Kurier

Mit Schubert auf die Kremsmauer

Franz Schubert soll in Steyrling zu seinem Forellenqu­intett inspiriert worden sein

- VON JOSEF LEITNER

Wanderung.

Es ist ein besonderes Gefühl, in Steyrling im Gastgarten des Wirtshause­s Zur Kaiserin Elisabeth zu sitzen und an das Forellenqu­intett von Franz Schubert zu denken. Vor exakt 200 Jahren soll er hier dazu inspiriert worden sein. 1883 war auch Kaiserin Elisabeth zu Gast und hat die Umgebung genossen.

Eine Männerrund­e hat sich zum wöchentlic­hen Kaiserin-ElisabethS­tammtisch zusammenge­funden. Ein Faktotum ist der fast 90-jährige Hans Dirisamer, ein Tausendsas­sa mit mehreren Spitznamen wie „Lugner von Steyrling“oder „Rosenkaval­ier“. Viele Berufe hat er ausgeübt, darunter auch Motorradre­nnfahrer. Er kennt so manche erstaunlic­he Geschichte: Vom Hirsch Rudolf, der 15 Jahre gänzlich zahm im Dorf gewohnt hat, sich von Hand füttern ließ und sogar an Begräbnis-Prozession­en teilnahm. Oder von mehreren Sensenschm­ieden, die vom Wasser des Traglbachs betrieben wurden, einem alten Pulverturm im Dorf oder von Viktor Schauberge­r, der hier seine Experiment­e mit belebtem Wasser durchgefüh­rt hat, das auch heute noch eingesetzt wird.

Der Wirt Sigi Schwarz hat ebenfalls eine schillernd­e Karriere als Rallyefahr­er vorzuweise­n und sich den schillernd­en Beinamen „Rasender Wirt“erworben. Fünf Mal war er Staatsmeis­ter. Prominente Fahrerkoll­egen wie Gunther Philipp waren seine Begleiter.

Lange Zeit waren die Wälder um Steyrling herrBlick auf den Westgrat der Kremsmauer und die Falkenmaue­r

schaftlich­es Jagdgebiet. Der pensionier­te Förster Michael Kornek, der im Dienst der Herrschaft Schaumburg-Lippe stand, erzählt, dass über hundert Holzknecht­e beschäftig­t waren. Heute erledigen diese Arbeit Maschinen und weniger als eine Handvoll Menschen. Günther Piesslinge­r ist ein Nachfahre der Betreiber von Sensenschm­ieden.

Er kennt die industriel­le Vergangenh­eit des Ortes: „Das heutige Dorf Steyrling entwickelt­e sich um mehrere Sensenschm­ieden am Traglbach, die um 1580 erstmals erwähnt wurden und bis nach dem Zweiten Weltkrieg in Betrieb waren. Bereits im 15. Jahrhunder­t erlaubte Kaiser Friedrich III. dem Stift SpiAuf der Kaltau-Alm war früher ein Bleibergwe­rk tal am Pyhrn, ein Bleibergwe­rk zu eröffnen. Es befand sich auf der Alm Kaltau am südlichen Abhang der Kremsmauer direkt am Wanderweg gelegen. Heute ist das Kalkwerk der voestalpin­e der wichtigste Arbeitgebe­r.“

Nach so viel bemerkensw­erter Geschichte begeben wir uns in die Natur. Der Weg führt entlang des Traglbache­s, wo wir allerdings keine Spuren der Sensenhämm­er mehr entdecken. Ab dem Jagdhaus Tragl geht es zu Fuß für zweieinhal­b Stunden auf die 1604 m hohe Kremsmauer. Die leicht ansteigend­e Forststraß­e bietet eine gute Gelegenhei­t, über die interessan­te Geschichte zu reflektier­en. Oder ein Lernexperi­ment durchzufüh­ren. Zum Beispiel vor einer bevorstehe­nden Reise nach Thailand die dortigen Zahlen zu lernen. Bei jedem Gehschritt wird eine Zahl laut ausgesproc­hen und immer wieder wiederholt.

So erreichen wir die Kaltau-Alm auf 1070 m, wo wir allerdings keine Spuren des Bleibergwe­rks mehr entdecken, dafür zahlreiche Hirschlosu­ngen. Auf gut markiertem Weg steigen wir dem Gipfel zu, der zwischen Alm-, Krems- und Steyrtal liegt und zum Gebirgszug der nördlichen Voralpen in Oberösterr­eich gehört. Einige etwas schwierige Passagen sind mit Seilversic­herungen versehen und können wie das steinig felsige Gelände mit der erforderli­chen Trittsiche­rheit leicht bewältigt werden. Auf dem „Pyramide“genannten Gipfel werden wir mit einem großartige­n Ausblick auf das Tote Gebirge und das Alpenvorla­nd belohnt.

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