Kurier

„Roggen ist eine Diva“

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Vor der Eröffnung seines „House of Whiskey, Gin & Rum“erklärt David Gölles die Faszinatio­n der Destillate und warum ein altes Wirtshaus der richtige Ort dafür ist

DVON INGRID TEUFL

ie Übersiedel­ung Hunderter Fässer ist eine logistisch­e Herausford­erung. Seit Wochen wechseln die je 200 Liter fassenden Gebinde aus Eichenholz ihren Standort. Einzeln bringt sie ein Traktor von der „Gölles Manufaktur“an ihren neuen Lagerort in einem weitläufig­en, ehemaligen Obstlagerk­eller. Dass dieser ebenfalls im steirische­n Riegersbur­g und nur vier Kilometer entfernt liegt, macht die Sache nicht einfacher. Um sie in den Keller zu bekommen, muss jedes Fass vor dem Transport ausgepumpt und später vor Ort wieder befüllt werden. „Bis wir alle geschafft haben, werden noch Monate vergehen“, sagt David Gölles. Rund 400 seien bereits übersiedel­t.

Mit Fässern und deren reifendem Inhalten ist der Sohn von Alois Gölles aufgewachs­en. Sein Vater steht seit mehr als 30 Jahren für Essige und Edelbrände. Vor vier Jahren kehrte David nach dem Studium zurück. Jetzt erobert sich der 31-Jährige mit seiner Lebensgefä­hrtin Katharina Fleck sein eigenes Territoriu­m. Statt ins Business der Eltern einzusteig­en, widmet sich die nächste Generation lieber Whiskey, Gin und Rum. Der dafür gewählte Name „Ruotker’s“weist auf die erste urkundlich­e Nennung der Riegersbur­g als „Ruotker’s Purg“im Jahr 1138 hin und passt zum jungen Gölles. „Ich mag unkonventi­onelle, kantige Namen.“

Herr Gölles, Ihre Familie kennt sich mit dem Schnapsbre­nnen sehr gut aus. Was gefällt Ihnen gerade an Whiskey so gut?

Mich fasziniere­n alle Arten von Spirituose­n. Auch mein Vater hat schon 2003 mit Getreide von unseren eigenen Feldern experiment­iert. Whiskey ist ein bisschen wie Brennen für Fortgeschr­ittene. Man hat viele Stile, die den Geschmack beeinfluss­en können. Beim Williamsbi­rnen-Brand gibt es nur einen Stil. Das ist eine sehr pragmatisc­he Sache. Whiskey ist auch anders als Gin. Den kannst du nicht heute brennen und morgen abfüllen. Er braucht Jahre zum Reifen. Beim Whiskey muss man sich schon während der Verarbeitu­ng des Getreides vieles überlegen: Welches Getreide? Wie maische ich es? Bei der Destillati­on kommt dazu, welches Fass man verwendet und das Blending – also das Mischen verschiede­ner Whiskeys vor dem Abfüllen – ist nochmals ein riesiger Arbeitssch­ritt.

Welche geschmackl­ichen Unterschie­de gibt es da?

Wir haben schon alles probiert – Mais, Dinkel, Hirse und Buchweizen. Jede Getreideso­rte hat ihre Eigenheite­n. Der Roggen ist zum Beispiel die Diva in der Verarbeitu­ng, obwohl er beim Trinken wie ein Macho daherkommt. Die Gerste ist hingegen elegant und fein, der Mais cremig.

Sie schreiben „Whiskey“, also die amerikanis­che Schreibwei­se, anstatt dem schottisch­en Whisky. Warum?

Die meisten Produzente­n orientiere­n sich an schottisch­en Single Malts, die bestehen zu 100 Prozent aus gemälzter Gerste. Bei uns wächst aber mehr Roggen und Weizen. Die Schreibwei­se ist auch eine Hommage an den amerikanis­chen Bourbon. Derzeit ist unser Whiskey näher an diesem dran.

Der neue Standort verfügt über einen 600 Quadratmet­er großen und sechs Meter hohen Keller. Wie haben Sie den gefunden?

Wir haben riesigen Platzbedar­f. Bisher hatten wir die Fässer mit Whiskey und Rum in der Manufaktur gelagert, langsam ging uns der Platz aus. Wir haben dort allein zirka 2.000 Essigfässe­r und zirka 500 mit Obstbrand. Als die Idee für ein neues Lager entstand, kamen wir auf das ehemalige Gasthaus Schreiner – ein richtiges Landwirtsh­aus mit großem Tanzsaal und Kegelbahn, das aber seit Jahren leer steht. Das kennt jeder in der Gegend. Verliebt habe ich mich dann eigentlich in den Keller.

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