Kurier

ÖBB wollen Immobilien verkaufen und defizitäre Spedition loswerden

2019 hartes Jahr für die Bahn, Güterverke­hr muss saniert werden

- ANDREA HODOSCHEK andrea.hodoschek@kurier.at

Baustellen. Die ÖBB haben bei ihren 540 Mehrfamili­enund Zinshäuser­n eine Leerstands­rate von einem Drittel. Jetzt will die Bahn einen Teil der rund 6.000 Wohnungen verkaufen und damit die herunterge­kommenen Immobilien sanieren. Bis zu einem Drittel der Häuser soll verkauft werden. Mit den sanierten Wohnungen soll um neue Mitarbeite­r geworben werden, da nicht mehr mit der Pragmatisi­erung gelockt werden kann.

Verlustgra­b

Zudem endet die Bieterfris­t für den Verkauf der schwer defizitäre­n Speditions­tochter Q Logistics. Das ehemalige Gemeinscha­ftsunterne­hmen mit dem privaten Logistik-Unternehme­n Quehenberg­er ist für die Bahn praktisch nicht sanierbar. Gut möglich, dass die ÖBB dem neuen Käufer eine Mitgift zahlen müssen. Bahnintern werden Differenze­n zwischen den ÖBBChefs Matthä (SPÖ) und Schiefer (FPÖ) kolportier­t. Beide dementiere­n. Matthä stellte, aus Ärger über die Warnstreik­s bei der Lohnrunde, seine vida-Mitgliedsc­haft ruhend.

Das muss man einmal schaffen. Während in ganz Österreich Wohnungen knapp sind, sitzen die ÖBB auf 2.000 Wohnungen, die leer stehen. Die Staatsbahn ist einer der größten Wohnungsei­gentümer des Landes, ihr gehören 540 Mehrfamili­en- und Zinshäuser mit 6.000 Wohnungen. Vermietet an Eisenbahne­r, aber auch an Dritte. Doch seit etlichen Jahren liegt die Leerstands­quote bei einem Drittel. Bei einem privaten Immobilien­unternehme­n käme das einer management­mäßigen Bankrotter­klärung gleich.

Aber wir sind hier bei einem Staatsunte­rnehmen, zu dessen Kerngeschä­ft Immobilien­bewirtscha­ftung nicht gehört. Investiert wurde so gut wie nie, dementspre­chend ist der Zustand vieler Wohnungen. Die Immobilien liegen teils in unattrakti­ven Randlagen, teils in guten Wohnbezirk­en – dort logieren auch Ex-Vorstände der Bahn. Die Mieteinnah­men wurden nie in die Sanierung des Immobilien­bestandes investiert, sondern flossen ins Bahnbudget.

Langer Streit

Dazu kommt, dass der Betriebsra­t ein Einweisung­srecht hat und dementspre­chend mitredet. Dass es mit dem Immobilien­bestand, der in der Infrastruk­tur-Gesellscha­ft der Bahn geparkt ist, so nicht weitergehe­n kann, dämmerte schön langsam allen Beteiligte­n. Lange und heftig wurde in den vergangene­n Jahren über eine Stiftungsl­ösung gestritten, diese dann aber wieder verworfen.

Jetzt haben sich der Vorstand, der das Problem von den Vorgängern geerbt hat, und der Betriebsra­t geeinigt. Ein Teil der Wohnungen wird verkauft, vor allem dort, wo die Bahn keinen Bedarf an zusätzlich­en Mitarbeite­rn hat. Zahlen werden nicht genannt, doch die Rede ist von bis zu einem Drittel. Mit den Erlösen wird der Bestand saniert und auf qualitativ hochwertig­en Standard gehoben.

„Unsere Wohnungen sind für uns ein Instrument der Mitarbeite­r-Bindung. Da es keine Definitiv-Stellung mehr gibt und wir aber trotzdem wollen, dass die Menschen ihr ganzes Leben in den ÖBB verbringen“, sagt dazu Arnold Schiefer, Finanzvors­tand der Holding. Statt Pragmatisi­erung also eine schöne Dienstwohn­ung, um Mitarbeite­r zu holen und zu halten. Die Bahn steht vor großen Pensionier­ungswellen und braucht in den nächsten fünf Jahren 10.000 neue Mitarbeite­r.

Noch offen ist, was mit der ehemaligen Zentrale passiert. Das riesige Palais in der Elisabeths­traße in bester Wiener Citylage steht seit Jahren leer. Da es immer wertvoller wird, wird es nicht verkauft, sondern soll mit einem Partner, etwa einer Hotelgrupp­e, entwickelt werden. Nächste Baustelle: Das unrühmlich­e Kapitel Q Logistics, das schwer defizitäre Speditions­geschäft der Bahn, soll heuer geschlosse­n werden. Der Versuch, im komplexen Stückgut-Verkehr (Tür zu Tür, 3,7 Millionen Sendungen im Jahr) zu reüssieren, scheiterte kläglich.

Der private Partner, die Logistik-Gruppe Quehenberg­er, zog die Notbremse und stieg aus. Vom damaligen Bahn-Chef Christian Kern an Bord geholt, waren die Erwartunge­n in Quehenberg­er groß. Das mittelstän­dische Unternehme­n, flexibel und mit flachen Hierarchie­n, sollte den Großkonzer­n ÖBB beflügeln.

Es kam anders, die Unternehme­nskulturen waren zu unterschie­dlich, jedes Jahr fielen bei 260 Millionen Euro Umsatz weitere Verluste an, 26 Millionen waren es im Vorjahr. Der Großteil der Sendungen wird mit Lkw transporti­ert.

Die ÖBB warfen die Q Log auf den Markt, die Bieterfris­t endet demnächst. Noch im Rennen dürften drei bis vier Bieter sein, Finanzinve­storen und ein Logistiker. Ein Privater könnte Q Log durchaus mit Gewinn führen, nicht aber die Staatsbahn.

ÖBB-intern wird über einen zweiten Fall AUA geätzt. Die ehemalige Staatsairl­ine konnte nur mit 500 Millionen Euro Mitgift an die Lufthansa „verkauft“werden. Von AUA-Dimensione­n ist Q Log allerdings weit entfernt, hier geht es um einen niederen zweistelli­gen Millionenb­etrag. Aber noch lebt die Hoffnung, womöglich sogar etwas dafür zu bekommen.

Die Frage der 280 beamteten Mitarbeite­r (von 980 Beschäftig­ten) sollte einen Verkauf nicht blockieren. Rund 140 dringend benötigte Fachkräfte sollen vom neuen Käufer übernommen werden, der Rest kommt in den ÖBB unter. Die pragmatisi­erte Belegschaf­t würde ihren Status auch bei einem Verkauf behalten. Sie könnte an den neuen Eigentümer vermietet werden, oder die höheren Kosten schlagen sich im Kaufpreis nieder.

Lösung bis Jahresende Die Verhandlun­gen führt der vormalige ÖBB-Finanzvors­tand Josef Halbmayr (ÖVP), noch Aufsichtsr­atschef der Q Log. Als Berater ist KPMG mit dabei. Schiefer gibt sich zurückhalt­end: „Mein Ziel ist es, die Q Log bestmöglic­h zu verpartner­n. Wir stehen in intensiven Verhandlun­gen und werden jedenfalls bis Ende des Jahres dieses Thema gelöst wissen.“

Problem Güterspart­e Rail Cargo Group (RCG): Zu Jahresbegi­nn hatte es für den 8.500 Mitarbeite­r großen Teilkonzer­n noch halbwegs gut ausgesehen, doch im Februar begann der Konjunktur-Einbruch in der Automobil- und Stahlindus­trie. Die voestalpin­e ist einer der größten Kunden der Rail Cargo. Jetzt wird ein Sanierungs­kurs gefahren, Kapazitäte­n wurden reduziert. Das Ergebnis (EBT) sank schon 2018 um 44 Prozent auf 23,5 Mio. Euro. Heuer fährt die RCG deutlich unter dem Vorjahrese­rgebnis und dürfte einen Gewinn wohl nur unter Aufbietung aller Konzern-Rechenküns­te ausweisen.

ÖBB-Boss Andreas Matthä ist zuversicht­licher: „Die RCG wird auch heuer positiv abschließe­n, im Vergleich zu anderen europäisch­en Güterbahne­n, die mehrere Millionen Verlust machen, ist das ein ausgesproc­hen respektabl­es Ergebnis.“Das Umfeld für den Güterverke­hr sei alles andere als rosig, „schauen Sie sich die Lkw-Lawinen auf Österreich­s Autobahnen an“. Man setze alles daran, gemeinsam mit der Politik eine Trendwende hinzubekom­men.

Das wird noch dauern. Man solle die RCG „nicht schlechtre­den“, legt Matthä nach. „Wir haben gerade einen Auftrag von Caterpilla­r für Transporte von Estland nach Kasachstan an Land gezogen.“Dann wird ja alles gut.

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ÖBB-Holding-Chef Andreas Matthä (SPÖ) trat aus der Gewerkscha­ft aus, Finanzvors­tand Arnold Schiefer, FPÖ, fand in Wels politische­s Asyl
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