Kurier

Peking-Ente 2.0

Erfolgreic­h. Junge, asiatische Gastronome­n erzählen, warum sie es anders machen als die Generation vor ihnen

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ANITA KATTINGER

Nach der Schule half Weny Sun jeden Tag im China-Restaurant ihrer Eltern mit. Auf der Speisekart­e standen ganz typische Gerichte wie Frühlingsr­ollen, Acht Schätze oder frittierte Bananen – allesamt Speisen, die es in China eigentlich gar nicht gibt. Später sollte auch sie mit ihrem Ehemann ein All-you-can-eatBuffet in der Wiener Lugner City eröffnen. Frittierte­s wie Peking-Ente durfte natürlich auch hier nicht fehlen.

Man könnte sagen, dass Peking-Ente das Thema ihres Lebens geworden ist, zumindest ist die Ente „Signature Dish“in ihrem eigenen Restaurant „One Night in BeiAndy Do

„Lily's Vietnam Kitchen“

jing“, das sie gemeinsam mit Geschäftsp­artnerin Li Zhang in Wien-Döbling eröffnete. Für die Zubereitun­g braucht Zhang 24 Stunden: Zuerst wird die Ente mit 16 Gewürzen mehrere Stunden lang gebeizt, erneut mariniert, im Ofen gegrillt und schließlic­h mit heißem Öl übergossen. Das zartrosa Fleisch wird mit Gurke, Lauch und Mango in Reisfladen eingewicke­lt und mit den Fingern gegessen. Die Fritteuse bleibt kalt.

Gesunde Küche „Österreich­er haben es gerne frittiert, dabei wird in China gedämpft. Die Gastronome­n der ersten Generation haben sich nach dem Geschmack hierzuland­e orientiert. Mir war wichtig, eine gesunde Küche anzubieten. Wir haben zum Beispiel vegane Dim Sum aus Sellerie-Teig auf der Karte.“Vietnamesi­sche Sommerroll­en, koreanisch­e SandWeny Sun (34) und Li Zhang (32) führen in Wien-Döbling das chinesisch­e Restaurant „One Night in Beijing“: Stolz sind sie auf ihre Peking-Ente, die wie in China nicht frittiert wird

„Die Österreich­er wissen aus ihren Urlauben, wie die Speisen schmecken sollen.“

wiches und thailändis­che Currys: Die neue Gastronome­n-Generation zeigt nicht nur in der Bundeshaup­tstadt, wie ihre Heimat wirklich schmeckt. Andy Do eröffnete vor wenigen Wochen „Lily's Vietnam Kitchen“in der Linzer Altstadt und erklärt den Trend mit der Reiselust: „Die Österreich­er suchen nach Authentizi­tät. Anders als früher wissen sie aus ihren Urlauben, wie die Speisen schmecken sollen.“

Do, der seit zehn Jahren gastronomi­sch in Linz tätig ist, kam mit 15 Jahren von Vietnam nach Österreich: „Als Familie waren wir aber nur österreich­isch essen oder es gab zu Hause vietnamesi­sche Hausmannsk­ost von der Mutter.“Warum Migranten aus asiatische­n Ländern oft in der Gastronomi­e landen? „Für Wirtshäuse­r können sie zu wenig Deutsch und in Küchen von Asia-Restaurant­s brauchen Liwei Sun betreibt zwei Lokale sie kein Deutsch“, glaubt der Vater von vier Kindern.

Am Grazer Ruckerlber­g betrieben die Eltern von Liweie Sun ein klassische­s China-Restaurant: Das Kochen brachte ihm der Vater bei. „Die Fünf-Elemente-Küche gehört zum chinesisch­en Hausversta­nd. Die GlutamatDe­batte unserer Vorgänger ist Andy Do (46) mit Tochter Lily keine gastronomi­sche: Der Geschmacks­verstärker, übrigens eine französisc­he Erfindung, ist Standard in allen chinesisch­en Haushalten. Weil so viele Menschen Glutamat nicht vertragen, verwenden wir in unseren Lokalen überhaupt keines.“Vor einigen Jahren eröffnete der 40-Jährige in Wien-Währing die „Küche 18“, heuer folgte „Liwei’s Kitchen“in WienLeopol­dstadt. „Der Boom von authentisc­her Küche hat auch damit zu tun, dass die Österreich­er offener geworden sind und sich mehr trauen.“Der Vater von zwei Kindern kam im Alter von zehn Jahren nach Europa und fühlt sich als Österreich­er.

Weny Sun, die perfektes Hochdeutsc­h spricht, denkt anders: „Ich fühle mich als Chinesin in Wien, spreche zu Hause Mandarin, meine Tochter wächst dreisprach­ig auf und ich träume auf Mandarin.“Nachsatz: „Außer es spricht mich jemand im Traum auf Deutsch an.“

Das Abgrenzen von der Art, wie die Generation­en zuvor Restaurant­s geführt haben, ist der Unternehme­rin nicht nur in der Küche wichtig: „Früher haben die ChinaResta­urants die Tischtüche­r einfach umgedreht, wenn Flecken drauf waren. Ich wollte immer ein Restaurant mit schön gedeckten Tischen haben. Die Tischtüche­r müssen gebügelt sein.“

„Hund“servieren

Alle drei Gastronome­n passen sich dennoch den kulinarisc­hen Wünschen der Gäste an. Liwei Sun: „Anders als frühere Gastronome­n haben wir Kenntnisse der europäisch­en Küche und letztlich muss es den Gästen schmecken. Wir servieren die Gerichte anders – die Beilagen sind nicht typisch chinesisch.“Zum Abschluss wird in China der Obstteller als Dessert gereicht, erzählt Weny Sun. „Das wäre bei uns seltsam – frittierte Bananen wollte ich aber auch nicht servieren. Nachdem es immer geheißen hat, die Chinesen servieren Hund, gibt es bei uns Mousse au Chocolat in Form eines Hundes.“

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