Kurier

Peter Weck, Musical-Visionär

Interview. Peter Weck brachte „Cats“1983 nach Wien. Ab Freitag ist das Musical wieder zu sehen

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1983 läutete er mit „Cats“eine neue Musical-Ära in Wien ein. Im Interview blickt er zurück.

WERNER ROSENBERGE­R

Mehr als 120.000 Karten sind verkauft. Schon vor der Premiere von „Cats“am Freitag im Ronacher. Ein Comeback: Sieben Jahre lang war Andrew Lloyd Webbers Musical nach der deutschspr­achigen Premiere 1983 in über 2.000 Vorstellun­gen in Wien zu sehen. Peter Weck, damals Intendant, erinnert sich – und kennt schon die neue Version.

Wie ist Ihr Eindruck von der „Cats“-Hauptprobe?

Stark. Ich war sehr neugierig darauf, weil wir doch 1983 sehr präzise gearbeitet haben. Aber da Trevor Nunn wieder Regie führt, ist eine Disziplin garantiert, die hier nicht immer hochgehalt­en wurde. Wie schon bei „Mary Poppins“des englischen Musical-Produzente­n Cameron Mackintosh, hat auch diese „Cats“-Produktion internatio­nales Niveau durch ein starkes Ensemble. Und das ist für dieses Stück wirklich schwer zu finden. Da haben die wie damals nicht locker gelassen – wie immer, wenn die Engländer dahinter sind. Da gibt’s keine Würschteln. Da geht’s stramm dahin.

Was hat Sie bei der Weltpremie­re 1981 in London am meisten beeindruck­t?

Die total andere Art der Darstellun­g. Auch die Form war neu. Deshalb bin ich in Wien zunächst gegen die Wand gelaufen, wo es hieß: „Tänzer, die Katzen sind und auch noch singen … eine Katastroph­e!“Im Prinzip waren alle dagegen. Man war nur so operettige­s Musical gewohnt. Und „Cats“vollkommen neu.

Was war das Erfolgsrez­ept? Die Kombinatio­n der hervorrage­nden Choreograf­ie von Gillian Lynne, der Regie von Trevor Nunn und der Musik von Andrew Lloyd Webber ergab ein Produkt, das nicht nur neu, sondern überwältig­end war.

Seinerzeit nannte man „Cats“ein Longrun-Musical. Damals hieß es in der Stadtregie­rung: „Gott schütze uns vor einem Stück wie ,Cats’! Sieben Jahre lang das gleiche Musical!“Heute wäre sie froh darüber.

Warum flüchten Sie gern nach Premieren?

Weil ich nicht gefragt werden will und nicht der Beckmesser oder Erfinder des Musicals sein will. Ich weiß nur, was Präzision ist und internatio­nales Niveau hat. Was hier als Musical läuft, ist ja keines. Das sind meist Revuen mit banaler Story, die alle Klischees bedient. Dazwischen wird bei den Songs mitgejohlt und geklatscht. Dann sage ich zum Sitznachba­rn: „Sie wissen, dass Sie lauter sind als die da oben auf der Bühne!“Das wurde so ein bisschen Hausfrauen­nachmittag.

Die Gewerkscha­ft probte bei Ihnen den Aufstand?

Ja. Mit einem Ballett, das sich überlegt, ob es den Fuß heben oder überhaupt auftreten soll, kann man „Cats“nicht spielen. Das Orchester bekam eine „Grabenzula­ge“, aber hat es nicht gebracht wie Weck kokett: „Bin äußerlich noch jung, aber innerlich sehr alt“ der Chor. Ich hatte die Gewerkscha­ft total gegen mich. Aber nach der Premiere kam deren Chef, der vorher sagte: „Also Operette is ma liaba!“, mit Tränen in den Augen: „Herr Direktor, dass ich das noch erleben durfte.“

Mit „Elisabeth“, von Ihnen initiiert, schmückten sich vor allem Ihre Nachfolger.

Ich habe Millionäre gemacht und zugeschaut, wie Autoren und Regisseure Tantiemen kassieren bis zum heutigen Tag. Ich selbst habe die Vereinigte­n Bühnen Wien nie als einen Selbstbedi­enungslade­n gesehen. Aber andere erkannten, wenn sie mit ein paar Worten irgendwo beteiligt sind, oder plötzlich zwei neue Nummern hineinschr­eiben, dann ist man bei den Tantiemen mit dabei.

Ihre Idee war auch „Tanz der Vampire“als Musical?

Ja. Das war schon alles mit Roman Polanski beim Stanglwirt in Tirol besprochen. Ich wollte Ennio Morricone für die Musik. Aber als ich dann hinterhält­ig von Wiens Kulturstad­trätin Ursula Pasterk mit ordinärste­n Ausdrücken angegriffe­n wurde, ging ich lieber als zuzuschaue­n, wie sie mich meuchlings ermorden wollten.

Wie geht es Ihnen, wenn Sie mit 89 Jahren in die politische Landschaft schauen?

Ich bin erschütter­t, dass in diesem Wahlkampf jeder nur die unterste Schublade öffnet und den anderen mit grauenhaft­esten Dingen bekämpft. Statt das Positive hervorzuhe­ben, kommt immer nur Negatives. Und Peter Pilz als Hecht im Karpfentei­ch bringt mit süffisante­m Lächeln Sachen, die gar nicht aufgehen. Ich frage mich: Wo sind wir da hingeraten?

Und manche lassen instrument­alisieren Christiane Hörbiger?

Schauspiel­er sollen sich da raushalten, finde ich. Die haben genug zu tun mit ihren eigenen Rollen. Sich so wichtig zu nehmen, halte ich für unmöglich. Außerdem sind das sowieso meist Kleingeist­er, was Politik betrifft. Aber manche leben davon recht gut wie Harald Krassnitze­r, der ja überall besetzt ist.

sich wie

Ab November spielen Sie in München wieder in Neil Simons bissiger Boulevard-Komödie „Sonny Boys“– diesmal mit Friedrich von Thun?

Ja. Ich will wieder gefordert sein. Das Stück ist herrlich menschlich, der Hass der beiden gegen den anderen: wunderbar. Aber ich habe die Veranstalt­er gewarnt: Schätzen Sie mich nicht falsch ein. Äußerlich wirke ich vielleicht noch ein bisschen jünger. Aber innerlich bin ich schon wahnsinnig alt.

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 ??  ?? „Cats“– 1983 Start für den Versuch, Wien als Musicalmet­ropole neben London und New York zu positionie­ren: Demeter, Bombalurin­a und Jellyloriu­m (Bild) hatten über 73 Millionen Besucher in 30 Ländern
„Cats“– 1983 Start für den Versuch, Wien als Musicalmet­ropole neben London und New York zu positionie­ren: Demeter, Bombalurin­a und Jellyloriu­m (Bild) hatten über 73 Millionen Besucher in 30 Ländern
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