„Offene Häfen ohne Grenzen“? Italien lässt Flüchtlinge an Land
IRENE THIERJUNG Matteo Salvini tobt. „Hier kommen sie, offene Häfen ohne Grenzen“, twitterte der frühere italienische Innenminister und Chef der rechten Lega am Samstag. Grund für den Zornausbruch war ein Entscheid der neuen Regierung unter Premier Giuseppe Conte. Diese hatte mitgeteilt, dass das seit zwei Wochen nach einem sicheren Hafen suchende Rettungsschiff „Ocean Viking“in Lampedusa ankern und die 82 Migranten darauf an Land gehen dürften. Die von Ärzte ohne Grenzen und SOS Méditerranée geretteten Menschen sollen auf Italien, Frankreich, Deutschland, Portugal und Luxemburg verteilt werden. Das aus Fünf-Sterne-Partei und Sozialdemokraten bestehende Kabinett Conte II will die harte Migrationspolitik der Vorgängerregierung (Lega und Fünf Sterne) überarbeiten. Als erster Schritt wurden Italiens Häfen wieder für Rettungsschiffe geöffnet. Unter Salvini hatten Kapitäne, die das Anlegeverbot missachteten – wie die Deutsche Carola Rackete–, mit drakonischen Strafen zu rechnen.
Verteilungsmechanismus
Rom kämpft seit Jahren für eine faire Verteilung von Bootsmigranten auf die EU-Länder – heuer kamen laut Internationaler Organisation für Migration rund 5800 Menschen an Italiens Küsten an. In der Süddeutschen Zeitung bestätigte der deutsche Innenminister Horst Seehofer nun Berichte, wonach es einen Vorschlag für einen Verteilungsmechanismus gebe. Berlin sei bereit, künftig ein Viertel der nach einer Rettung in internationalen Gewässern in Italien ankommenden Bootsmigranten aufzunehmen, sagte er. Man werde allerdings darauf dringen, die Migranten noch in Italien einer Sicherheitsüberprüfung zu unterziehen.
Ein weiteres Viertel der Menschen soll laut Medien Frankreich übernehmen, Italien zehn Prozent. Der Rest soll auf andere EU-Länder verteilt werden. Und hier findet sich der Haken: Bisher haben sich Länder wie Ungarn und Polen geweigert, sich zur Aufnahme einer festgelegten Zahl an Migranten zu verpflichten.