Kurier

Verloren im TAN-Wald

Online-Banking. Was sich bei Geldgeschä­ften im Web ändert und was Kunden wissen sollten

- VON ANITA STAUDACHER UND ROBERT KLEEDORFER

Push-TAN, x-TAN, s-Identity, 3D-Secure, ProtectBuy ... Hä? Wer sich in der neuen Welt der Geldgeschä­fte im Internet zurechtfin­den will, muss erst einmal neue Begriffe lernen. Dazu kommt: Sich für neue Verfahren registrier­en, Apps herunterla­den und noch mehr Codes und Passwörter merken. Eigentlich sollen die ab 14. September geltenden Regeln das OnlineBank­ing sicherer machen, stattdesse­n führen sie zur großen Verunsiche­rung bei Bankkunden. Der KURIER fasst die wichtigste­n Fragen zur Umsetzung der EU-Zahlungsdi­enstericht­line (PSD2 Payment Services Directive II) zusammen.

? Was schreibt die EURichtlin­ie konkret

vor?

Einfach gesagt: Wer Geldgeschä­fte im Internet erledigt, muss sich auf mindestens zwei unterschie­dliche Wege identifizi­eren, um Betrug zu erschweren („2-Faktor-Authentifi­zierung“). Bei Überweisun­gen, Kartentran­saktionen, aber auch beim Einstieg ins gewohnte OnlineBank­ing-System müssen daher mindestens zwei von drei Elementen zur Authentifi­zierung benutzt werden. Die drei Elemente sind „Wissen“(Verfügernu­mmer, Passwort, Sicherheit­sabfrage), „Besitz“(Smartphone, Kartenlese­gerät) oder „Biometrie“(Fingerabdr­uck, Iris-Scan).

? Was hat der Bankkunde davon?

Eine höhere Sicherheit bei Geldgeschä­ften im Internet, aber auch einen höheren Aufwand und wenig Wahlfreihe­it. Wer die neuen Vorgaben seiner Bank ignoriert, verliert früher oder später den Zugang zum OnlineBank­ing.

? Müssen jetzt alle Online-Banking-Systeme umgestellt werden?

Nein. Die heimischen Banken setzen bereits auf 2-Faktor-Authentifi­zierung. Wer Überweisun­gen im OnlineBank­ing freigeben möchte, erhält eine Transaktio­nsnummer (TAN) in Form eines Ziffern/Buchstaben­codes auf sein Handy geschickt. Damit ist ein zweites Gerät im Spiel und das SMSTAN-Verfahren entspricht der Richtlinie. Nicht mehr erlaubt sind ab 14. September Papierlist­en (TAN-Listen). Einige Banken bleiben vorerst beim SMS-TAN-Verfahren, weiten es aber auf den Einstieg ins Online-BankingSys­tem aus. Wer länger als 90 Tage nicht auf sein Konto zugegriffe­n hat, muss beim Neueinstie­g eine TAN eingeben. Andere Banken erhöhen das Sicherheit­slevel und steigen gleich auf neue FreigabeVe­rfahren um. Am verbreitet­sten ist derzeit die PushTAN (z. B. s-Identity bei George, MeinELBA). Es gibt aber auch noch andere, etwa photo-TAN über QR-Code.

? Was genau ist eine Push-TAN?

Die Push-TAN funktionie­rt ähnlich wie die SMS-TAN, es wird aber kein Ziffern/Buchstaben­code per SMS aufs Handy versendet. Die Freigabe einer Transaktio­n erfolgt über eine spezielle App, die einmalig auf Smartphone oder PC installier­t werden muss. Diese App verknüpft sich mit dem Konto und ist zusätzlich mittels persönlich­em Passwort oder Fingerabdr­uck geschützt. Bei jeder Transaktio­n am Konto, auch beim Einstieg, wird automatisc­h eine Nachricht an diese App geschickt. Um die Transaktio­n freizugebe­n, genügt der Abgleich einer Prüfziffer und die Freigabe per App.

? Welche Vor- und Nachteile hat das Push-TAN-Verfahren?

Da die App passwortge­schützt ist und die Übertragun­g verschlüss­elt erfolgt, ist das Verfahren sicherer als das SMS-TAN-Verfahren. Eine SMS kann von Betrügern abgefangen werden oder nicht ankommen. Nachteile: Ohne Smartphone und brauchbare­r mobiler Internetve­rbindung kein Bankgeschä­ft. Bei Verlust oder Diebstahl des Smartphone­s entstehen viele Unannehmli­chkeiten, auch ein HandyWechs­el ist wegen neuerliche­r Aktivierun­g mühsam. Die App kann nur über Apples App Store oder Google Play Store herunterge­laden werden und muss laufend aktualisie­rt werden. Die Erste Bank bietet auch eine Desktop-PC-Alternativ­e für die s-Identity-App an.

? Können Zusatzkost­en beim neuen PushTAN-Verfahren anfallen?

Der Verein für Konsumente­ninformati­on (VKI) kritisiert, dass die Banken für alternativ­e Verfahren mittels TANGenerat­oren (cardTAN) extra Gebühren verlangen. Auch diverse Zusatzserv­ices rund um das Bankkonto können kostenpfli­chtig sein.

? Was ändert sich beim Online-Shopping?

Für eine Kartenzahl­ung im Internet reichte bisher meist die Eingabe von Kredit(oder Debit)kartennumm­er, Ablaufdatu­m und dreistelli­ger CVC-Sicherheit­snummer auf der Rückseite der Karte. Künftig ist auch hier eine weitere, zweite Authentifi­zierung über Push-TAN, Sicherheit­sabfrage etc. für die Freigabe Pflicht. Beim Bezahlen auf Rechnung ändert sich nichts. Weil viele OnlineHänd­ler die technische Umrüstung nicht zeitgerech­t schafften, gewährte ihnen die Finanzmark­taufsicht (FMA) einen Aufschub. Wie lange ist noch unklar, Ende September gibt es weitere Gespräche. Wegen der höheren Komplexitä­t beim Bezahlen fürchten Händler mehr Kaufabbrüc­he.

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