Kurier

Nikolaus Bachler: „Man muss das Ding reformiere­n“

Osterfests­piele. Der künftige Chef des Salzburger Festivals über Reformen, sein Konzept und den Konflikt mit Christian Thielemann.

- VON GERT KORENTSCHN­IG

„Ich habe mein ganzes Leben entweder ein großes Haus oder ein großes Festival geleitet. Jetzt freue ich mich auf diese spezielle Konzentrat­ion: Höchste Intensität in zehn Tagen.“Das sagt Nikolaus Bachler, erfolgreic­her Intendant der Bayerische­n Staatsoper München, im KURIER-Interview über seinen neuen Job in Salzburg. In den Jahren 2021 und 2022 ist er Geschäftsf­ührer der dortigen Osterfests­piele, ab 2023 auch alleiniger künstleris­cher Leiter. Dann verlässt Christian Thielemann die Osterfests­piele mit seinem Residenzor­chester, der Sächsische­n Staatskape­lle Dresden. Das hat der Aufsichtsr­at der Osterfests­piele beschlosse­n – definitiv ein voller Erfolg für Bachler.

Monatelang war zuletzt über einen Konflikt zwischen ihm und Thielemann über die künstleris­che Letztentsc­heidung gesprochen und geschriebe­n worden. „Über die Wahrheit spricht aber niemand“, so Bachler. Die wäre? „Ich wurde eingeladen, weil man das Ding reformiere­n muss. Seit 52 Jahren hat sich bei der Struktur der Osterfests­piele nichts geändert. Aber diese Struktur ist versteiner­t. Und es gab zuletzt Abwärtsbew­egungen. Die Osterfests­piele brauchen daher eine grundsätzl­iche Reform.“1967 wurden sie von Herbert von Karajan für sich selbst und die Berliner Philharmon­iker gegründet.

Wechselnde Orchester

Bachlers Konzept für die Zukunft sieht unter anderem vor, dass es jedes Jahr ein anderes Spitzenorc­hester in Salzburg gibt. Nach dem Abzug der Berliner Philharmon­iker nach dem 2010 ausgebroch­enen Finanzskan­dal Richtung BadenBaden hatten die Dresdner übernommen. Aber welche Orchester rechtferti­gen Kartenprei­se jenseits der 400 Euro für eine Opernauffü­hrung? Bachler: „Erstens haben die Sommer- und die Osterfests­piele mittlerwei­le dieselben Preise. Zweitens brauchen wir natürlich die allerbeste­n Orchester. Ich werde mich sehr bemühen, diese zu bekommen.“Auch die Berliner oder die Wiener Philharmon­iker? „Ich werde mit allen reden.“Ist es aufgrund des neuen Berliner Chefdirige­nten Kirill Petrenko, der bei Bachler Musikdirek­tor in München ist, für ihn leichter, diese zu engagieren? „Es ist eine Ente, dass ich Berlin schon in der Tasche habe. Die Berliner Philharmon­iker sind zurzeit auf Baden-Baden festgelegt. Aber ich bemühe mich natürlich um sie. Aber auch Dresden kommt in meinem Konzept vor.“

Inhaltlich will er das Festival erweitern, auch um andere Genres wie Tanz oder geistliche Musik. „Im Idealfall beginnt der Tag für einen Besucher mit Kammermusi­k und endet mit Jazz.“

Ist das finanzierb­ar? „Ich werde es finanzierb­ar machen.“Durchaus auch mit Koprodukti­onen, freilich nicht mehr ausschließ­lich mit Dresden. Was Bachler nämlich nie verstanden hat: „Dass man in Salzburg für eine ,Meistersin­ger‘-Aufführung 480 Euro zahlt und ein halbes Jahr später in Dresden für die gleiche Besetzung 80 Euro.“

Über den Konflikt mit Thielemann, der sich zuletzt um ein „Lohengrin“-Dirigat 2022 (zu dem es kommt) drehte, sagt Bachler: „Ich habe mit Thielemann in Bayreuth geredet und gefragt: Warum ,Lohengrin‘? Das ist doch die Oper, die er zuletzt so oft, in Bayreuth und in Dresden, dirigiert hat. Warum also nicht ,Tannhäuser‘ oder ,Der fliegende Holländer‘? Am nächsten Tag habe ich in der Zeitung gelesen: ,Bachler verbietet Thielemann ,Lohengrin‘. Das ist keine Basis für eine Zusammenar­beit.“Er hätte sich „bemüht, Thielemann mitzunehme­n“. Reformen seien jedoch schwer mit einem Bild des Alleinherr­schers und Zampanos, wie unter Karajan vor 50 Jahren, vereinbar.

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Leitet ab 2023 alleine die Salzburger Osterfests­piele: Nikolaus Bachler

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