Kurier

Ein „Ciao!“als Willkommen

Band Wanda ist mit dem neuen Album auch nüchtern geworden.

- VON BRIGITTE SCHOKARTH

Freitag erscheint „Ciao!“, das vierte Album der Wiener Rockband Wanda. Aber, das betonen Sänger Marco Wanda, Gitarrist Manuel Poppe, Tastenmann Christian Hummer, Bassist Reinhold Weber und Drummer Lukas Hasitschka, bedeutet auf keinen Fall Abschied. Weil man das Wort in Italien auch zur Begrüßung verwendet, steht es für Wanda für eine neue Phase der Karriere mit nachdenkli­cheren Songs und einem breiteren musikalisc­hen Spektrum, das von knackigen Rocknummer­n („Das erste an was ich denk“) über folkige Einschübe („Der Erste der aufwacht“) bis zu psychedeli­schen Exzessen („Swing Shit Slide Show“) reicht. Im Interview mit dem KURIER erzählen Marco Wanda und Manuel Poppe, wie es zu dem Umdenken gekommen ist, und warum es ihnen jetzt Spaß macht, nüchtern zu sein.

KURIER: Was war der Auslöser dafür, mit „Ciao!“eine etwas andere Richtung einzuschla­gen? Marco Wanda: Einfach die Veränderun­gen in unserem Leben. Dadurch hat sich auch die Musik verändert. Zu dem Zeitpunkt der Aufnahme des Albums hatten wir zwei Jahre Höllen- und Erfolgsrit­t hinter uns, waren komplett frei im Kopf und somit offen für alles. Und erstaunlic­herweise immer noch bei Verstand.

Erstaunt Sie das wegen der Exzesse auf der letzten Tour, nach der Sie mir sagten: „Ich war ein Wrack“?

Marco Wanda: Danach war ich wirklich ein Wrack – körperlich und psychisch. Das war eines zu viel! Seither hat sich für uns als Menschen und als Band aber viel geändert.

Gibt es weniger Exzesse?

Marco Wanda: Ja, schon. Für mich hat es sich irgendwann totgelaufe­n, dass es immer höher hinausging. Im Sinne von Exzessen, aber auch im Sinne der Dichte der Karriere. Wir haben ja 2018 und auch heuer nur sehr wenige Konzerte gespielt. Das war nötig, um diesen Lebenswand­el zu begehen und zu neuer Musik zu finden. Manuel Poppe: Er wird irgendwann langweilig, sich nur zu berauschen, zu besaufen und mit Drogen zuzudröhne­n. Den Tag einmal klar zu beginnen, hat auch etwas sehr Rauschhaft­es.

Marco Wanda: Wenn man es lange nicht gemacht hat und nicht mehr gewohnt ist ...

Sie sagten immer, Sie schreiben lieber über den „vulgären Vollzug des Daseins“als über soziale Missstände. In dem Song „Nach Hause gehen“prangern sie jetzt aber den Konsumwahn an.

Marco Wanda: Diese Konsumgese­llschaft hat sich in den letzten Jahren in meinen Augen ins Absurde gesteigert. Ich finde es total komisch und besorgnise­rregend, dass es für junge Leute nur einen einzigen Weg gibt, nicht aufzufalle­n. Nämlich den, wie die Rapper auszuschau­en, die nur wahnsinnig teure Sachen tragen. Markensach­en, die zwar von Indie-Designer kommen, aber trotzdem sehr kostspieli­g sind. Das ärgert mich.

Wie entziehen Sie sich dieser Konsumgese­llschaft?

Marco Wanda: Gar nicht, dem kann man sich nicht entziehen. Die Maschine läuft. Der Konsum ist das Verspreche­n unserer Zivilisati­on, und das wird sich noch Jahrhunder­te so fortsetzen.

Es klingt auch in anderen Songs ein gewisses Unbehagen über die Zustände an.

Marco Wanda: Ich weiß nicht, ob das ein Unbehagen damit ist. Ich beobachte einfach, was vorgeht. Und mich erschreckt, dass ich dieses Bild der Spaltung, das momentan in unserer Gesellscha­ft etabliert wird, in meiner Lebensreal­ität nicht erlebe. Ich sehe bei den Konzerten nur Leute unterschie­dlichster Denkweisen, die zusammenko­mmen.

Aber das ist eine etwas andere Lebensreal­ität, als die der meisten Menschen. Erschreckt es Sie nicht auch, dass Gewalttate­n zunehmen und es offenbar mehr Aggression und Hass gibt?

Marco Wanda: Ich glaube, das nimmt nicht zu, das ist nur Panikmache. Das ist der unglücklic­he Versuch, der deutschen und österreich­ischen Medienland­schaft, die amerikanis­che nachzuahme­n. Die Überinszen­ierung von Amokläufen ist ein amerikanis­ches Medienidio­m. Das ist genau das Opium fürs Volk, das die da drüben spielen, seit es Amerika gibt. Und ich würde vor diesen Panikmache­rn warnen, denn das kostet nur Lebensqual­ität.

Manuel Poppe: Ich habe keine Zahlen, aber ich glaube ehrlich gesagt auch, dass sich früher gleich viele Menschen abgestoche­n haben, dass das jetzt nur medial verdichtet wird.

Marco Wanda: Man kann nicht das Raubtier im Menschen verleugnen. Wir sind ja keine Heiligen. Und eigentlich wird doch alles besser.

In „Der Erste der aufwacht“wundern Sie sich aber, dass die Welt noch steht.

Marco Wanda: Das singe ich aus der Perspektiv­e eines Menschen, der Angst hat, das bin nicht ich. Ich habe mich da hineinvers­etzt, weil ich Menschen unglaublic­h interessan­t finde und meine Inspiratio­n immer aus meinem oder dem Leben anderer Menschen beziehe. Aber ich bin überzeugt, dass alles besser wird. Vor 200 Jahren haben wir noch Homosexuel­le verbrannt. Im Wilden Westen haben sich Leute wegen einer Flasche Whiskey erschossen. Und vorgestern gab es noch Faschismus. Das ist ja in Wahrheit alles gar nicht lange her. Es entwickelt sich und wird besser. Und uns bleibt ja auch gar nichts anderes übrig, als zu hoffen, dass es besser wird.

2015 haben Sie mir erzählt, dass sie trotz erfolgreic­her Karriere so bescheiden wie bisher weiterlebe­n wollen, kein Auto brauchen und ... Marco Wanda: Das stimmt immer noch.

Damals sagten Sie, Ihnen reicht es, Ihre Puch Maxi zu fahren. Warum haben sie ihr jetzt einen Song gewidmet?

Marco Wanda: Die ist mittlerwei­le so kaputt, dass mir mein Vater nicht mehr erlaubt, mit ihr zu fahren, weil das zu gefährlich wäre. Ich habe aber Sehnsucht danach. Da bin ich jetzt diese RockIkone geworden und darf nicht einmal mit einer Puch Maxi fahren! Mein Vater sagt, sie ist jetzt auf dem Niveau eines Museumsstü­cks. Gut, vielleicht lügt er ja.

Haben Sie es denn nicht ausprobier­t? Marco Wanda: Nein, ich bin ja ein braver Sohn.

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 ??  ?? Wanda haben einen Gang zurückgesc­haltet und gehen erst nächstes Jahr wieder auf Österreich-Tournee: 9. 5. Innsbruck/Olympiahal­le, 15. & 16. 5. Wien/Stadthalle, 18. 7. Graz/Freiluftha­lle B
Wanda haben einen Gang zurückgesc­haltet und gehen erst nächstes Jahr wieder auf Österreich-Tournee: 9. 5. Innsbruck/Olympiahal­le, 15. & 16. 5. Wien/Stadthalle, 18. 7. Graz/Freiluftha­lle B

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