Auf dem Land Bargeld beheben
Bargeld. Gemeindebund und Mastercard starten Kooperation, um Infrastruktur am Land zu stärken.
Neues Service soll Abheben beim Wirten oder Greißler ermöglichen.
Der Wirt will zusperren, weil er keinen Nachfolger findet. Der Greißler hat aufgegeben, weil die Kundschaft auf dem Weg zum Arbeitsplatz und nicht daheim einkauft. Trafik und Bank samt Geldausgabeautomaten gibt es ohnehin schon lange nicht mehr. So brach liegt die Infrastruktur in vielen kleinen Gemeinden in Österreich. Mario Pulker, Obmann des Fachverbandes Gastronomie in der Wirtschaftskammer, kann selbst ein Lied davon singen. Sein Hotel „Residenz Wachau“in Aggsbach Dorf liegt mitten am hochfrequentierten Donauradweg. „Zwischen Melk und Rossatz auf knapp 30 Kilometern gibt es keinen einzigen Bankomaten“, sagt Pulker. Bargeld kann so zur Mangelware werden. Das soll sich ändern.
Der Gemeindebund hat mit Mastercard eine Kooperation abgeschlossen, die die Bargeldversorgung am Land ankurbeln soll. Im Supermarkt mit Bankomat- oder Debitkarte zahlen und gleichzeitig Bares abheben – das ist aktuell schon möglich. Die Rewe-Gruppe (Billa, Merkur, Penny, Bipa), Lidl und seit Kurzem auch Unimarkt haben das schon eingeführt. Schön langsam kommen auch Gastronomen auf den Geschmack, erzählt Christian Schicker von Mastercard Austria. Gäste von Kolariks Luftburg im Wiener Prater können, wenn sie ihre Stelze mit Bankomatkarte zahlen, gleich auch Geld beheben. Diesem Beispiel sollen nun viele Dorfwirte folgen. So es sie noch gibt.
Roger Klimek, Chef der Raiffeisenbank Oberland (Tirol), erzählt, dass mit Bargeldversorgung auch Gastronomen angelockt werden könnten. In zwei Gemeinden „seiner“Umgebung hätten in Pilotprojekten zwei Dorfwirte aufgesperrt. Die Handkassen mit 5.000 Euro, die ihnen zur Verfügung gestellt wurden, um genug Bares zur Auszahlung zur Verfügung zu haben, wären gar nicht benötigt worden. In der Regel nehmen Gastronomen viel mehr Bargeld ein, als sie rausgeben könnten. „Bald kann man vielleicht dort Geld beheben, wo es noch nie eine Bank gab“, meint Banker Klimek.
Wertschöpfung
Was haben Wirte und kleine Händler davon, das Bargeldservice zu übernehmen? Sie müssen ihre Einnahmen nicht zur – weit entfernten – Bank bringen. Und sie dürfen auf mehr Umsatz hoffen. Wenn jene, die im Dorf leben, nicht ewig weit gondeln müssen, um an Geldscheine zu kommen, „stärkt das die Wertschöpfung in den Gemeinden“, ist Alfred Riedl, Präsident des Gemeindebundes, überzeugt. Große Einkäufe oder Konsumationen sind nicht nötig. Es reiche der Kauf eines Kaugummis, betonen die Experten. Abgehoben werden können bis zu 200 Euro pro Transaktion. Kosten fallen keine an.
Firmen, die bereits einen Vertrag für die Akzeptanz von Bankomatkarten haben, können sich das Bargeld-Service kostenlos aufschalten lassen. Firmen ohne Vertrag müssten sich allerdings noch um einen solchen kümmern. Die dahinter stehenden Kartenanbieter Six Payment Services und Card Complete hätten günstige Konditionen versprochen, sagt Mastercard-Manager Schicker.
Das neue Service nährt bei Händlern eine weitere Hoffnung: Alles, was bar behoben wird, könne schließlich nicht mehr im Internet ausgegeben werden.