Dauerbaustelle: Warum es Lkw trotzdem auf den Brenner zieht
Tirol. Niedrige Maut und Billig-Diesel: Dafür schicken Frächter ihre Laster gerne auf den Umweg durch Tirol
Die Brennerautobahn ist eine Dauerbaustelle. An irgendeinem Stück der 35 Kilometer langen A13 durch das Tiroler Wipptal muss die Asfinag immer herumflicken. Im heurigen Sommer wird der Belag auf dem Herzstück – der Europabrücke – saniert. Das sorgt zwar regelmäßig für Staus. Dem Lkw-Verkehr tut es aber keinen Abbruch.
Über 2,5 Millionen Lastwagen dürften heuer auf der Strecke über den Brenner rollen – Rekord. Trotz all der Maßnahmen der Tiroler Landesregierung, die die Transitwelle einbremsen sollen. Mit Fahrverboten, eigens errichteten Kontrollstellen bis hin zu Blockabfertigungen wurde in den vergangenen Jahrzehnten versucht, den Frächtern die Route madig zu machen. „Etwa ein Drittel der Lkw am Brenner würde wegfallen, wenn sich Frächter an das Bestwegprinzip halten würden.
Rund 800.000 Lkw pro Jahr am Brenner nehmen aber Umwege von mindestens 60 Kilometern in Kauf. Sehr viele weichen offensichtlich der Schweiz aus“, sagt Ludwig Schmutzhard. Das zeigen Daten des aktuellen Verkehrsbericht des Landes. Dort leitete der 66-Jährige bis 2016 die Verkehrsplanung und war federführung an verschiedenen Maßnahmen gegen den Transitverkehr beteiligt. Die hätten durchaus Effekte gehabt, etwa einen vorübergehenden verstärkten Verlagerungseffekt von der Straße auf die Schiene. Trotzdem fuhren 2018 erstmals mehr Lkw über den Brenner, als über alle Schweizer und französischen Alpenübergänge zusammen.
Die schwarz-grüne Landesregierung drängt Italien und Deutschland schon länger darauf, dass die beiden Länder die Lkw-Maut auf ihrem Teil der Brenner-Route zwischen München und Verona auf das Tiroler Niveau anheben. Im Vergleich zu diesem Korridor ist die Maut in der Schweiz nämlich vergleichsweise hoch – und damit einer der Gründe für den massiven Lkw-Transit durch Tirol.
Zuletzt rückte aber auch der heimische Billig-Diesel zunehmend in den Fokus der politischen Debatte (siehe unten). Für Schmutzhard steht fest: „Der relativ billige Diesel ist sicher ein Argument, um über den Brenner zu fahren.“
Dass Tirols Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) zuletzt sanft am Dieselprivileg gerüttelt hat, rief umgehend die Präsidenten von Tiroler Wirtschafts- und Arbeiterkammer auf den Plan. Die Aufhebung der Begünstigung würde Pendler und Wirtschaft massiv belasten, tönten sie.
Zeichen der Zeit
„Wenn ein Politiker heute noch das Dieselprivileg verteidigt, hat er die Zeichen der Zeit nicht verstanden“, hält Schmutzhard mit Blick auf den Klimawandel entgegen. Dieselautos hätten zwar im Vergleich zum Benziner einen etwas geringeren Kraftstoffverbrauch. „Aber das Dieselprivileg hat einen Trend zu Groß-Pkw ausgelöst.“
Dadurch und wegen der höheren CO -Emissionen pro 2 Liter Diesel werde dieser Vorteil mehr als aufgehoben. „Sachlich gibt es für mich keinen Grund am Dieselprivileg fest zu halten – außer man will den Lkw-Verkehr fördern.“