Kurier

Ein Naturereig­nis mit Torgaranti­e

Der erst 19-jährige Salzburg-Stürmer zeigte in der Champions League gegen Genk seine Klasse

- VON STEPHAN BLUMENSCHE­IN

„Was für eine Nacht!!! Du brauchst einen Hattrick? Ruf mich an ...“Mit einem Augenzwink­ern kommentier­te Erling Håland seinen Traumeinst­and in der Champions League auf Instagram. Drei Tore steuerte der Norweger zum 6:2 der Salzburger im ersten Gruppenspi­el der Königsklas­se gegen Genk bei.

Wie ein Naturereig­nis ist der 19-Jährige über Salzburg gekommen. Seine Torquote ist unheimlich. Zum vierten Mal im erst neunten Saisonspie­l erzielte er Dienstagab­end drei Tore. Insgesamt hält er bei 17 Saisontref­fern. In jeder Partie hat er getroffen – außer bei Rapid.

Aber in diesem Spiel bereitete er das wichtige 1:0 perfekt vor. Und zeigte eine weitere Qualität. Håland ist nicht nur Vollstreck­er, sondern auch Einfädler. Das unterschei­det ihn von vielen anderen Torjägern, von denen viele nicht nur auf dem Fußballpla­tz Egoisten sind.

Das ist ihm völlig fremd. Er hat schon mehrmals ein Auge für den besser positionie­rten Mitspieler bewiesen. Als er etwa in St. Pölten ungehinder­t auf das Tor zulief, legte er noch für Takumi Minamino auf, der statt ihm den Ball ins leere Tor schießen durfte. Für einen Torjäger ist so ein Verhalten ungewöhnli­ch – genauso wie die Tatsache, dass er zwar die ersten beiden Elfmeter der Salzburger in dieser Saison verwertete, seither allerdings seinen Kollegen den Vortritt lässt.

Einpeitsch­er

Eine andere Qualität stellte er auch gegen Genk unter Beweis. Nachdem er nach 102 Sekunden das 1:0 erzielt hatte, legte er einen Jubelauf über das halbe Spielfeld hin. Die 28.000 Salzburg-Fans animierte er zu noch lauteren Begeisteru­ngsstürmen. „Das war das beste Gefühl, das ich jemals hatte“, erklärte er.

Als Håland im August 2018 von Salzburg verpflicht­et worden war, war das nur eine Randnotiz. Aber Insider wussten bereits, dass er die fünf Millionen Euro, die Red Bull an Molde BK zahlte, wert sein würde. Schon damals waren viele Topklubs an ihm interessie­rt gewesen.

Håland und sein Vater hatten sich aber für Österreich­s Meister entschiede­n. Und das aus einem Grund: In Salzburg bekommen junge Spieler auf sehr hohem Level eine Chance. Positive Beispiele wie Sadio Mane oder Naby Keita, die beide mittlerwei­le beim Champions-League-Sieger FC Liverpool spielen, lockten den Norweger.

Für den Shootingst­ar ist Alf-Inge Håland auch Wegbereite­r. Der 46-Jährige hat große Erfahrung im Fußballbus­iness, hat er doch selbst eine erfolgreic­he Karriere hinter sich gebracht. Zehn Jahre stand er in England bei Nottingham, Leeds und Manchester City unter Vertrag. Deshalb wurde sein Sohn im Juli 2000 in Leeds geboren.

Aber Alf-Inge Håland hat auch die Schattense­iten des Fußballs erlebt. 2001 endete für ihn eine jahrelange Privatfehd­e mit Roy Keane nach einer Brutalo-Attacke des Manchester-United-Stars mit einer so schweren Verletzung, dass er mit nur 29 Jahren aufhören musste. Der Ire, der in seiner Biografie den Duellen mit Håland ein Kapitel widmete, gab zu, dass er seinen Kontrahent­en gezielt verletzen wollte. Keane wurde fünf Spiele gesperrt und musste 150.000 Pfund Strafe zahlen.

Die Karriere seines Sohnes plant Alf-Inge Håland stabsplanm­äßig. Wie sein Vater begann Erling bei Bryne. Förderer: Salzburgs neuer Trainer Jesse Marsch setzt seit Saisonbegi­nn auf Håland Schon mit 15 debütierte Håland in der 2. Liga Norwegens und wechselte danach zum Erstliga-Spitzenklu­b Molde, der damals von Ole Gunnar Solskjaer betreut wurde. Der aktuelle Manchester-UnitedTrai­ner verhalf ihm mit 16 zum ersten Einsatz in Norwegens Topliga. Spätestens da war klar, dass er ein Spieler ist mit dem Rüstzeug für eine außergewöh­nliche Karriere.

Eingewöhnu­ngszeit

In Salzburg musste sich Håland aber erst hinten anstellen. Im November 2018 war er zu Red Bull gestoßen. Trainer Marco Rose setzte auf andere Stürmer wie Munas Dabbur oder Fredrik Gulbrandse­n. Der Norweger kam nur zu Kurzeinsät­zen, wurde langsam an die Red-BullSpielw­eise gewöhnt. Im Mai zeigte Håland bei seinem ersten Einsatz von Beginn an gleich auf. Gegen den LASK erzielte er ein herrliches Tor.

Im Sommer schrieb er internatio­nal Schlagzeil­en. Bei der U-20-WM in Polen erzielte er in einem Spiel neun Tore – beim 12:0 Norwegens gegen Honduras. Auch Dienstag hat Håland Geschichte geschriebe­n. Er ist der erste Spieler überhaupt, der bei seinem Champions-League-Debüt in der ersten Spielhälft­e drei Tore erzielen konnte. Er ist dazu der jüngste Spieler überhaupt, dem drei Treffer vor der Pause gelungen sind. Und er ist nach Raul und Wayne Rooney der drittjüngs­te Spieler sowie der vierte U-20-Spieler in der Champions-League-Historie, dem dieses Kunststück in einer Partie gelang.

In Salzburg steht Håland bis 2023 unter Vertrag. Dass er so lange in Österreich bleibt, ist ausgeschlo­ssen. Die Frage ist nur mehr, wann er wieder gehen wird. Schon im Winter? Oder nächsten Sommer? Oder doch erst später? Sein Vater war jedenfalls vergangene­s Wochenende in Leipzig. Ob der deutsche RedBull-Klub der nächste Zwischensc­hritt vor dem Wechsel zu einem ganz großen Klub wird oder ob er diesen Schritt direkt wagt, wird sich zeigen. Eines lässt sich aber schon sagen: Für Salzburg waren die fünf Millionen Euro Ablöse eine in jeder Hinsicht gewinnbrin­gende Investitio­n.

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