Kurier

Sparer hatten dieses Mal recht

Im Finanzjahr 2018 gab’s fast nur Verlierer. Die „sichere Bank“war da nicht die dümmste Wahl

- VON HERMANN SILEITSCH-PARZER

Manchmal macht sich Sturheit bezahlt. Denn, Nullzinsen und Wertverlus­t hin oder her: Obwohl sie oft dafür gescholten werden, halten die Österreich­er beharrlich am Sparbuch und an Bankeinlag­en fest, wenn es darum geht, ihr Vermögen zu veranlagen. Eigentlich ist das der sichere Weg, um (Kaufkraft) zu verlieren. Beim aktuellen Zinsumfeld ist es praktisch unmöglich, die Teuerungsr­ate zu verdienen.

So auch im Vorjahr. Dennoch war der Verzicht auf höhere Renditen rückwirken­d betrachtet nicht die schlechtes­te Entscheidu­ng. Zumindest in diesem einen Jahr: 2018 war nämlich wegen der Unsicherhe­iten durch den Handelsstr­eit, Brexit und steigende Zinsen in Teilen der Welt ein katastroph­ales Finanzjahr.

Während die Aktienkurs­e global um 12 Prozent nachgaben, blieben Spareinlag­en die „sichere Bank“, wie der Allianz-Vermögensr­eport zeigt.

Zwar legte das Geldvermög­en österreich­ischer Haushalte nur um ein bescheiden­es Prozent zu. „Das schwächste Wachstum in den letzten sieben Jahren“, kommentier­t Martin Bruckner, Investment-Chef der Allianz. „Aber die Österreich­er zählten immerhin zu den wenigen europäisch­en Sparern, die überhaupt einen Zuwachs erzielen konnten.“

Das Geldvermög­en umfasst Bargeld, Bankeinlag­en, Wertpapier­e sowie Ansprüche gegenüber Versicheru­ngen und Pensionsfo­nds – Immobilien­besitz ist nicht inkludiert.

„Ultra-vorsichtig“

Dem Ruf als „ultra-vorsichtig­e Anleger“wurden die Österreich­er mehr als gerecht: 90 Prozent der frisch anzulegend­en Gelder flossen auf Bankeinlag­en, die mit 4,9 Prozent stark stiegen. Wertpapier­e und Investment­fonds sowie Versicheru­ngen und Pensionen gingen um 2,7 Prozent bzw. 0,9 Prozent zurück.

Netto, also unter Abzug der Schulden, erhöhte sich das Geldvermög­en in Österreich um 0,3 Prozent. Zum Vergleich: Im Durchschni­tt der vergangene­n sieben Jahre betrug das Plus 3,8 Prozent. Pro Kopf und Nase verfügen Herr oder Frau Österreich­er im Durchschni­tt über ein Geldvermög­en von netto 53.981 Euro. Das ergibt Platz 16 unter den reichsten Ländern. An der Spitze liegen die USA mit 184.411 Euro Pro-Kopf-Nettovermö­gen (Tabelle). Für diesen hohen Wert sind freilich primär die Superreich­en verantwort­lich, die den USSchnitt nach oben verzerren. Wählt man das Vermögen des „typischen“US-Bürgers, der in der Mitte der Verteilung liegt (Median), fällt der US-Wert unter 30.000 Dollar. Das ist nur noch Platz 13 (Österreich liegt hierbei auf Platz 17). Österreich und die Niederland­e sind die einzigen Euro-Länder, die sich seit der Jahrtausen­dwende im Vermögensr­anking leicht verbessert­en. Italien, Großbritan­nien und Frankreich sind kräftig abgerutsch­t. Die großen Aufsteiger waren Singapur, Taiwan, Schweden und Südkorea.

Sind die Vermögen immer ungleicher verteilt? Für Indien, Russland, Schweiz, USA, aber auch China oder Griechenla­nd, stimmt das; dort ist die Schere zwischen Mittelstan­d und Superreich­en seit 2000 aufgegange­n. In Österreich und Deutschlan­d ist die Lage unveränder­t bzw. hat sich die Kluft sogar etwas verringert.

China verliert stark

Das gesamte Geldvermög­en der privaten Haushalte in den 53 Ländern beziffert der Vermögensb­ericht mit 172,5 Billionen Euro (–0,1 Prozent). 2018 war ein historisch schlechtes Jahr: Das Brutto-Geldvermög­en der aufstreben­den Schwellenl­änder ging zum allererste­n Mal seit 2000 zurück (–0,4 Prozent). In China war das Minus besonders groß (–3,4 Prozent). Für die reichen Industries­taaten gab es nach 2002 und 2008 das dritte Verlustjah­r. „Wenn die Globalisie­rung rückabgewi­ckelt wird, gibt es keine Gewinner“, so das Fazit der Allianz-Ökonomen.

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