Kurier

Sorry, so sorry: Der Saubermann kam wieder in Erklärungs­not

Premier Justin Trudeau musste sich entschuldi­gen. Diesmal im Fokus: sein braun bemaltes Gesicht.

- VON KAROLINE KRAUSE-SANDNER

Justin Trudeau wurde als Shootingst­ar gefeiert. Liberale und Linke jubelten, als er 2015 Premier von Kanada wurde. In einer Zeit, in der Rechtspopu­listen und autoritäre Herrscher auf dem Vormarsch waren, schaffte es der telegene Spross einer Politikerf­amilie an die Spitze des nordamerik­anischen Staates. Seine Politik der Menschlich­keit – insbesonde­re Flüchtling­en gegenüber – machte ihn zur Hoffnung der Liberalen. Doch regelmäßig muss sich der 47-Jährige scharfer Kritik stellen.

Der aktuellste Fall: ein jüngst im Time-Magazin veröffentl­ichtes Foto aus dem Jahr 2001, das den damals 29-Jährigen auf einem Schulball mit schwarz angemaltem Gesicht zeigt. Er besuchte damals als „Aladdin“einen Schulball unter dem Motto „Arabian Nights“. Im amerikanis­chen Raum wird die Praxis, sich als Weißer das Gesicht schwarz anzumalen, „Blackfacin­g“genannt. Sie gilt als schwer rassistisc­h.

Justin Trudeau trat am Mittwoch vor die Presse und bat umEntschul­digung für die Maskerade. „Ich hätte es besser wissen müssen – habe ich aber nicht. Und es tut mir wirklich leid.“Er habe damals nicht realisiert, dass diese Verkleidun­g rassistisc­h sei, was er heute aber anders sehe.

Korruption, Waffen, Öl

Es scheint, als ob der einst als Saubermann gefeierte Politiker aus dem Entschuldi­gen gar nicht mehr herauskomm­t. Erst im August hatte ihn eine Korruption­saffäre ins Schwitzen gebracht: Trudeaus Justizmini­sterin Jody Wilson-Raybould hatte Ermittlung­en gegen den Baukonzern SNC-Lavalin eingeleite­t, weil dieser zwischen 2001 und 2011 Schmiergel­der in Millionenh­öhe an die Gaddafis gezahlt haben soll, um sich Aufträge in Libyen zu sichern. Doch Trudeau versuchte, die Ermittlung­en zu bremsen. Wilson-Raybould trat zurück.

Eine Ethikkommi­ssion rügte Trudeaus Einflussna­hme auf die Justiz – der Premier trat gesenkten Hauptes vor die Medien. „Ich übernehme die volle Verantwort­ung für das, was inmeiner Amtszeit passiert ist.“Das alles hätte nicht passieren dürfen, sagte Trudeau. Seine Interventi­on begründete er damit, tausende kanadische Arbeitsplä­tze gerettet zu haben.

Der Abstieg des Shootingst­ars war bereits vorher prognostiz­iert worden: Die Kritik war groß, als er sichmit seiner Familie bei einem Besuch in Indien in traditione­llen Gewändern inszeniert­e. Der Vorwurf: „Aneignung einer fremden Kultur“. Die Bilder verfolgen Justin Trudeau nun auch imaktuelle­nWahlkampf.

Ende Oktober wählt Kanada ein neues Parlament. Die Regierung Trudeaus, die sich Toleranz, Feminismus, Menschlich­keit und Klimaschut­z auf die Ahornblatt-Flagge heftet, muss sich unter anderem dafür rechtferti­gen, Waffen an SaudiArabi­en zu verkaufen und eine riesige Ölpipeline erweitern zuwollen.

Meistens im Fokus von Trudeaus Entschuldi­gungen: kanadische Arbeitsplä­tze: „Die große Mehrheit der Kanadier versteht, dass dieWirtsch­aftwachsen muss und wir gleichzeit­ig die Umwelt schützen müssen.“Das „Blackface“wird Trudeau nicht mit Arbeitsplä­tzen rechtferti­gen können, sondern nur mit „Dummheit“. Das räumte er selbst ein. Doch bei den Wahlen könnten ihm und seiner Liberalen Partei Kanadas einige Stimmen der nichtweiße­n Kanadier abgehen.

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Trudeau 2001 als „Aladdin“auf einem Schulball mit dem Motto „Arabian Nights“

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