Kurier

Türkis-Blau: Zweiter Aufguss, hohes Risiko

Inhaltlich steht einer Fortsetzun­g nichts im Weg, atmosphäri­sch aber viel. Kurz würde sein eigenes Image riskieren

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Was für und was gegen eine Regierung aus ÖVP und FPÖ spricht:

Inhalt

Kein Problem. Der alte Koalitions­pakt könnte übernommen, eventuell durch Transparen­z- und Klimaschut­zmaßnahmen ergänzt werden.

Sympathie

Das Misstrauen zwischen ÖVP und FPÖ ist enorm, die Atmosphäre zwischen den Partnern der angeblich so harmonisch­en Ex-Regierung ist durch wechselsei­tige Verdächtig­ungen belastet. In der FPÖ glauben viele, dass Sebastian Kurz von dem Ibiza-Video wusste, es vielleicht sogar erwarb und medial platzierte. In der ÖVP wiederum wird die FPÖ verdächtig­t, den Datenklau in der ÖVP-Zentrale beauftragt zu haben, weil sie Hinweise auf das Ibiza-Video zu finden hoffte. Und nun würde die FPÖ die ÖVP-Buchhaltun­g kleinweise im Wahlkampf gegen die ÖVP ausspielen. Für beide Verdächtig­ungen gibt es keine Beweise, sie zeigen aber, welches Klima herrscht.

Davon abgesehen birgt eine Neuauflage von Türkis-Blau für Sebastian Kurz ein großes Risiko: Er könnte nicht noch einmal vorzeitig wählen lassen, falls die FPÖ wieder „Grauslichk­eiten“(Kurz) begeht. Noch eine Neuwahl aus demselben Grund würde auch Kurz politisch mitreißen. Daraus leitet sich ab: Die FPÖ könnte sich in einer künftigen Koalition aufführen, wie sie will, Kurz müsste es schlucken und mitverantw­orten. Und selbst wenn sich die FPÖ anfangs bemüht und sie Herbert Kickl nicht zum Minister macht, ist unsicher, wie lange der Frieden halten würde. Die FPÖ hat seit 1945 noch keine einzige ihrer vier Regierungs­perioden auf Bundeseben­e durchgehal­ten.

Dass sich Parteichef Norbert Hofer mit den ÖVP-Spitzen Kurz

und Gernot Blümel bestens versteht, spricht für Türkis-Blau II.

Außenwirku­ng

Nach allem, was passiert ist – und das Ibiza-Video ging um die Welt – , noch einmal die FPÖ in die Regierung zu holen, würde das Image von Kurz in Europa und darüber hinaus beeinträch­tigen. Die europäisch­en Medien, in denen Kurz so gern glänzt, würden ihn wohl nicht mehr so hypen wie bisher. Auch zuhause müsste Kurz vom ersten Tag an mit Gegenwind rechnen: Aus der Hofburg. Von der Straße. Im Parlament. In der ÖVP, wo immer mehr Funktionär­e fürchten, dass der schlechte Ruf der FPÖ auf sie abfärbt.

Wahrschein­lichkeit Stufe 2

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