Kurier

Stenzel muss zum Rapport

Wien. Nach Stenzels Rede bei den Identitäre­n fordern fast alle Parteien ihren Rücktritt. Heute muss sie zum FP-Rapport.

- VON BIRGIT SEISER

Im Jahr 1683 wurde die Zweite Türkenbela­gerung Wiens niedergesc­hlagen – 336 Jahre später sorgt das Ereignis für eine PolitSchla­cht. Schuld daran ist Ursula Stenzel. Die nicht amtsführen­de FPÖ-Stadträtin und ehemalige CityBezirk­svorsteher­in (damals war sie noch bei der ÖVP) hielt Samstagabe­nd beim Fackelzug der rechtsextr­emen Identitäre­n eine Rede. Thematisch hielt sie sich an die Allzeit-Klassiker der Blauen und schimpfte über „Islamisier­ung“. Stenzel erhielt dafür tosenden Applaus der rechtsextr­emen Besucher.

Trotz umfassende­r inhaltlich­er Einigkeit mit der Identitäre­n Bewegung (IB) betont die FPÖ aber stets, dass man mit der IB nichts am Hut hätte, was der 73Jährigen jetzt Probleme einbringt. Laut FP-Wien-Pressespre­cher Michael Stumpf gibt es am Montag ein klärendes Gespräch.

Nicht alles überprüfba­r „Wenn wir’s gewusst hätten, dass sie dort hingehen will, hätten wir’s verhindert“, sagt Stumpf. In Wahlkampfz­eiten hätte man keine Kapazität, die Termine aller FPÖler zu überprüfen. „Sie war am Samstag in Pasching beim Wahlauftak­t, danach beim Familienfe­st im Böhmischen Prater und dann hat sie eben diese Veranstalt­ung besucht, unwissend, dass dort Identitäre sind“, sagt Stumpf.

Auch der designiert­e FPÖ-Parteichef Norbert Hofer geht im Gespräch mit dem KURIER davon aus, dass Stenzel nicht wusste, wo sie da mitmarschi­ert. Aber: „Beim historisch­en Konnex müssen wir viel, viel sensibler sein als andere Parteien. Was extrem ist, soll keinen Platz haben. Bei den Identitäre­n ist es nachvollzi­ehbar, dass die ein Wahnsinn sind.“

Nach außen war der Gedenkzug tatsächlic­h nicht sofort als Veranstalt­ung der Identitäre­n zu erkennen. Es gibt eine eigene Website, auf der nicht zu lesen ist, dass die Identitäre­n involviert sind. Auch IB-Chef Martin Sellner verwies auf Anfrage an Veranstalt­er Philipp Huemer. Allerdings ist dieser Leiter der IB Wien. Mit ein wenig OnlineRech­erche ist die Verbindung also einfach herzustell­en.

SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner war der StenzelAuf­tritt sogar eine Pressekonf­erenz wert. Sie fordert den Rücktritt als nicht amtsführen­de Stadträtin, Bürgermeis­ter Michael Ludwig (SPÖ) schloss sich an. Nachsatz: „Wer bestimmt die Strategie der FPÖ? Sind es die Identitäre­n oder wird es Norbert Hofer sein?“Eine Möglichkei­t, Stenzel selbst abzusetzen, hat Ludwig nicht. Paragraf 37 der Stadtverfa­ssung sieht Misstrauen­santräge nur gegen amtsführen­de Stadträte vor, nicht aber gegen solche der Opposition.

Flucht nach vorne Vielleicht um Missverstä­ndnisse für Stenzel im kommenden Jahr vor vornherein zu verhindern, will FPÖWien-Chef Dominik Nepp selbst eine Veranstalt­ung abhalten, um dem Ende der Türkenbela­gerung zu gedenken. Es wäre auch für die FPÖ nicht die erste: Zuletzt fand eine solche „Befreiungs­feier“anlässlich des Jubiläums im Jahr 2013 statt. „Wir laden auch alle anderen Parteien ein, sich an dieser Veranstalt­ung im kommenden Jahr zu beteiligen“, so Nepp.

Die Wahrschein­lichkeit, dass viele anderen Parteien dieser Einladung folgen werden, ist aber mutmaßlich ebenso gering wie die, dass die Wiener FPÖ Ursula Stenzel aus der Partei werfen wird.

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Ursula Stenzel hat mit der Rede bei den Identitäre­n den Kurs von FPÖ-Chef Hofer konterkari­ert

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