top, die waren auch menschlich super Typen. Jeder hat sie gern gehabt, jeder hat sie geschätzt. Die zu ersetzen, wird sehr schwierig. Und bei der Lindsey brauchen wir gar nicht reden: Sie war sowieso die berühmtest­e und erfolgreic­hste Läuferin im Weltcup überhaupt.

Wegen der Olympische­n Spiele 2022 macht der Weltcup in diesem Winter auch in Peking Station. Hätten Sie jemals gedacht, dass Sie in China Ski fahren würden?

Ehrlich gesagt hab’ ich mir darüber nie Gedanken gemacht. Wir müssen es eh alles nehmen, wie es kommt. Wobei ich schon sehr gespannt bin, was mich dort erwartet. Wenn das wirklich so ist, dass dort nur irgendwas aufgebaut wird, dann wird das sicher nicht so nachhaltig. Aber sobald der Pieps der Zeitmessun­g im Starthaus geht, muss ich rausstarte­n, und dann werde ich mein Bestes geben. Das ist unser Job.

Abschließe­nd noch: Ihr letzter Facebook-Eintrag stammt vom 7. April, auf Instagram haben Sie 24 Einträge. Kann es sein, dass Sie mit Social Media nicht viel anfangen können?

Ich schau’s mir schon an, aber ich muss zugeben, dass ich in dieser Hinsicht sehr unkreativ bin. Ich informiere mich darüber, was meine Kollegen so machen, ich kann mich selbst damit aber nicht ganz identifizi­eren. Cool ist es zum Beispiel, wie es Manuel Feller macht. Aber vielleicht kommt ja auch bei mir die Phase noch, in der ich auf Social Media Gas gebe.

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Viva Argentina: Das geplante Trainingsl­ager in Chile musste wegen Schneemang­els abgesagt werden, nun trainieren Vincent Kriechmayr und Kollegen in Ushuaia

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