Platz für 11 Millionen Windräder gesucht
Eine aktuelle Studie sieht noch enormes Potenzial für Windenergie in Europa
Mehr als hundert Mal so viel Windenergie als bisher könne europaweit mit Windkraftanlagen auf dem Land erzeugt werden, schreiben die Forscher der Universitäten Sussex und Aarhus in einer vor Kurzem in der Fachzeitschrift Energy Policy veröffentlichten Studie. Konkret beziffern sie die maximal mögliche Kapazität an Windkraft mit 52,5 Terawatt (TW), das entspricht 1 Megawatt (MW) Strom pro 16 Einwohnern. Europa habe das Potenzial, bis 2050 genügend Energie für die ganze Welt zu erzeugen, heißt es in dem Papier.
Viel Platz zur Verfügung Rund 46 Prozent der Fläche des Kontinents oder 4,9 Millionen Quadratkilometer sind laut der Studie für die Windenergie geeignet. 11 Millionen neue Windräder könnten auf der verfügbaren Fläche errichtet werden. „Wir sagen nicht, dass an allen identifizierten Standorten Turbinen installiert werden sollen“, sagt Studien-Co-Autor Benjamin Sovacool von der University of Sussex: „Aber die Studie zeigt das riesige Windenergiepotenzial in Europa, das genutzt werden muss, um eine Klimakatastrophe abzuwenden.“
Das größte Potenzial sehen die Forscher in Norwegen, Russland und in der Türkei, wo sie eine mögliche Leistungsdichte von mehr als 6,2 MW pro Quadratkilometer ausmachen. Für Österreich wurden ebenso wie für die Schweiz, Frankreich oder die Niederlande bis zu 1,2 MW pro Quadratkilometer errechnet.
Für ihre Analyse zogen die Wissenschafter auf Geoinformationssystemen (GIS) basierende Windatlanten heran. Ausschlusskriterien wie Häuser, Straßen, oder Gebiete, die aus militärischen und politischen Gründen für die Windenergieerzeugung nicht geeignet sind, wurden berücksichtigt. In die Studie nicht eingeflossen sind Faktoren wie die gesellschaftliche Akzeptanz für die Errichtung von Windkraftanlagen – immerhin fühlen sich viele Leute durch die Windräder gestört, für Bedenken sorgen auch Auswirkungen der Turbinen auf Ökosysteme und Vögel.
Die Bevölkerung müsse mit ins Boot geholt werden, sagt Udo Bachhiesl, stellvertretender Leiter des Instituts für Elektrizitätswirtschaft und Energieinnovation an der TU Graz. Je mehr Anlagen installiert werden, desto mehr Probleme gebe es. Berücksichtigt werden müsse auch die Integration der Windkraft ins Gesamtstromsystem. Auch Schwankungen in der Produktion seien Herausforderungen. Beim Ausbau sollte zudem mitgeplant werden, wie der Bedarf stärker an das Angebot angepasst werden kann, meint Bachhiesl.
Das Potenzial der Windkraft sei trotz Einschränkungen weit größer als bisher angenommen, schreiben die Studienautoren. Windkraft könne auch dann maßgeblich die Umstellung auf erneuerbare Energie vorantreiben, wenn nur Teile des enormen Potenzials genutzt würden.