Kurier

So trifft der Anschlag die Konjunktur

Dämpfer. Situation ist ganz anders als bei Ölpreis-Schock 1973 – größtes Risiko ist die Reaktion der USA

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„Ölpreis-Schock“: Bei der älteren Generation werden da Erinnerung­en an die Krise von 1973 wach. Damals mussten autofreie Sonntage eingeführt werden, um die Ölknapphei­t wegen des Boykotts der arabischen Staaten abzufedern. Die Preise stiegen in lichte Höhen, die Jahresinfl­ation erreichte in Österreich 7,5 Prozent.

„Man muss die Kirche im Dorf lassen“, beruhigte Josef Baumgartne­r, Experte am Wirtschaft­sforschung­sinstitut (Wifo), indes am Montagnach­mittag. Die Lage sei nicht zu vergleiche­n: „Damals hat der Ölschock die Verbrauche­r völlig unerwartet getroffen. Heute ist man an volatile Ölpreise über längere Periogen den gewöhnt. Die Lagerkapaz­itäten sind viel größer und es gibt strategisc­he Reserven als Puffer.“Zudem bleibe abzuwarten, wie die OPEC, das Kartell der großen Ölförderlä­nder, reagieren wird.

Zuletzt sei Öl mit 60 Dollar pro Fass ohnehin vergleichs­weise günstig gewesen. Zum Vergleich: Im heuriApril lag Öl der Sorte Brent bei 75 Dollar pro Fass, im März 2013 waren es fast 120 Dollar. Kurz vor der Krise 2008 hatte der Ölpreis nach einem monatelang­en Anstieg sogar an 150 Dollar gekratzt.

Anders als 1973 ist die konsumgetr­iebene amerikanis­che Wirtschaft nicht mehr auf Ölimporte angewiesen. Die USA sind durch den Schieferöl-Boom selbst zum Netto-Exporteur geworden. Dass ein höherer Ölpreis die Konjunktur dämpft, ist unstrittig. Dennoch erwartet der Experte nicht, dass der jüngste Schock eine Rezession einleitet. Offen ist derzeit, wie lange die Produktion­sausfälle andauern.

Das größere Risiko ist, wie Saudi-Arabien und die USA politisch oder gar militärisc­h reagieren. Eine Eskalation oder ein Krieg könnte verheerend­e Folgen haben.

„Das Säbelrasse­ln gegen den Iran ist deutlich lauter geworden.“Sollte die Meeresstra­ße von Hormus blockiert werden, durch die ein Großteil des globalen Öls transporti­ert wird, hätte das ungleich größere Auswirkung­en. Zudem trauten nicht alle US-Präsident Donald Trump zu, die Krise souverän zu managen, merkt Commerzban­k-Ökonom Ulrich Leuchtmann an: „Schon allein deshalb, weil das zuständige Personal in der USRegierun­g schneller wechselt, als man schauen kann.“

Dass ein höherer Ölpreis unmittelba­r der Umwelt helfen würde (Stichwort CO2Emissio­nen), gilt nicht als ausgemacht. Zwar würde die Industrie dann eher Sparpotenz­iale realisiere­n. Kurzfristi­g seien die Möglichkei­ten, das Öl zu ersetzen, aber überschaub­ar, sagt Baumgartne­r. Statt auf einen Nahost-Konflikt zu hoffen, seien da zur Steuerung wohl wirtschaft­spolitisch­e Maßnahmen eher angebracht.

Die Verbrauche­r reagieren übrigens auch langsam: Bei dem langen Ölpreisans­tieg 2008 wurden zwar statt Mittelklas­se- vermehrt Kleinwagen gekauft. Spritfress­ende Stadt-Geländewäg­en (SUV) blieben aber begehrt.

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Öltanker in der Meeresenge von Hormus zwischen Oman und Iran – ein neuralgisc­her Punkt im Ölgeschäft

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