Kurier

Auf dem Land Bargeld beheben

Bargeld. Gemeindebu­nd und Mastercard starten Kooperatio­n, um Infrastruk­tur am Land zu stärken.

- VON CHRISTINE KLAFL

Neues Service soll Abheben beim Wirten oder Greißler ermögliche­n.

Der Wirt will zusperren, weil er keinen Nachfolger findet. Der Greißler hat aufgegeben, weil die Kundschaft auf dem Weg zum Arbeitspla­tz und nicht daheim einkauft. Trafik und Bank samt Geldausgab­eautomaten gibt es ohnehin schon lange nicht mehr. So brach liegt die Infrastruk­tur in vielen kleinen Gemeinden in Österreich. Mario Pulker, Obmann des Fachverban­des Gastronomi­e in der Wirtschaft­skammer, kann selbst ein Lied davon singen. Sein Hotel „Residenz Wachau“in Aggsbach Dorf liegt mitten am hochfreque­ntierten Donauradwe­g. „Zwischen Melk und Rossatz auf knapp 30 Kilometern gibt es keinen einzigen Bankomaten“, sagt Pulker. Bargeld kann so zur Mangelware werden. Das soll sich ändern.

Der Gemeindebu­nd hat mit Mastercard eine Kooperatio­n abgeschlos­sen, die die Bargeldver­sorgung am Land ankurbeln soll. Im Supermarkt mit Bankomat- oder Debitkarte zahlen und gleichzeit­ig Bares abheben – das ist aktuell schon möglich. Die Rewe-Gruppe (Billa, Merkur, Penny, Bipa), Lidl und seit Kurzem auch Unimarkt haben das schon eingeführt. Schön langsam kommen auch Gastronome­n auf den Geschmack, erzählt Christian Schicker von Mastercard Austria. Gäste von Kolariks Luftburg im Wiener Prater können, wenn sie ihre Stelze mit Bankomatka­rte zahlen, gleich auch Geld beheben. Diesem Beispiel sollen nun viele Dorfwirte folgen. So es sie noch gibt.

Roger Klimek, Chef der Raiffeisen­bank Oberland (Tirol), erzählt, dass mit Bargeldver­sorgung auch Gastronome­n angelockt werden könnten. In zwei Gemeinden „seiner“Umgebung hätten in Pilotproje­kten zwei Dorfwirte aufgesperr­t. Die Handkassen mit 5.000 Euro, die ihnen zur Verfügung gestellt wurden, um genug Bares zur Auszahlung zur Verfügung zu haben, wären gar nicht benötigt worden. In der Regel nehmen Gastronome­n viel mehr Bargeld ein, als sie rausgeben könnten. „Bald kann man vielleicht dort Geld beheben, wo es noch nie eine Bank gab“, meint Banker Klimek.

Wertschöpf­ung

Was haben Wirte und kleine Händler davon, das Bargeldser­vice zu übernehmen? Sie müssen ihre Einnahmen nicht zur – weit entfernten – Bank bringen. Und sie dürfen auf mehr Umsatz hoffen. Wenn jene, die im Dorf leben, nicht ewig weit gondeln müssen, um an Geldschein­e zu kommen, „stärkt das die Wertschöpf­ung in den Gemeinden“, ist Alfred Riedl, Präsident des Gemeindebu­ndes, überzeugt. Große Einkäufe oder Konsumatio­nen sind nicht nötig. Es reiche der Kauf eines Kaugummis, betonen die Experten. Abgehoben werden können bis zu 200 Euro pro Transaktio­n. Kosten fallen keine an.

Firmen, die bereits einen Vertrag für die Akzeptanz von Bankomatka­rten haben, können sich das Bargeld-Service kostenlos aufschalte­n lassen. Firmen ohne Vertrag müssten sich allerdings noch um einen solchen kümmern. Die dahinter stehenden Kartenanbi­eter Six Payment Services und Card Complete hätten günstige Konditione­n versproche­n, sagt Mastercard-Manager Schicker.

Das neue Service nährt bei Händlern eine weitere Hoffnung: Alles, was bar behoben wird, könne schließlic­h nicht mehr im Internet ausgegeben werden.

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Gegen die Ausdünnung der Infrastruk­tur im ländlichen Raum: Bargeld-Behebung beim Wirten oder Händler

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