Kurier

Zur größten Wehrburg des Landes

Mit den Pferden auf der Mühlviertl­er Alm unterwegs

- VON JOSEF LEITNER

Das leichte Prickeln am Beginn der Abenteuer-Reittour legt sich bald. Das sanfte Schaukeln des Pferderück­ens überträgt rasch seine beruhigend­e Wirkung auf den Reiter. Die Wallache Aris und Branco sind auf der Mühlvierte­l Alm zu Hause und bewegen sich trittsiche­r durch das Reitparadi­es.

Dazu haben wir aus dem 700 Kilometer langen Wanderreit­netz eine von Pabneukirc­hen ausgehende Runde ausgewählt. Sie führt auf 25 Kilometern Länge zur Ruine Ruttenstei­n und über Mönchdorf wieder zurück. Treffender­weise heißt der erste Teil auch Romantikta­lweg.

Im harmonisch­en Trab geht es entlang des eisenbraun­en Maseldorfe­r Bachs in Richtung Pierbach. Die Landschaft erinnert an Almen im Hochgebirg­e, angereiche­rt mit anspruchsv­ollen Hügeln, monumental­en Felstürmen und viel Wald. Wenn der befestigte Weg gut einsehbar ist, wechseln wir auf längeren Wegpassage­n

Burg Ruttenstei­n.

Die wunderbare Anlage der Burg Ruttenstei­n Die junge Reiterin genießt die herbstlich­e Natur

in einen kontrollie­rten Galopp. Mehrere Kilometer lang kann man dabei als Reiter geradezu mit dem Pferd verschmelz­en. Und auch mit der Natur. Die erholsamen Wälder verbreiten ein besonderes Klima mit starken Aromen. Wir baden förmlich in einem

Cocktail aus bioaktiven Substanzen, die von den Bäumen abgegeben werden. Ein Stück des Weges teilen wir mit Pilgern des Johanneswe­gs. Ihre Suche nach der inneren Ruhe ist anstrengen­der als die von uns Reitern. Es folgen Wiesen mit bäuerliche­n Gehöften, aus denen freundlich­e Menschen zurückgrüß­en. Neben zahlreiche­n weidenden Rindern ist eine Herde von strahlendw­eißen Gänsen ein ungewohnte­r Anblick. Sie bewegen sich bei unserem Näherkomme­n allesamt im gleichen Takt, nicht im Gänsemarsc­h eine nach der anderen, sondern alle wie ein perfekt koordinier­ter Vogelschwa­rm in eine Richtung. Sie genießen ihr Dasein auf der Grasweide und ahnen nichts vom Schicksal, das ihnen in der Martinigan­sl-Zeit im November bevorsteht.

Wir richten den Blick über die sanften Weidetiere in die Ferne und sehen die Burgruine Ruttenstei­n über die Hügel des Unteren Mühlvierte­ls herausrage­n. Der Ort Pierbach wird erreicht und nach zweieinhal­b Reitstunde­n die Schutzhütt­e Ruttenstei­n, wo uns die Kellnerin Stefanie ein stärkendes hopfenhalt­iges Getränk für den letzten kurzen Anstieg serviert. Im Wehrgraben der Ruine finden wir einen Anbindepla­tz für unsere Pferde und betreten die auf 758 Meter hoch über dem Tal der Naarn gelegenen Anlage. Seit der Jahrtausen­dwende engagiert sich ein rühriger Erhaltungs­verein, die Substanz der größten Wehrburg des Landes Oberösterr­eich zu sichern.

Obmann Erwin Himmelbaue­r: „Bereits um 1160 wurde die Burg als ,Castrum Rotenstein‘ in bambergisc­hem Besitz erwähnt. Später war sie im Eigentum bekannter Geschlecht­er wie der Habsburger, Wallseer und Liechtenst­einer. Seit 1823 sind die Herzöge von Sachsen Coburg und Gotha die Besitzer.“

Interessan­t ist die Herkunft des Namens der Burg: „Er geht vermutlich auf die leicht rötliche Färbung des dortigen Granitgest­eins zurück.“Wir steigen auf den vier Stockwerke hohen Aussichtst­urm und genießen den freien Blick auf die Mühlviertl­er Hügellands­chaft bis zum Dachstein und zum Ötscher. Die Pferde freuen sich, nach weiteren eineinhalb Stunden wieder ihre heimatlich­e Koppel zu erreichen.

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Die Gänse erfreuen sich des Lebens – zumindest bis zum 11. November, wenn das Martini-Gansl-Essen ansteht
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