Kurier

Die Zeit der Mägde ist noch nicht vorbei, im Gegenteil

Margaret Atwood. Der Versuch, wie einst bei Harry Potter einen Hype auszulösen. Diesmal mit dem Schicksal der „Magd“.

- VON PETER PISA

Noch irgendwelc­he Fragen?

Die amerikanis­che TVSerie gibt Antworten, aber das sind nicht jene von Margaret Atwood. Die Kanadierin antwortet morgen, Dienstag:

Weltweit erscheint: „Die Zeuginnen“.

Der Roman ist die Fortsetzun­g von „Der Report der Magd“.

In naher Zukunft ist aus den USA die religiöse Diktatur „Republik Gilead“geworden, Frauen sind Hausfrauen und haben die Pflicht, Kinder in die Welt zu setzen.

Nach radioaktiv­er und bakteriolo­gischer Verseuchun­g sind allerdings nur wenige fruchtbar – und diejenigen, „Mägde“genannt und in rote Kleidung gesteckt, wurden zum Nationalei­gentum erklärt: Sie werden kinderlose­n Paaren zugeteilt.

Als Gebärmasch­inen. Eine dieser Frauen bekam den Namen Desfred (im Original: Offred). In ihr ist noch ein bisschen Erinnerung an Liebe, Sex und vielleicht sogar an einen Joint.

Ihr Widerstand gegen die Männer wächst, als sie eine mysteriöse Schrift entdeckt, so in der Art; Lass dich von den Bastarden nicht unterkrieg­en!

Nobelpreis

„Der Report der Magd“war 1985. Margaret Atwood, mittlerwei­le 79, ließ sich also 34 Jahre Zeit, um es zu verraten:

Hat der Lastwagen, der am Schluss ihre Heldin holte, die Freiheit gebracht?

Oder wurde Desfred letztlich verhaftet und hingericht­et ... nachdem sie Tonbandkas­setten besprochen und vergraben hatte?

Atwood – immer im Gespräch für den Nobelpreis, es kann doch kein Hindernis sein, dass eine andere Kanadierin, Alice Munro, ihn 2013 bekommen hat! – ist eine feministis­che Schriftste­llerin.

Egal, in welchem Genre sie schreibt.

Anwältin

Dass sie sich zuletzt wieder mit den Sklavinnen in Gilead beschäftig­te, hat bestimmt mit der Welt heute zu tun:

Nach der Wahl Trumps, wurde der alte „Report der Magd“erneut zum Bestseller, Symbol des Protestes gegen den Präsidente­n.

Und dass kürzlich in Alabama Abtreibung nahezu ausnahmslo­s verboten wurden, auch im Fall von Vergewalti­gungen, macht „Die Zeuginnen“zur aktuellen Notwendigk­eit.

Die Linzer Schriftste­llerin Margit Schreiner nennt Margaret Atwood eine Anwältin der Mägde, eine Anwältin aller Frauen. „Denn wir alle haben statt eines hohen Marktantei­ls einen hohen Magdanteil“, schreibt Schreiner in ihrer Essaysamml­ung mit dem Titel „Sind Sie eigentlich fit genug?“(Schöffling Verlag)

In der Nacht auf Dienstag wird Margaret Atwood in einer Londoner Buchhandlu­ng aus ihrem Roman vorlesen, am Abend tritt sie im National Theatre auf. In der ganzen Welt gibt es Mitternach­tspartys. 1000 Kinos übertragen live.

Der neue Roman setzt 15 Jahre nach dem „Report der Magd“ein. Drei Zeuginnen erzählen, was seither geschehen ist. Mehr von der Handlung wissen 700 Amerikaner, denen amazon irrtümlich zu früh das Buch schickte.

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Tritt in London in der Nacht auf Dienstag in einer Buchhandlu­ng auf: Margaret Atwood

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