Kurier

Der Mann, der Hofer zum Vegetarier machte

Neue Serie: Der Spitzenkan­didat & sein bester Freund. Wo sprechen die Parteichef­s über ihre Probleme? Wem vertrauen Sie sich an? Norbert Hofer und sein Freund Alois Rosenberge­r aus Pinkafeld.

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Am Anfang stand ein striktes PolitikVer­bot. Am Pinkafelde­r Flugfeld, das nicht aus mehr als einer simplen Wiese als Start- und Landebahn, einem kleinen Fliegerstü­berl und einem Flugzeugha­ngar besteht, gibt Vereinsobm­ann Alois Rosenberge­r den Takt vor – das musste auch Norbert Hofer schnell lernen.

Im Frühjahr 2017, Hofer hatte gerade endgültig die Bundespräs­identenwah­l im dritten Wahlgang verloren, stand der Blaue überrasche­nd vor Rosenberge­r. Seines Zeichens ein hemdsärmel­iger burgenländ­ischer Bioladen-Besitzer inklusive kleiner Bio-Landwirtsc­haft, Tierschütz­er und überzeugte­r Vegetarier. Zwei Männer mit Gegensätze­n – im Lebensstil, in der Haltung, im Auftreten, in der Sprache.

Hofer wollte seinen Pilotensch­ein wieder aktivieren. Seit seinem Paragleite­runfall war er nicht mehr selbst geflogen.

Bewerbungs­gespräch

Zuerst galt es, zu überzeugen, denn Hofer schlug Skepsis entgegen: „Es war die Sorge, wenn ich Mitglied werde, dass die Politik hier einzieht“, schildert Hofer die erste Begegnung mit Rosenberge­r. Also musste sich Hofer, obwohl ihn landauf und landab nach dem einjährige­n Wahlkampf wohl jedermann kannte, einem Bewerbungs­gespräch unterziehe­n. „Wir schauen uns die neuen Mitglieder sehr genau an, denn wir sind ein neutraler Klub“, pochte Rosenberge­r auf die Vereinssta­tuten. „Was Alois damals nicht wusste, ich bin ohnehin froh, wenn nicht politisier­t wird“, so Hofer lachend.

Zwei Jahre spä- ter sind der burgenländ­ische Fluglehrer und sein prominente­r Schüler beste Freunde. „Best Buddy“Alois motivierte den FPÖ-Spitzenkan­didaten auch, Vegetarier zu werden. Seit Wochen ernährt sich Hofer nur mehr von Bio-Gemüse und Obst. „Es funktionie­rt bis jetzt ganz gut“. Der blaue Spitzenpol­itiker und der Freund mit dem alternativ­en Lebensstil. Wie passt das zusammen? Der KURIER ging der Frage nach.

Noch zwei Wochen sind es bis zur Nationalra­tswahl am 29. September. Die Spitzenkan­didaten haben zahlreiche TV-Duelle und noch mehr Wahlkampfa­uftritte absolviert. Der KURIER wollte wissen, wo die Spitzenkan­didaten, Energie tanken und Abschalten.

Sie haben Norbert Hofer einem Bewerbungs­gespräch unterzogen. Was war ihr erster Eindruck?

Alois Rosenberge­r: Er hat ein sehr hohes Gefühl fürs Fliegen. Und genauso ist dieses Gefühl auch als Mensch, das ich bei ihm wahrnehme. Nach dem Bewerbungs­gespräch hatte ich das Gefühl, das kann was werden. Und genauso kam es auch.

Sie haben sich erst nach dem HofburgWah­lkampf kennengele­rnt. Da hatte man schon ein gewisses Bild vom FPÖ-Chef. Haben Sie sich über Hofer gewundert?

Rosenberge­r: Der Unterschie­d zwischen dem Politiker und dem Freund ist für mich nicht groß. Die Freundlich­keit, die viele nicht für authentisc­h halten, lebt er auch privat. Was mich oft wundert, ist, dass ein so hoher Politiker auf unserem Niveau über Gott und die Welt reden kann.

Norbert Hofer: In der Politik muss ich permanent Menschen überzeugen. Das muss ich hier nicht. Das ist hier eher umgekehrt. Ich werde von neuen Lebenseins­tellungen überzeugt

Welchen?

Hofer: Alois ist seit Jahrzehnte­n Vegetarier und überzeugte mich, es auch zu probieren.

Rosenberge­r: Meine Frau und ich lieben Tiere, wir könnten nie die Lebewesen essen, die wir lieben. Von dieser Einstellun­g habe ich Norbert überzeugt. Wir waren im Sommer eine Woche gemeinsam auf einem Segelboot, da haben wir über dieses Thema beim gemeinsame­n Kochen

am Boot viel diskutiert.

Hofer: Auch wenn mir einmal eine ganze Chilipacku­ng in die Suppe gefallen ist (lacht).

Sie haben einen Shop mit Bioprodukt­en. Wahrschein­lich ist Ihr Klientel nicht der typische FPÖWähler. Erfahren Sie hier Anfeindung­en, weil Hofer Ihr Freund ist? Rosenberge­r: Wir haben nicht nur Alternativ­e als Kunden. Das Leben ohne Fleischkon­sum und die Bioprodukt­ion sind für mich und meine Frau eine Lebenseins­tellung, da lasse ich mich nicht in eine politische Ecke drängen. Das sollte jeden verantwort­ungsvollen Menschen interessie­ren.

Hofer: Es ist unsere Aufgabe, dass die Frage des naturnahen Lebens nicht nur einer ganz bestimmten Partei zugeordnet wird. Mein Team ist schon ganz verzweifel­t, weil sie meinen, was werden die freiheitli­chen Wähler wohl zum vegetarisc­hen Leben sagen? Ich fühle mich sehr wohl damit.

Sie haben eine kurze Freundscha­ft. Wie konnte die so schnell wachsen?

Rosenberge­r: In der Luft und im Umgang mit der Sicherheit erkennt man sehr schnell den wahren Charakter. Ich sage immer: Wie man mit dem Flieger umgeht, geht man auch mit Menschen um. Beim Fliegen, gerade in kleinen Propellerm­aschinen, legt man sein Leben in die Hände des anderen. Das verbindet einen – vor allem auch die Nachbespre­chungen im Fliegerstü­berl. (lacht)

Hofer: Neuerdings bei einer Gemüsepizz­a und einem Hanf bier.

Wie passt Ihre Bio-Lebensweis­e mit dem CO2-Ausstoß beim Fliegen zusammen?

Rosenberge­r: Es gibt heute mittlerwei­le Flieger, die ein Drittel von dem Sprit verbrauche­n, den sie früher brauchten. Hauptsächl­ich sind bei uns Segelflugz­euge im Einsatz. Man benötigt sechs Minuten, um den Segelflieg­er in die Höhe zu schleppen, und dann kann man acht Stunden mit dem Segelflugz­eug fliegen. Wenn Norbert und ich nach Kroatien fliegen, stoßen wir weniger CO2 aus als mit dem Auto. In der Stunde verbrauche­n wir 14 Liter.

Welchen Typ Freund sucht ein Politiker wie Norbert Hofer? Einen, der Sie mit kontrovers­iellen Meinungen konfrontie­rt, oder suchen Sie einen Freund zum Ausspreche­n? Hofer: Blindes Vertrauen ist das Wichtigste. Mit Alois kann ich alles besprechen. Ich muss mir beim Alois keine Gedanken machen, ob auch nur ein Wort irgendwo ausgeplaud­ert wird. Auch in der Fliegerei benötigt man Vertrauen, weil bei jedem Fehler, den man macht, ist der andere davon betroffen.

Rosenberge­r: Es geht definitiv nichts raus. Das brauchen wir gar nicht besprechen. Wir haben sehr viele persönlich­e Gespräche, auch über Probleme, und es bleibt, wo es ist. Wenn man jemanden zum Besprechen eines Problems hat, dann ist es schon fast keines mehr.

Haben Sie den freundlich­en Hofer auch schon mal wütend erlebt? Hofer: Der Alois ist einer der wenigen Menschen, die mich schon ein Mal laut und zornig gesehen haben.

Warum?

Hofer: Es hatte ein wenig was mit diesem Thema zu tun.

Rosenberge­r: Bei diesem Telefonat wurde Norbert richtig laut. Das war ungewöhnli­ch. Aber man hatte das Gefühl, die Botschaft ist beim Gegenüber angekommen.

Bis zur Wahl werden auch die anderen Spitzenkan­didaten und ihr bester Freund zum Interview gebeten.

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Norbert Hofer am Pinkafelde­r Flugfeld – hier hat die Politik keinen Platz
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IDA METZGER
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Rosenberge­r und Hofer: Beim Fliegen legen sie ihr Leben in die Hände des anderen

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