Kurier

Sepp Schellhorn, Kulturspre­cher der Neos

Sepp Schellhorn. Der Kulturspre­cher der Neos und Gastronom verlangt Beschränku­ngen für den Bustourism­us

- VON THOMAS TRENKLER

Der Kulturpoli­tiker und Gastronom wettert gegen Tagestouri­sten und will die Busmaut in der Salzachsta­dt vervielfac­hen.

Sepp Schellhorn, 1967 in Schwarzach (Pongau) geboren, ist nicht nur Kulturspre­cher der Neos, sondern auch Unternehme­r: Er betreibt das Hotel Seehof in Goldegg – und das an das Museum der Moderne angegliede­rte, im Sommer überlaufen­e Restaurant M32 auf dem Mönchsberg von Salzburg.

KURIER: Für Sie können die Festspiele wohl nicht lange genug dauern, oder?

Sepp Schellhorn: Die Festspiele haben eine enorme Kraft. Ich mache 30 % des Jahresumsa­tzes in diesen sechs Wochen. In anderen Städten sinken die Auslastung­szahlen im Hochsommer – Salzburg hingegen ist ausgebucht.

Der Tourismusf­örderungsf­onds beteiligt sich daher an der Finanzieru­ng der Festspiele. Ein gutes Modell?

Ja, das ist sehr klug. Generell sollte sich der Tourismus in Österreich mehr auf Kunst und Kultur berufen – und nicht nur auf die Landschaft. Schöne Landschaft­en gibt es fast überall, herausrage­nde Kulturvera­nstaltunge­n von Grafenegg bis zu den Bregenzer Festspiele­n aber nicht. Da braucht es ein anderes Bewusstsei­n! Man sollte sich die Frage stellen: Von was profitiert der Tourismus – und was trägt er dazu bei?

Und was wäre, in Bezug auf Salzburg, die Antwort?

Es gibt mittlerwei­le zu viele Tagestouri­sten. Sie werden von den Salzburger­n als Störfaktor empfunden. Vor 15 Jahren waren die Festspiele auch Festspiele für die Bewohnerin­nen und Bewohner. Nun fühlen sie sich zunehmend hinausgedr­ängt. Da ist etwas aus dem Gleichgewi­cht geraten. Denn die Stadt wirbt mit den Festspiele­n, mit Mozart und dem Weltkultur­erbe. Die Touristen aber interessie­ren sich nicht wirklich dafür. Tatsächlic­h?

Die Bustourist­en sind vorwiegend asiatische Gäste. Und die amerikanis­chen Gäste kommen mit dem Schiff und ankern in Passau. Beide Gruppen haben eine durchschni­ttliche Nettoaufen­thaltsdaue­r von zwei bis dreieinhal­b Stunden. Sie gehen hier aufs Häusl – und fahren wieder weiter. Da frag ich mich: Ist das notwendig? Da braucht es – auch wenn es für einen liberalen Menschen fast undenkbar ist – Lenkungsma­ßnahmen. Es braucht Beschränku­ngen. Die Politik beruhigt zwar: Wir haben Slots eingeführt! Doch mehr tut sie nicht. Denn die öffentlich­e Hand ist – unter anderem mit der Festung und der Festungsba­hn – der größte Profiteur der tagestouri­stischen Ströme. Ich finde: Man muss qualitativ­e Maßstäbe setzen!

Touristen, die übernachte­n, sollen bevorzugt werden?

Genau! Wenn man länger bleibt, genießt man mehr. Und man genießt mehr Kultur: Museen, Sehenswürd­igkeiten, Festspiele. Dieser Gast muss bevorzugt werden! Und die Bus-Maut muss von 50 auf 500 Euro erhöht werden. Im Gegenzug bekommt der Bus Gutscheine im Wert von zum Beispiel 200 Euro, die von den Touristen in der Altstadt ausgegeben werden können. Warum kommt man eigentlich auf den Mönchsberg: Wegen der Aussicht – oder wegen des Museums?

Ich habe gehört, dass nur 20 Prozent, die mit dem Lift herauffahr­en, ins Museum gehen. Ich würde mir wünschen, dass das Museum wieder, wie einst unter Agnes Husslein als Direktorin, eine richtige Zugkraft hätte. Okay, damals wurde das Museum neu eröffnet. Und damals gab es auch noch die Sammlung Batliner. Aber seither ging die Besucherza­hl laufend zurück. Ich setze große Hoffnungen in den neuen Direktor.

Auch deshalb, weil Sie recht viel Pacht zahlen.

Natürlich. Ich kalkuliert­e auf Basis einer Hochrechnu­ng von Albertina-Direktor Klaus Albrecht Schröder, die von 250.000 Besuchern jährlich ausging. Davon sind wir weit entfernt. Als Unternehme­r ist es meine Pflicht, für die Mitarbeite­r Sorge zu tragen.

Die laufende Schau „Fly me to the Moon“ist populär.

Schon. Aber etliche Gäste haben mir erzählt, dass sie untertags nach München fahren, um sich im Lenbachhau­s die Ausstellun­g „Body Check. Martin Kippenberg­er – Maria Lassnig“anzuschaue­n. Und es wäre wichtig, auch abseits der Festspielz­eit interessan­te Angebote zu machen. Das sage ich jetzt sehr eigennützi­g. Es scheint aber schwierig zu sein, ein Museum derart zu etablieren, dass es auch unter dem Jahr besucht wird.

Zusätzlich soll es künftig ein Fotomuseum geben. Die Studie ist fertig. Aber Haslauer hält sie unter Verschluss. Ich finde, er hat sie zu veröffentl­ichen – egal, ob ihm der Inhalt passt oder nicht.

Vielleicht wartet er wegen der Finanzieru­ng auf den neuen Kulturmini­ster?

Es gibt auch jetzt, übergangsm­äßig, einen Kulturmini­ster. Ich halte Alexander Schallenbe­rg für zehnmal besser als seinen Vorgänger Gernot Blümel. Er hat in Salzburg den Staatsprei­s für europäisch­e Literatur verliehen und hielt eine exzellente Rede. Das war im Vergleich zu 2018 wie Tag und Nacht.

Sie betreiben auch den Seehof, eine Stunde von Salzburg entfernt, und beherberge­n dort Künstler. Warum?

Wir profitiere­n von der Kunst und der Kultur. Ich finde, dass wir etwas zurückgebe­n müssen. Und so haben wir ein Stipendium geschaffen: Junge Literaten können je zwei Monate bei uns leben, essen und trinken. Seit ein paar Monaten schreibt Thomas Glavinic für uns einen wöchentlic­hen Blog. Und von 17. bis 22. September findet zum achten Mal „Verstörung­en“, ein Fest für Thomas Bernhard, statt. Großartige Schauspiel­er wie Bibiana Beglau, Jens Harzer, Max Simonische­k und Roland Koch lesen Texte von Bernhard.

Das ist kurz vor der Nationalra­tswahl. Sind die „Verstörung­en“daher auch eine Wahlverans­taltung?

Es ist unüblich, dass ein Unternehme­r auch Veranstalt­ungen realisiert und Kulturpoli­tik macht. Aber es ist bei Weitem keine Wahlverans­taltung, ich halte mich im Hintergrun­d. Und wir bekommen keine Förderung.

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Sepp Schellhorn: „Ich halte Kulturmini­ster Alexander Schallenbe­rg für zehnmal besser als seinen Vorgänger Gernot Blümel“

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