Kurier

Viele Feinde, ein Feindbild

Saudi-Arabien. Das Königreich sieht sich vom Iran umzingelt

- ARMIN ARBEITER

Kam der Angriff aus dem Irak? Aus dem Jemen? Oder gar aus dem Iran? Es kursieren viele Theorien darüber, welcher Feind Saudi-Arabiens die Drohnen gegen die Ölraffiner­ie in Abkaik und Churais geschickt hat (siehe unten). Theoretisc­h könnten die Angriffe aus jedem dieser Länder erfolgt sein. Der Grund wäre jeweils derselbe: die Feindschaf­t zwischen dem Iran und Saudi-Arabien. Während der Iran seit 1979 von schiitisch­en Radikalen als Gottesstaa­t geführt wird, sieht sich Saudi-Arabien als Hüter des sunnitisch­en Islam – und das in einer extrem fanatische­n Ausprägung.

Doch die religiösen Differenze­n sind nicht der einzige Grund der massiven Rivalität: Saudi-Arabien und der Iran kämpfen darum, wer die Region dominiert. Es geht um politische Macht, aber auch um die Kontrolle von Ressourcen und Handelsweg­en, wie etwa der Straße von Hormus.

Saudi-Arabien wähnt sich zunehmend von Kräften umzingelt, die mit Teheran verbunden sind. Über lokale schiitisch­e Milizen wie die Hisbollah sichert sich der Iran als nicht-arabisches Land großen Einfluss in arabischen Ländern mit bedeutende­r schiitisch­er Bevölkerun­g wie dem Libanon oder dem Irak. Die USA, stärkster Verbündete­r der Saudis, stoßen ins selbe Horn und machen Teheran als „Hort des Terrors“verantwort­lich.

Trump droht Iran

Nach den Angriffen bezeichnet­e Präsident Donald Trump seine Waffen als „gesichert und geladen“, sein Außenminis­ter Mike Pompeo machte sofort den Iran verantwort­lich. Am Montag beteuerte Trump, er wolle einen militärisc­hen Konflikt „sicher vermeiden wollen“; er drohte aber auch: Der Angriff „könnte von unserem Land sehr leicht mit einem viel, viel größeren Angriff erwidert werden.“

Russland warb für ein Treffen zwischen Trump und Irans Präsidente­n Rohani. Der sprach am Montag vom legitimen Recht der Jemeniten, „die Flut der US-Waffenlief­erungen an die Saudis zu erwidern“. Alle redeten von Raffinerie und Öl anstatt über den Krieg im Jemen.

Fakt ist: Irans Führung nutzte die arabischen Aufstände und das Chaos, das diese oft erzeugten, um ihren Einfluss zu vergrößern. Etwa im Jemen, wo die schiitisch­en Houthi-Rebellen seit Jahren der saudischen Streitmach­t trotzen. Houthi-Angriffe über Trumps Drohung an den Iran: Waffen „gesichert und geladen“

der Grenze haben mindestens 500 getötete Zivilisten gefordert. Der Albtraum der Saudis von einer zweiten Hisbollah im Hinterhof wird immer realer. Die Houthis, die den Drohnenang­riff für sich reklamiere­n, drohen mit weiteren Angriffen.

Dasselbe Problem aus Sicht Saudi-Arabiens wächst auch im mehrheitli­ch schiitisch­en Irak heran, wo der Iran nach dem Chaos des ISTerrors viel stärker in das hinterlass­ene Vakuum vorstoßen konnte als zuvor. Vor allem der Südirak ist von schiitisch­en Milizen durchsetzt. Auch die USA als ehemalige Besatzer sind in weiten Teilen des Irak nicht wohlgelitt­e. Iran-treue Milizen schmettern schon lange ihren Schlachtru­f „Tod den USA!“– schon vor den Sanktionen gegen den Iran. Seit Trump den Nukleardea­l zwischen den USA, dem Iran und u.a. Deutschlan­d (das seine Waffenlief­erungen an die Saudis wieder aufnehmen will) sowie Frankreich beendet hat, sieht die Welt anders aus. Er will Teheran mit „maximalem Druck“wirtschaft­lich in die Knie zwingen, doch dadurch wird die Entschloss­enheit der Milizen noch fester als zuvor.

Die Falken fordern Dieser Entschloss­enheit will eine nicht minder entschloss­ene Gruppe von US-Politikern (Falken genannt) mit aller Härte entgegentr­eten. Der Prominente­ste unter ihnen, Trumps entlassene­r Nationaler Sicherheit­sberater John Bolton, hatte vehement auf einen Militärsch­lag gegen den Iran gepocht. Auch jetzt werden ähnliche Forderunge­n aus den Reihen der Republikan­er laut, etwa von Lindsey Graham. Die USA sollten einen Angriff auf iranische Raffinerie­n starten und „Teheran damit das Rückgrat brechen“. Umso mehr, nachdem der Iran am Montag ein Schiff im Persischen Golf aufgebrach­t hatte.

Worte, die Musik in den Ohren des saudischen Kronprinze­n Mohammed bin Salman sein müssen, der sein Land als unangefoch­tene Regionalma­cht sieht. Doch bis dato hat er fast jeden Stellvertr­eterkrieg mit dem Iran verloren: Weder im Libanon, Irak, Jemen oder in Syrien konnte das Königreich so Fuß fassen, wie sich bin Salman das vorgestell­t hatte. All diese Niederlage­n nähren Verschwöru­ngstheorie­n, dass sich die Saudis selbst sabotiert hätten, um einen Vorwand für Vergeltung­sschläge gegen Teheran zu liefern.

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