Nichts für Dschingis Khan
Bei großen Geburtstagsfeiern prallen zwei Welten aufeinander: Freunde und Familie. Der Unterschied liegt imPeinlichkeitsfaktor.
Mich textet ein Herr zu, der entweder farbenblind oder völlig geschmacksbefreit ist. Sein Outfit ist garantiert nirgends auf der Welt in Mode. Karl Lagerfeld würde sich imGrab umdrehen. Jogginghosen in TigerLook, das ganze in Neon-Pink. Ichfürchte, zuerblinden.
Wegschauen hilft nur bedingt. Immer mehr Partygäste tauchen in erstaunlichen Farben, Mustern und Plastikanzügen auf. Mir dämmert, dass ich aufeinerBad-Taste-Partygelandet bin. Ein Detailaspekt der Einladung, der mir entgangen ist. Zur Verteidigung bringe ich vor, dass ich keine schriftliche Einladung erhalten habe. Womit klar ist, inwelche Kategorie ichgehöre – Familie.
Sie sitzt wie ein Haufen Spaßbremsenin einer Ecke. Die Einzige, die sich zu uns gesellt, ist ein junges Kätzchen. Halbverhungert, ein HaufenElend.
Mein Schwiegervater mutiert zu einer Art Dschingis Khan. Der Krieger hatte eine Katzenphobie, so wie auch Napoleon. Beim Schwiegervater wird sie akut, sobald eine Katze bei ihm einziehen will. Es herrscht Alarmstufe Rot. Die Schwiegermutter will das Tier schon mitnehmen, zettelt einen Streit mit dem Schwager an, der jegliche Fütterungsaktion verbietet, da sonst zigNachbarskatzen seineTerrasse überrennen.
Die Situation tendiert zielsicher inRichtunggroßesDrama.
Schon tigert jemand zur Nachbarin. Erläutert, dass man Katzen füttern und sterilisieren kann. Stößt aufUnverständnis.
Wie die Stadtväter von Jerusalem, die Streuner sterilisieren wollten. Die Ultraorthodoxen protestierten, pochten auf die biblischen Worte „Seid fruchtbarundvermehreteuch“.
Mein Schwager ist überzeugt, dass Jerusalem an sein Grundstück grenzt. Schließlich hat er gelesen, dass die Katzendichte nirgends höher ist als in der Heiligen Stadt. 2.000 Tiere proQuadratkilometer.
Dschingis Khan und Napoleonwären schreiend davongelaufen.