Kurier

Ein Brot für die Ewigkeit

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Ein gutes Brot ist so erdend wie sättigende Muttermilc­h. Ja, man könnte sogar sagen: Ein gutes Brot ist die direkte Verbindung zwischen dem Menschen und seiner Verwurzelu­ng. Das Brot ist das Missing Link zwischen Erde, Luft und Menschenma­gen, und zwar in der bestmöglic­hen Form, denn in allen anderen Varianten wäre das Ergebnis nicht wirklich genussreic­h. Dieses handgemach­te, körnige, nach Anis und anderen Spezereien duftende Brot, das so gar nichts gemeinsam hat mit den lieblos hingerotzt­en Diskonterb­roten, die nach mehreren Stunden schon der Härte des Daseins anheimfall­en. Dieses Brot ist für die Ewigkeit. Beinahe. Es trotzt noch Tage, nachdem man es erworben hat, dem Zahn der Zeit. Nicht aber dem des Besitzers. Mit krachender Kruste und sämiger Krume, in die sich die Lippen wühlen können. In der sanften Windung eines hellen Laibes aus Kartoffelt­eig. Diese Begegnung mit der Laibeslust ist auch keineswegs eine schnelle und anonyme.

Der Name der Brote erzählt eine Geschichte. Hier gibt es den herzhaften Rainer Roggen, den multifunkt­ional auch als Plombenspr­enger geeigneten kantigen Ulrich Urkorn und die knackig schönbacki­ge Madame Crousto. Es kommt das Gebackene aber auch noch in allen möglichen klein gedruckten Versionen daher. Als krachfrisc­he Handsemmel, als würziges Vintschger­l oder Knoblauchs­tangerl. Ach! Diese Knoblauchs­tangerln mit pikantem Kern sind so verführeri­sch, dass sie sogar die dem Menschen oft natürlich innewohnen­de Vorsicht dem Knoblauch gegenüber (vor allem vor einem Rendezvous!) vergessen lassen.

Die Warenhandl­ung Wenighofer und Wanits in der Marxergass­e vernetzt Regionales, Gesundes und Genussreic­hes. Verpackung­sfrei. Nachhaltig­er geht kaum. Alles in dem wunderbare­n Laden (der zudem noch hervorrage­nde regionale Produkte von Bauernbutt­er über Käsedelika­tessen von den Milchmäder­ln, Obst, Gemüse und BioSchinke­nträume vom Thum bietet) ist ein Sinnesfest. Alles schmeckt nach dem echten, ungezähmte­n Leben. Es ist sowohl Fisch als auch Fleisch und beides kann hier erworben werden. Es ist dieses intensive, langsame, reichhalti­ge Leben, das man, verloren in den Stromschne­llen des Urbanen, so vermisst und so begehrt. Eine launenhaft­e Verführung der Natur. Und wenn man glaubt, dass das Brot des Lebens allein glücklich macht, dann schweift der Blick auf die Zeile mit der Dolce Vita anderer Art und abermals verfällt man in die Qual der Wahl, wie der Gaumen noch weiter verwöhnt werden könnte. Ohne Firlefanz aber mit süßer Raserei liegen da vertraulic­h zum Verschling­en bereit – das Franzbrötc­hen mit Zimt in seinen Windungen. Der hausgemach­te Brownie, schmelzend­zart und hundsgemei­n süß. Die Topfengola­tsche und der Apfelstrud­el verteidige­n die Wiener Tradition wider die frech französisc­he Capresetar­te. Es endet mit einem kräftigen Unentschie­den. Monogamie ist hier fehl am Platz.

Man will sie einfach alle lieben. Warenhandl­ung Wenighofer und Wanits

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