Er sorgt für Nachhaltigkeit
Fachmann. Jeder will sie, wenigewissen, was sie bedeutet: Eisenwarenhändler Ewald Schatzer lebtNachhaltigkeit
Eisenwarenhändler Schatzer weiß, was seineKundenbrauchen.
Natürlich gibt es sie hier, die sprichwörtliche einzelne Schraube. Herr Schatzer packt sie bei Bedarf liebevoll in ein Papierstanitzel. Mit der selben Aufmerksamkeit, als hätte man einen ganzen Werkzeugkoffer gekauft.
Auch Ringschrauben, Karniesen, Mauerhaken, Sicherheitszylinder, Einkochtrichter, Fondue-Sets oder Klobürsten hat Eisen- und Haushaltswarenhändler Schatzer im Angebot. Abflusssiebe, Mehlschaufeln, Wäscheklammern, Mausefallen. Es gibt eine eigene Lade mit Türhaken, eine mit Flaschenbürsten und eine mit Schaumrollen-Formern (davonmindestens zehn verschiedene Modelle). Außerdem Patisserie-Garnier-Spritzen in jeder erdenklichen Größe und Form. Und natürlich Ersatzköpfe für Spülbürsten in mehreren Varianten. Die unzähligen, jahrzehntealten Holz-Laden sind die Voraussetzung dafür, dass Herr Schatzer mehr als 12.000 Fachartikel in seinem Geschäft auf der Josefstädter Straße anbieten kann. In einem Selbstbedienungsgeschäft könne man gar nicht so viele Produkte unterbringen, glaubt er. Unter den Waren sind viele, deren Namen die Kunden gar nicht mehr kennen. Herr Schatzer hilft ihnen auf den Weg, er weiß meist besser als die Kundschaft, was diese braucht. Wörter wie Gerüstkloben oder Halbreiber haben meist nur sehr passionierte Heimwerker auf Abruf parat. Ersatzteile für so gut wie jedes Haushaltsprodukt findet man hier. Man kann Deckel ohne Topf und Topf ohne Deckel kaufen. Wer wissen will, was Nachhaltigkeit bedeutet, bekommt hier Anschauungsunterricht.
Spreu und Weizen
Neben Werkzeug, Eisen- und Küchenwaren hat Schatzer auch Malerei- und Gartenartikel auf Lager. „Wir profitieren davon, dass die Leute im Grätzel immer weniger Autofahren wollen. Bevor sie ins Gartencenter oder in den Baumarkt fahren, kommen sie zu mir.“Fachwissen heißt das Schlüsselwort. Die wichtigste Funktion des Fachhändlers: Er kann die Spreu vom Weizen trennen, das „Glumpert“vom Nützlichen. Außerdem muss er gemeinsam mit seinem Kunden herausfinden, was dieser eigentlich will. Ewald Schatzer ist nicht der Letzte seiner Art, gehört aber zu einer aussterbenden Spezies. Ein Fachhändler, der selbst im Geschäft berät und weiß, wo die Produkte herkommen. Dabei ist auch er kein Fachmann der ersten Stunde, also kein gelernter Eisenwarenhändler. Schatzer, 61, ist Quereinsteiger. Vor zwanzig Jahren hat der Betriebswirt das Geschäft von seinem Schwiegervater übernommen und sich in mühsamer Kleinarbeit Wissen um Produkte und Manufakturen, viele davon aus Österreich, angeeignet. Damals, erzählt er, begann die Preisspirale sich nach unten zu drehen. „Früher hat man nach dem Nutzen gefragt, danach nur mehr nach dem Preis.“
Was Wissen kostet
Damit begann das großflächige Sterben der kleinen Händler – unabhängig davon, ob es stimmt, dass man für deren Qualität und Fachwissen stets mehr als im Baumarkt bezahlt. „Entweder erwischen die Leute dort das Falsche, oder sie kaufen mindere Qualität, die schneller kaputtgeht. Es ist günstiger, sie gehen gleich zum Fachhändler.“
Die meisten Produkte, die man hier findet, hätten im Selbstbedienungsregal keine Chance, glaubt Schatzer, weil die Kunden ohne Beratung immer nach dem Preis entscheiden. „Man muss ihnen erklären, was hinter dem Produkt steckt. Ich kenne die meisten meiner Lieferanten persönlich und weiß, wie sie produzieren.“Er schwärmt von einer kleinen Messermanufaktur, nach wie vor in Familienbesitz. „Ein gut geschmiedetes Messer gibt es bei mir ab 50 Euro aufwärts. Die Leute wissen leider nicht, dass der große Mitbewerber, bei dem ein geschmiedetes Messer nur 20 Euro kostet, in Asien maschinell produzieren lässt.“Und dann ist da das Wissen um den richtigen Umgang mit den Waren. „Ein Messer muss regelmäßig gebürstetwerden. Dann können Sie es an die übernächste Generation vererben. Für diese Informationen brauchen Sie einen Fachhändler.“
„Händler wie wir wären die Lösung für viele Umweltprobleme“, sinniert Herr Schatzer vor sich hin, während er eine kleine schwarze Pfanne, in der man genau ein Spiegelei braten kann, andächtig in Zeitungspapier packt. Mit der gleichen Sorgfalt, als hätte man eine ganze Küchenausstattung gekauft.