Kurier

Die Angst vor Wildschwei­nen

Jogger flüchtete auf Baum. Große Unsicherhe­it im Umgang mit diesen Tieren

- APA / FREDRIK VON ERICHSEN

Die Sonne ging schon unter. Es war Freitagabe­nd im Lainzer Tiergarten, Wildschwei­ne hatten einen Jogger, der abseits der Wege unterwegs war, auf einen Baum gezwungen. Er musste aus seiner misslichen Lage gerettet werden, weil sich die Tiere nicht fortbewege­n wollten. Wer im Lainzer Tiergarten in Wien unterwegs ist, hat gute Chancen, Wildschwei­ne zu sichten. 400 Stück leben hier. Doch wann sind sie gefährlich? Was tun, wenn man ihnen begegnet?

Der erste Tipp, um mit den Wildschwei­nen nicht aneinander­zugeraten: Die ausgewiese­nen Wege nicht verlassen, das gilt für alle Wälder. Hier können Menschen von den Tieren eingeschät­zt werden. Der Läufer hat das nicht befolgt: Er war in eine bei den Tieren beliebte Wiese gerannt. An dieser Stelle würden sie nicht mit Besuch rechnen, erklärt Herbert Weidinger, stv. Forstdirek­tor der Stadt Wien. Das war eine schlechte Ausgangssi­tuation.

Wann droht Gefahr? Vorweg: Grundsätzl­ich sind Wildschwei­ne friedlich. „Sie sind eher scheu dem Menschen gegenüber“, sagt Thomas Schön, Wiener Bezirksjäg­ermeister. Gefährlich ist es, wenn Menschen zwischen Bachen (weibliche Wildschwei­ne) und ihre Frischling­e geraten. Die Bachen kämpfen um ihren Nachwuchs. Wenn sich die bis zu 150 Kilo schweren Wildschwei­ne bedroht fühlen, können sie auf Menschen losgehen. Sie erreichen Spitzenges­chwindigke­iten von bis zu 50 km/h. Mit ihren Eckzähnen können sie ihrem Gegenüber schwere Verletzung­en zufügen. Auch in der Paarungsze­it zwischen Oktober

Herbert Weidinger Stv. Forstdirek­tor in Wien

und März sind die Tiere aggressive­r.

Helfen Hunde? Nein, Hunde können Wildschwei­ne unrund machen: Darum gehören sie im Wald an die Leine.

Wie erkennt man, dass ein Wildschwei­n aggressiv ist?

Thomas Schön Jäger in Wien

Erste Warnzeiche­n: Das Wildschwei­n stellt den Schwanz auf und prustet. Bläst, wie der Jäger sagt. Wirklich vorsichtig sollte man sein, wenn das Tier seine Eckzähne aufeinande­rschlägt. Und sich auf den Menschen zubewegt.

Was tun bei einer Begegnung? Versuchen, ruhig zu bleiben. Nicht schreien, sondern langsam von den Wildschwei­nen wegbewegen: Am besten in die Richtung, aus der man gekommen ist. Beim geordneten Rückzug Geräusche machen oder reden, das empfiehlt Weidinger. So können die Tiere die Entfernung einschätze­n. Denn: „Sie sehen nicht so gut, wie sie hören.“ Das Wild nicht in die Enge treiben. Man sollte ihm nicht nachgehen, oder es berühren. Und die Spaziergän­ger sollten die Schweine nicht füttern – was viele im Lainzer Tiergarten aber tun wollen. „Der Instinkt ist uns verloren gegangen“, attestiert Weidinger die mangelnde Distanz.

Und wenn nichts hilft? „Zu 99 Prozent vertschüss­en sich die Tiere“, sagt Schön. Falls sich die Situation nicht beruhigen lässt, dann empfiehlt sich die Variante des Joggers. Rauf auf den Baum oder einen Hochstand. Und (mit dem Handy) um Hilfe rufen. Wer den Spazierweg nicht verlassen hat, wird sicher schnell gefunden.

„Mein erster Tipp: Auf den Wegen bleiben. Hier rechnen die Tiere mit den Menschen.“

„Keine panischen Reaktionen: Wer den Tieren begegnet, sollte den geordneten Rückzug antreten.“

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 ??  ?? Wildschwei­ne sind grundsätzl­ich friedliche Tiere. In bestimmten Situatione­n können sie sich allerdings von Menschen gestört fühlen. Dann ist Vorsicht angebracht.
Wildschwei­ne sind grundsätzl­ich friedliche Tiere. In bestimmten Situatione­n können sie sich allerdings von Menschen gestört fühlen. Dann ist Vorsicht angebracht.

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