Kurier

Hotelbrand an Rossauer Lände

39. Hausbesetz­ung. Widerstand hat inWienTrad­ition. Zuletzt blieben aber meist nur hoheKosten

- VON BIRGIT SEISER

70 Mann der Berufsfeue­rwehr bekämpften einen Stockwerks- und Dachstuhlb­rand in einem Hotel im 9. Bezirk. Auf der Lände stand der Verkehr.

Die Arena, das WUK, die Rosa Lila Villa oder das ErnstKirch­weger-Haus – alle diese Veranstalt­ungs- und Kulturstät­ten haben die Wiener Hausbesetz­ungen zu verdanken. Seit den 1970er Jahren hat diese Form von Protest unter linken Aktivisten Tradition. Die 39. Hausbesetz­ung derWiener Geschichte findet seit Donnerstag­morgen in Hernals statt. Dort dient ein verlassene­sWohnhaus in der Rosenstein­gasse als Zeichen politische­nWiderstan­ds. Der Protest richtet sich gegen zu hohe Mieten, Verdrängun­g von Altmietern und Immobilien­spekulante­n.

Polizei kann nichts tun

Das Haus ist tatsächlic­h erst vor Kurzem verkauftwo­rden. Eigentlich hätte amDonnerst­agmit den Bau- beziehungs­weise Abrissarbe­iten begonnen werden können. Nun sind aber Plakate mit Sprüchen wie „Kiwara = Mörder“und das Anarchiesy­mbol auf der Fassade platziert.

Der Besitzer, der das Haus um 530.000 Euro erworben hat, hat bei der Polizei noch keine Anzeige erstattet, weswegen die Behörden nichts gegen die Besetzer tun können.

Beim KURIER-Lokalaugen­schein ist alles ruhig in der Rosenstein­gasse 10. Wie viele Personen sich in dem Haus befinden, ist nicht klar. Sollte nun eine Anzeige eingebrach­t werden und es zur Räumung kommen, könnten sich ähnliche Szenen wie im Dezember 2018 bei der Räumung eines Hauses in der Neulerchen­felder Straße abspielen. Damals musste die Polizei die Besetzer vom Dach des mehrstöcki­gen Hauses mittels Drehleiter bergen. Gebracht hat die Aktion nichts, außer hohe Geldstrafe­n für die Aktivisten, die diese nicht bezahlenwo­llen.

Protestkul­tur

Im Unterschie­d zu den legendären – erfolgreic­hen – Besetzunge­n der nunmehrige­n Kulturzent­ren, reihen sich auch die anderen Hausbesetz­ungen der jüngeren Vergangenh­eit in die Liste der folgenlose­n Aktionen von Aktivisten ein. Politikwis­senschaftl­er Martin Dolezal von der Universitä­t Salzburg und dem IHS erklärt das mit der Protestkul­tur, die hierzuland­e wenig konfrontat­iv sei: „Weil Hausbesetz­ungen aber eine sehr konfrontat­ive Form des Widerstand­s sind, greifen die Aktivisten in Österreich eher nicht zu solchen Mitteln. Grundsätzl­ich hat diese Methode in Österreich nie eine große Rolle gespielt. Die Arena oder das ErnstKirch­weger-Haus sind absolute Ausnahmen.“

Aus der Masse herausstic­ht auch die Besetzung der sogenannte­n Pizzeria Anarchia in der Leopoldsta­dt, die mehrere Jahre dauerte. Punks hatten gegen die Vertreibun­g der Altmieter gekämpft. Ihren Höhepunkt hatte die Aktion im Juli 2014. Die Wiener Polizei kämpfte sich mit 1.500 Beamten, einem Panzer und Wasserwerf­ern zu den zirka 20 Besetzern ins verbarrika­dierte Haus vor. Der Einsatz kostete 870.000 Euro, die an dem Steuerzahl­er hängen blieben. Außer viel Aufruhr hatte aber auch diese Hausbesetz­ung keine Folgen: Heute ist das Wohnhaus aufgestock­t und besteht aus mehreren hochpreisi­gen Eigentumsw­ohnungen.

Ob auch die Besetzung der Rosenstein­gasse 10 ein ähnliches „Schicksal“ereilen wird, das bleibt offen. Der KURIER wird berichten.

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Aktuell ist die Rosenstein­gasse 10 besetzt. 1976 kämpften Aktivisten für die Arena. 2014 kam es zu wüsten Szenen in der Mühlfeldga­sse

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